Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp, zu tauchen in diesen Schlund? Am Sonntag der Vorwoche im theater am puls offenbar einige. Mit „Taucherglocke“ war der Abend betitelt, der sich ganz Friedrich Schiller widmete. Und zwar dem Lyriker, nicht dem Dramatiker. Regisseur und Intendant Joerg Mohr hätte sicher im Publikum noch einige Häupter seiner Lieben mehr gezählt – soll heißen, im Zuschauerraum wäre durchaus noch Platz gewesen. Diejenigen Mutigen, die sich jedoch auf einen kurz(weilig)en Abend in die Taucherglocke wagten, um mit Denis Bode, Sina Große-Beck, Jürgen Ferber, Michael Hecht und Sandra Lühr abzutauchen in die Welt von Schillers Oden, Balladen und Hymnen, die konnten nach rund einer Stunde Tauchfahrt beschwingt und inspiriert wieder zurück in die Himmelsluft steigen. Denn im Abgrund, das wusste schon der gute Schiller und vor ihm Konfuzius, liegt die Wahrheit. Und von der gab es einige zu ergründen.
Texttreu
Eigentlich ist Joerg Mohr ja, was den Umgang mit den Klassikern angeht, nicht so zimperlich. Schillers Busenkumpel Goethe hat er jüngst in seiner Faust-Inszenierung durchaus radikal in die Neuzeit geholt, an diesem Abend ist allerdings Texttreue angesagt. Klar, es dreht sich ja auch alles um den Lyriker Schiller und seine Kunst.
Lebendig
Also was tun, spricht Zeus? Einfach mal zurücklehnen, lauschen und sich ganz treiben lassen im Strom der Sprache des Dichterfürsten, die auch über 200 Jahre nach dessen Tod nichts von ihrer Gewalt eingebüßt hat. Und die das Ensemble an diesem Abend mitsamt ihrer Protagonisten und Helden zum Leben erweckt, wie etwa den mutigen Ritter Delorge, der den Handschuh aus dem Löwenzwinger fischt, um ihn Fräulein Kunigunde ins Gesicht zu schleudern („Den Dank, Dame, begehr ich nicht“), oder den ebenso mutigen Taucher, der auf der Suche nach dem goldenen Becher den Horror der Untiefen erlebt („Da unten aber ist’s fürchterlich“).
Horrormärchen
Wie ein Horrormärchen kommt „Das verschleierte Bild zu Sais“ daher – die Dramatik, die Schillers Balladen innewohnt, ist durch die wechselnden Leserollen greifbar. Intensiv: „Die Kindsmörderin“, der Sina Große-Beck auf der Bühne eine beängstigende Tiefe verleiht, so dass auch nach dem Verklingen des letzten Tons noch gespenstische Stille herrscht.