Können 100.000 Konzertbesucher irren? Wohl kaum. Schließlich weiß man bei der australischen Hard-Rock-Institution AC/DC seit über 50 Jahren, dass bei der fünfköpfigen Starkstromgruppe keine Experimente gemacht werden, sondern genau dieser einzigartige Tradement-Sound aus der Boxengasse ertönt, den die Fans aller Altersklassen seit einem halben Jahrhundert lieben.
Wie meinte der heute 69-jährige Gitarrist, Rockgigant und Bandmitbegründer Angus Young einst ironisch: „Ich kann es nicht mehr hören, wenn die Leute sagen, wir hätten elf Alben gemacht, die alle gleich klingen. Es waren nämlich zwölf!“. Inzwischen sind es über 20 Platten – und ein Ende ist nicht abzusehen. Klar, dass die Jungs längst gestandene Mitglieder in der „Hall Of Fame“ sind. Mit großen Erwartungen war also diese imposante Menschenmenge am vergangenen Samstag - und das bei teils saftigen Ticketpreisen und Verkehrsstau auf den Zufahrtsstraßen - auf der „Highway To Hell“ in den Hockenheimer Motodrom geströmt, um zeitlose Hits wie „Hells Bells“, „Thunderstruck“ oder „Stiff Upper Lip“ aufzusaugen, sich und die unverwüstliche Band, die im Rahmen ihrer vielleicht letzten großen Europa-Tournee namens „Power Up“ auch im Badischen Station machte, zu feiern. Schließlich weiß man nie, wann es ein „letztes Mal“ sein wird. Die Rolling Stones lassen grüßen. Zuletzt war AC/DC 2016 im Rahmen ihrer „Rock Or Bust“-Tour in Deutschland unterwegs.
Kultstatus
Dass AC/DC Kultstatus besitzt, steht außer Frage. 1973 von den Brüdern Angus und Malcolm Young gegründet, hat sie im Laufe der Jahre weltweit 200 Millionen Alben verkauft, ist längst Legende und hat die Landschaft der Rockmusik nachhaltig geprägt. Die unverwechselbare Bühnenpräsenz von Solo-Gitarrist Angus Young, gekleidet in seiner roten Schuluniform und mit bekannten Tanzeinlagen sowie dem Duck Walk auf dem Laufsteg, ist stets ein Hingucker. Wieder mit Reibeisen-Stimme und Mützenträger Brian Johnson am Mikrofon, Rhythmusgitarrist Stevie Young (67, Neffe von Angus und des 2017 an Demenz verstorbenen Malcolm Young), Chris Chaney (54) am Bass und Schlagzeuger Matt Laug (56) gibt die Band gleich Vollgas und die erwartungsvollen Fans im weiten Rund, die allermeisten im AC/DC-T-Shirt und rotem, blinkenden Teufelshorn auf dem Kopf, genießen den vielleicht historischen Moment einer Formation, die nicht nur eine Rockband, sondern eine Marke ist.
Selbst auf der Tribüne gibt es kein Halten. Es wird getanzt und jede Textzeile mitgesungen, frei nach dem Motto „You Shook Me All Night Long“. Partystimmung bei bestem Open-Air-Wetter, fast eine heilige Rock-Messe.
22 Klassiker
Und die Band liefert. In gut zwei Stunden werden 22 Klassiker abgefeuert und der “Rock'n Roll Train“ saust in vollem Tempo von „If You Want Blood You Got It“ über „Back in Black“ und „Dirty Deeds“ bis hin zu „Whole Lotta Rosie“ und „Let There Be Rock“ direkt in die Magengrube. Euphorie im weiten Rund, Emotion pur und eine freiwerdende Energie, die fast einem Blitzschlag gleichkommt. Heißt nicht ein AC/DC-Song „High Voltage“? Julian, ein junger Fan aus Mainz, filmt mit dem Handy wie so viele andere das Ereignis und lacht: „Geile Musik“. Nach der stürmisch geforderten Zugabe mit „TNT“ und „For Those About To Rock“ erhellen Pyro-Show und Feuerwerk die Nacht und die Anhänger sind glücklich.