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Sie war die „Staatsyacht“ des letzten württembergischen Königs, Wilhelms II., und das Prunkstück der Bodenseeflotte. Dann arbeitete die „Hohentwiel“ als Kursschiff, bis sie 1962 außer Dienst gestellt wurde. Heute fährt der Raddampfer wieder über den Bodensee.
Wenn sie will, ist sie immer noch eines der schnellsten Passagierschiffe auf dem Schwäbischen Meer. Die 105 Jahre alte „Hohentwiel“ schafft mit ihren roten Schaufelrädern und 950 Pferdestärken stattliche 17 Knoten, das sind 31,5 Stundenkilometer. Wir gleiten aber an diesem herrlichen Nachmittag sanft mit rund sieben Knoten Reisegeschwindigkeit über die glitzernde Wasseroberfläche. Obwohl das Grollen, Dampfen und Zischen der Maschine unter Deck, das Rauschen der Radschaufeln im Wasser und das dumpfe Vibrieren der Holzplanken unter den Füßen deutlich wahrnehmbar sind, durchdringt alles ein Gefühl der Entspannung und Ruhe.
Dass die Menschen an Bord so fröhlich erscheinen, liegt das vielleicht am schönen Wetter und der angenehmen Brise? Oder an der luxuriösen Ausstattung des Schiffs mit weißen Sonnendächern und Messingteilen auf den Decks, plüschigen Sesseln und Bänken im Innern, umgeben von geschmackvollem Jugendstil-Dekor? Immerhin befinden wir uns auf der „Staatsyacht“ des bürgernahen Königs Wilhelm. Bei der hilfsbereiten Crew fühlt man sich in besten Händen, der Gast darf sogar im Führerhaus dem Steuermann am fast mannshohen hölzernen Steuerrad über die Schulter blicken. Natürlich ist es die Vielfalt dieser angenehmen und doch unaufdringlichen Eindrücke, gepaart mit einer familiären Atmosphäre, die einer Fahrt auf der „Hohentwiel“ diese eindrückliche Leichtigkeit verschaffen. Dazu hält beschwingter New-Orleans-Jazz die Laune auf hohem Niveau mit Dixieland-Klassikern wie „Hello, Dolly“, „Mack the Knife“ oder „Ice Cream“.
„Wir sehen uns nicht als Transportmittel“, sagt Adolf Franz Konstatzky, seit 2003 Kapitän des Dampfers. Als Geschäftsführer der Hohentwiel Schifffahrtsgesellschaft steuert er nicht nur das Schiff, sondern auch dessen wirtschaftlichen Erfolg und das Programm. So freut er sich auch über die Auslastung von 93 bis 94 Prozent.
Für ihn mag das Alltag sein, aber für den Gast ist es allein schon faszinierend, ein solches Schiff herandampfen und anlegen zu sehen. Erst recht, mitfahren zu dürfen auf dem eleganten Oldtimer, sei es nun bei einer der beliebten Gourmetfahrten mit Fünf-Gänge-Menü, einer Lunchfahrt, einem English Afternoon Tea oder beim Jazz-Brunch. Es darf auch eine Festspielfahrt sein, zur Konstanzer Seenacht etwa. Bei ihren Ausflügen legt die „Hohentwiel“ in 23 Häfen rund um den See in allen drei angrenzenden Ländern an, rund 180-mal zwischen April und Oktober. Alle Touren sind Rundfahrten und dauern mindestens zwei Stunden. Durchschnittlich bringt sie es pro Saison auf rund 10 000 Kilometer. Man kann sie auch chartern. Als Kapitän vollzieht Konstatzky auch Trauungen. Eine bis zwei Hochzeiten pro Woche fallen an. Das Feiern auf der „Hohentwiel“ hat eine lange Tradition. Im Jahr 1913, kurz nach dem Stapellauf in Friedrichshafen, feierte einer der ersten Gäste, Graf Ferdinand von Zeppelin, auf ihr seinen 75. Geburtstag.
Während vorne unbeschwert gefeiert wird, spielt hinter den Kulissen die Organisation eine große Rolle. Die sechsköpfige Küchencrew vollbringt Meisterleistungen in ihrem winzigen Reich. „80 Prozent unserer Tätigkeit besteht aus Organisation“, lächelt Daniel Eisner, der heute als Küchenchef Heino Huber vertritt. „Alles muss an Bord sein – man kann nicht schnell ins Lager rennen und Nachschub holen.“ Die drei Köche zaubern Abwechslungs- und Einfallsreiches aus saisonalen Zutaten rund um den Bodensee. Eisner hat große Freude an seinem Beruf.
