Merken

Hänge-Partie mit Spaßgarantie

WILDLINE Hängebrücke in Bad Wildbad

Ein Meisterwerk der Ingenierskunst: im Ländle, gleich um die Ecke bei Bad Wildbad

Mein Ländle / Wildline Bad Wildbad

Ein Meisterwerk der Ingenierskunst: im Ländle, gleich um die Ecke bei Bad Wildbad

Wer behauptet, es gebe heute keine Abenteuer mehr, war noch nicht, wo Mein Ländle-­Autorin Sonja Faber-Schrecklein war. Sie traut sich in wilde Höhen und entdeckt dabei einen neuen Lieblingsplatz im Ländle.

Es wird großartig – hoffentlich. Zumindest bin ich „wild“ entschlossen und freu mich wie „wild“. Ich habe nämlich zu Weihnachten zwei Karten für die „Wildline“ bekommen. Und jetzt wird es ernst: Wir fahren nach Bad Wildbad zur längsten Hängebrücke Deutschlands. Wahrscheinlich wird es eine Mischung aus Sich-nicht-Trauen und Glückshormon-Ausschüttung. Ich sag’s Ihnen, diese Brücke braucht Mut.

Video: Ausflugstipp der Superlative: Die Wildline in Bad Wildbad

Natürlich hab ich mich im Internet zuvor ein bissle schlau gemacht und ein paar Eckdaten gesammelt. Allein schon zu meiner Beruhigung. Ganz ehrlich: Die Verbindung über die Bärenklinge und ein Seitental des Sommerbergs bis zum südlichen Ende Bad Wildbads – das ist mit 380 Metern Länge und 70 000 einzelnen Stahlbauteilen ein Konstrukt der Superlative. An ihrem höchsten Punkt ist die Brücke 60 Meter hoch. Wer bei solchen Zahlen kein Herzklopfen und keine feuchten Hände bekommt, ist entweder ein eisenharter Naturbursche oder hat keine Zeit zu bluten. Dabei hab ich noch nicht einmal Höhenangst.

Sonja Faber-Schrecklein traut sich was: Immerhin ist die Brücke 60 Meter hoch und nicht so bewegungslos, wie es scheint.

Mein Ländle / Wildline Bad Wildbad

Sonja Faber-Schrecklein traut sich was: Immerhin ist die Brücke 60 Meter hoch und nicht so bewegungslos, wie es scheint.

141 Tonnen an zwei Seilen …

Pünktlich um zehn Uhr startet das Abenteuer mit der Bergbahn, mitten in Bad Wildbad. Zehn Minuten dauert die Fahrt auf den Sommerberg. Schon da oben wird klar: Der Frühling will kommen und „druckt langsam naus“, wie der Schwob sagt. Und dann seh ich sie. Allein der Anblick belohnt uns nach der einstündigen Anreise von Esslingen her. Vor uns glänzt alles silbern. Die Brücke und damit der Laufweg führt nach oben und verliert sich im Nirgendwo. Ah ja, die Konstruktion ist derart ausgetüftelt, dass die Besucher quasi über einen Buckel laufen, sich gleichzeitig aber auf einer hängenden Brücke befinden – abgedreht!

Nur zwei Stahlseile mit einem Durchmesser von 75 Millimetern halten die 141 Tonnen, die der hängende Weg wiegt. Eine gewisse Risikobereitschaft gehört schon dazu, die Füße da draufzusetzen. Und mir, die ich mich ohne Schwierigkeiten zu einem Tandemsprung aus dem Flugzeug fallen oder mich vom Stuttgarter Fernsehturm abseilen lasse und im Kunstsegelflieger magenunfreundliche Küren mitfliege – ausgerechnet mir schlottern jetzt die Knie. Aber bei allem Adrenalin, es ist ja kein Drahtseilakt ohne Netz und doppelten Boden. Warum sollen sich die Erbauer gerade hier verrechnet ­haben? Die machen ihr G’schäft ja auch nicht nur zum Spaß.

Und siehe da, bei jedem Schritt wird mir wohler. An diesem Tag begehen wir mit nur wenigen Leuten die Brücke. Normalerweise passen 600 Menschen gleichzeitig drauf, und sie kracht trotzdem nicht. Wir fühlen uns wie Seiltänzer – wenn man das bei 1,20 Meter Spurbreite sagen kann. Bald alle zehn Meter eröffnet sich ein anderer Blickwinkel, die Farben des Schwarzwaldes changieren, ich entdecke frisch sprießende, satte Wiesen und grüne Tannen. Ein tolles Gefühl, der Natur so nah zu sein und doch so weit über ihr. Fantastisch, überirdisch im Wortsinn, der perfekte Höhenrausch! Herz, was brauchst du mehr?

Atemberaubende Hängebrücke

Mein Ländle / Wildline Bad Wildbad

Atemberaubende Hängebrücke

„… wia an Kuhschwanz“

Auch die vielen Kinder, die mit ihren Eltern oder Großeltern über die „Wildline“ tapsen, kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Familienfreundlich ist die Brücke, genauso wie die Abenteuermöglichkeiten drum rum: der Baumwipfelpfad Schwarzwald etwa, der Abenteuerwald, der Bikepark oder der Märchenweg. Und die Kinder lachen die ganze Zeit, beim Voraus- und Zurücklaufen und beim Überalldurchgucken. Denn was ich noch gar nicht erwähnt habe: Die Brücke schwingt dauernd sanft hin und her. Mein Freund, der Brückenbauer Roland aus Oberschwaben, hat’s mir vorhergesagt: „Du wirsch säha, dui Brugg waggelt wia an Kuhschwanz!“ Stimmt, Roland. Und das macht auch noch Spaß. Klar, manchmal halte ich mich doch am Geländer fest und lass mir den Frühlingswind um die Nase wehen. Ich genieße einfach. Heut ist mein schönster Tag! Also beinahe. Wie schön, dass ich mich getraut habe. Sonst hätte ich nie … dort drüben das Reh …! Und hier nebenan, das Eichhörnle …!