Merken

Dokumentationsstätte im Engelbergtunnel

KZ-Gedenkstätte Leonberg

KZ-Gedenkstätte Leonberg

KZ-Gedenkstätte Leonberg e. V.

Blick auf das Dokumentationszentrum im Alten Engelbergtunnel (ehemalige Weströhre).

Von Frühjahr 1944 bis April 1945 gab es am Fuß des Engelbergs in Leonberg ein Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof (Elsass).

In dem von der SS geführten Lager wurden über den Zeitraum eines Jahres insgesamt rund 5000 Männer gefangen gehalten. Sie stammten aus 24 Ländern und davon über die Hälfte aus Osteuropa, etwa ein Drittel von ihnen waren Juden.

Rund 400 starben in Leonberg, Hunderte wurden vor ihrem Tod noch in Sterbelager wie Bergen-Belsen, aber auch Vaihingen/Enz abgeschoben, viele kamen auch noch auf den Todesmärschen bzw. Todesfahrten nach Auflösung des Lagers im April 1945 ums Leben.

Die Häftlinge mussten in dem zu einer Rüstungsfabrik umgebauten ersten deutschen Reichsautobahntunnel für die Firma Messerschmitt die Tragflächen des Düsenjägers Me 262 produzieren.

KZ-Gedenkstätte Leonberg

KZ-Gedenkstätte Leonberg e. V.

Das Dokumentationszentrum ist flankiert von der Namenswand (links) und einem Großfoto mit einer Luftansicht Leonbergs aus dem 2. Weltkrieg.
KZ-Gedenkstätte Leonberg

KZ-Gedenkstätte Leonberg e. V.

Gelände der KZ-Gedenkstätte: Auf der linken Seite des Dokumentationszentrums die Namenswand mit 3000 Häftlingsnamen, im Vordergrund eine Skulptur mit weiteren 1000 Namen. Insgesamt waren rund 5000 Häftlinge im KZ-Leonberg. Von 4000 sind die Namen bekannt.
PreviousNext

Warum gerade Leonberg?

Anfang März 1944 hatte Reichsmarschall Hermann Göring in einem Geheimerlass zur „Sicherstellung der Jägerfertigung“ die „Verlagerung in bombensichere Fertigungsstätten“ und die „Dezentralisierung“ der Produktion angeordnet. Er war die Folge der sog. „Big Week“ vom 20.- 25. Februar 1944, in der die Alliierten gezielt vor allem die Flugzeugproduktion in Deutschland bombardiert und zerstört hatten.

Mit der neuen Jagdwaffe, der Me 262, wollte die nationalsozialistische Führung die Bomberströme der Feinde stoppen, die Rüstungsproduktion für den Sieg im Osten sichern. 

KZ-Gedenkstätte Leonberg

KZ-Gedenkstätte Leonberg e. V.

Blick in das Dokumentationszentrum im Alten Engelbergtunnel. Der Tunnel bestand aus zwei jeweils 300 m langen Röhren. Das Dokumentationszentrum befindet sich auf 30 m Länge in der ehemaligen Weströhre. Die Oströhre wurde komplett verfüllt.
KZ-Gedenkstätte Leonberg

KZ-Gedenkstätte Leonberg e. V.

Modell der Tragfläche des Düsenjägers Me262, die im zur Produktionsstätte umgebauten ehemaligen Autobahntunnel in Zwangsarbeit hergestellt wurde. Insgesamt wurden an verschiedenen Orten bis Kriegsende ca. 1400 Tragflächen produziert. Leonberg hatte einen beachtlichen Anteil daran.
PreviousNext

Der im Jahr 1938 fertiggestellte Engelbergtunnel, der aus zwei jeweils 300 m langen Röhren bestand und gegen Ende des Krieges kaum noch befahren wurde, war daher ein idealer Produktionsstandort.

Im Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion wurde das „Presswerk Leonberg“ unter dem Tarnnamen „Reiher“ geführt. Der raschen Errichtung eines Lagers für mehrere tausend KZ-Häftlinge und anderer notwendiger Bauten in unmittelbarer Nähe zur Produktionsstätte stand nichts im Weg, denn das Gelände unterhalb des Engelbergtunnels war lediglich landwirtschaftlich genutzt. 

Die Häftlinge wurden zunächst im sog. Alten Lager, einer Ansammlung von Holzbaracken, im oberen Bereich der Seestraße untergebracht (heute Wohngebiet Fliederstraße), dann folgte der Bau von weiteren Baracken aus Betonfertigteilen in der mittleren Seestraße (später nach Umbau Altenheim Samariterstift).

In beiden Lagern waren rund 3000 Menschen unter jämmerlichsten Bedingungen zusammengepfercht. Sie mussten in einem Zweischichtsystem jeweils 12 Stunden im Tunnel arbeiten. Der Lärm durch die elektrischen Niethämmer, die Kälte, die Unterernährung und die mangelnde Hygiene schwächten die Häftlinge so sehr, dass viele von ihnen Krankheiten, vor allem dem eingeschleppten Typhuserreger, zum Opfer fielen. Sie wurden in einem Massengrab auf dem Blosenberg verscharrt (heute Mahnmal Blosenberg).

KZ-Gedenkstätte Leonberg

KZ-Gedenkstätte Leonberg e. V.

Der Tunnel ist nicht nur Dokumentationsstätte, sondern auch Veranstaltungsort für Vorträge und Lesungen.
KZ-Gedenkstätte Leonberg

KZ-Gedenkstätte Leonberg e. V.

Das KZ Leonberg gehörte zum Stammlager Natzweiler/Elsass. Die Gedenkstätte erhielt mit 12 weiteren Außenlagern in Baden-Württemberg 2018 das Europäische Kulturerbe-Siegel.
PreviousNext

Nach dem Krieg wurde die Produktionsstätte wieder zum Autobahntunnel zurückgebaut. Er war bis zur Fertigstellung des Engelbasistunnels im Jahr 1998 in Funktion.

Seit 2008 befindet sich dort auf 30 m Länge das Dokumentationszentrum der KZ-Gedenkstätte mit Text- und Bilddokumenten. Das restliche Tunnelgewölbe wurde verfüllt.

Aktuelle Informationen und Anmeldung von Führungen auf dem „Weg der Erinnerung“ (entlang der Seestraße)

► Weitere Ausflugsziele in Leonberg und alle Infos zur Stadt finden Sie hier