Dass der Schaufelraddampfer heute solch ein Ort des Glücks ist, grenzt an ein Wunder, wenn man seine Geschichte bedenkt. Als er 1962 als letztes Dampfschiff auf dem Bodensee ausgemustert wurde, kaufte ihn der Bregenzer Segelclub und richtete ihn als schwimmendes Clubheim ein. So rettete er ihn vor der Verschrottung. „Niemand hat damals daran gedacht, dass das Schiff je wieder in Betrieb gehen würde“, sagt Kapitän Konstatzky. Aber 1984 erwarb der Verein Internationales Bodensee-Schifffahrtsmuseum e. V. die „Hohentwiel“. Sie befand sich in einem sehr desolaten Zustand. Durch Spenden und durch Eigenleistung zahlreicher Mitglieder erwachte sie aus ihrem Dornröschenschlaf. Die Sanierung war umfangreich. „Alle Holzteile mussten nachgebaut werden, nur der stählerne Schiffsrumpf und die Maschine sind noch original“, verrät der Kapitän. Aber die Rekonstruktion ist fast vollständig originalgetreu. Nur beim Brennstoff für die Dampfkessel ist man umgestiegen auf leichtes Heizöl. „Bis 1962 ist die „Hohentwiel“ als Kohleschiff im Schnellverkehr zwischen Konstanz und Bregenz gefahren, immer mit Volldampf“, erzählt Maschinist Florian Pausch, der für die gesamte Technik an Bord zuständig ist. „Das war eine richtige Schinderarbeit für die Maschinisten.“
Wie ein Bügeleisen
Heute verrichtet nur noch die Maschine Schwerstarbeit. Wer im Mitteldeck an einem Geländer steht, kann zusehen, wie in der Öffnung zu seinen Füßen die mächtigen Pleuelstangen kraftvoll stampfen. Die Maschine aus dem Jahr 1913 ist so gut gepflegt, dass sie nagel-neu aussieht, glänzend in Schwarz, Silbergrau und Messing. „Der Kapitän hat auf der Brücke keinen direkten Einfluss auf die Maschine“, erläutert der Maschinist. Pausch und sein Kollege steuern den Antrieb. „Der Kapitän gibt das Signal mit dem Maschinentelegrafen, und wir fahren das Manöver – vorwärts, rückwärts, langsamer, schneller oder stopp.“ Seekrank? Nein, das werden sie da unten im Maschinenraum nicht. Noch nicht mal, wenn es stürmt. „Das Faszinierende an der ‚Hohentwiel‘ ist, dass sie auf dem Wasser liegt wie ein Bügeleisen“, sagt Pausch lächelnd.
Oben an Deck haben wir nun schon dreimal fasziniert beobachtet, wie Konstatzky und sein Erster Offizier beim An- und Ablegen die Maschinentelegrafen bedient haben, in Lindau, Lochau und Bregenz. Nun sind wir längere Zeit auf dem See, bevor wir wieder in Lindau anlegen – Zeit zum Genießen. Das finden auch Hedi und Simone Geppert, Mutter und Tochter, die hier Stammgäste sind. Sie sitzen direkt vor dem Führerhaus, dem wahrscheinlich besten Platz auf dem Schiff, und lassen es sich bei Kaffee und Prosecco gut gehen. Seit etwa sieben Jahren gönnen sie sich zwei- bis dreimal jährlich eine Rundfahrt. „Weil es das schönste Schiff ist und weil es nahe unserer Heimat ist“, begründet Simone Geppert die Treue. „Für uns sind die paar Stunden hier an Bord wie eine Woche Urlaub.“ Und sie meint lachend: „Wenn man einmal hier mitgefahren ist, kommt kein normales Kursschiff mehr infrage!“
Die "Hohentwiel"
Baujahr: 1913
Länge über alles: 56,84 m
Breite über alles: 13 m
Maximaler Tiefgang: 1,60 m
Verdrängung: 365 t
Höchstgeschwindigkeit: 17 kn (31,5 km/h)
Antrieb: 2-Zylinder-Verbund-Dampfmaschine
Leistung: 950 PSi / 62 UpM
Veröffentlicht von: Stefan Dangel, Mein Ländle aktualisiert am: 25.06.2024