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Bis 12. Januar 2025

Ausstellung „Für die Freiheit!“ im Stadtmuseum Rastatt

In vielen Vereinen wurden die Mitglieder politisch aktiv, was immer wieder dazu führte, dass bestimmte Vereine verboten wurden.

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In vielen Vereinen wurden die Mitglieder politisch aktiv, was immer wieder dazu führte, dass bestimmte Vereine verboten wurden.

Geschichte ist Vergangenheit? Nicht bei der Ausstellung „Für die Freiheit! Rastatt und die Revolution 1848/49“, die noch bis zum 12. Januar 2025 im Stadtmuseum Rastatt zu sehen ist. 

Johanna Kätzel, die die Ausstellung zusammen mit Linda Pittnerová kuratiert hat, ist sehr klar: „Wir wollten nicht nur eine Geschichtsaufzählung mit Fakten und Daten machen“, sagt sie. “Wir haben deshalb Themen in den Mittelpunkt gestellt, die heute noch relevant sind.“

Im Stadtmuseum Rastatt werden die Geschehnisse rund um die Revolutionsjahre 1848/49 präsentiert.

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Im Stadtmuseum Rastatt werden die Geschehnisse rund um die Revolutionsjahre 1848/49 präsentiert.

Eines davon ist die Pressefreiheit. „Sie ist zentral und eines der wichtigsten Grundrechte“, so Johanna Kätzel weiter, „das erste, was in einer Diktatur ausgeschaltet wird, ist die Möglichkeit, Meinungen und Ideen frei zu äußern.“ Auch hierzulande ist, wie auf Wandtafeln zu lesen steht, das Grundrecht der Pressefreiheit bedroht. Immer mehr Menschen erlägen Verschwörungstheorien, in denen die etablierte Presse als „Lügenpresse“ gesehen wird. Ein Meinungsbildungsprozess könne ohne investigativen Journalismus und ohne Faktenchecks nicht mehr umfassend stattfinden: „Wird die Pressefreiheit eingeschränkt, ist das automatisch in direkter Angriff auf die Demokratie.“

Viele Frauen waren in der Badischen Revolution als Revolutionärinnen aktiv.

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Viele Frauen waren in der Badischen Revolution als Revolutionärinnen aktiv.

Demokratie muss stets geschützt werden

Dass die Demokratie weltweit in der Minderheit ist, zeigt eine Weltkarte. 2023 lebten 46 Prozent der Weltbevölkerung in einer Demokratie, knapp 40 Prozent in einer Diktatur. „Es war ein harter Kampf und ein langwieriger Prozess, bis Deutschland demokratisch war“, sagt Johanna Kätzel, „wir dürfen nicht denken, dass dieses Privileg für immer bleibt.“ Demokratie müsse von allen verteidigt, geschützt und mitgestaltet werden.

Wie es Frauen in einer Diktatur ergehen kann, vermitteln die Aussagen von sechs Frauen aus Afghanistan, die an einer Medienstation zu hören sind. Sie sind, so wird deutlich, komplett ohne Grundrechte.

Insgesamt 150 Originale kann Johanna Kätzel bei der Ausstellung zeigen, darunter Schlüssel zum Kerker in Rastatt.

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Insgesamt 150 Originale kann Johanna Kätzel bei der Ausstellung zeigen, darunter Schlüssel zum Kerker in Rastatt.

1848/49 gab es auch Revolutionärinnen. „Den Mut dieser Frauen kann man nicht hoch genug einschätzen“, erklärt Johanna Kätzel. „Sie sind komplett aus ihrer Rolle ausgebrochen.“ Selbst die Revolutionäre hätten ihnen die Fähigkeit, politisch zu denken, abgesprochen. Frauen hätten jedoch auch in Fabriken gearbeitet, sodass sie über die Arbeiterbewegung in Kontakt mit der Revolution kamen. 

Einfluss der Vereine 

Im Weiteren beschäftigt sich die Ausstellung mit dem Einfluss der Vereine, die politische Aktivitäten ermöglichten. Rastatt mit der Bundesfestung wurde deshalb zu einer bedeutenden Stadt, weil sich Soldaten den Revolutionären anschlossen. Die Möglichkeit, Schriftstücke drucken zu können, trug dazu bei, Flugblätter, Zeitungen und Karikaturen zu vervielfältigen. Gaststuben ermöglichten, selbstverständlich nur Männern, diese dort zu lesen. 

Wer möchte, kann an einem alten Wirtshaustisch Platz nehmen und die neueste politischen Nachrichten von 1848/49 lesen- so, wie es damals den Männern möglich war.

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Wer möchte, kann an einem alten Wirtshaustisch Platz nehmen und die neueste politischen Nachrichten von 1848/49 lesen- so, wie es damals den Männern möglich war.

Wunsch nach liberalem Nationalstaat

An einem Zeitstrahl werden die grundsätzlichen Daten, und die Entwicklung der Revolution vom Vormärz zwischen 1830 und 1848 gezeigt. Ein Element dabei war der Wunsch nach einem deutschen, liberalen Nationalstaat. Auch, wie die Revolution schließlich niedergeschlagen wurde, ist zu sehen. Manche Revolutionäre wurden standrechtlich erschossen, andere flohen und wanderten später in die USA aus. 

„Die Revolution ist gescheitert“, sagt Johanna Kätzel, „sie legte jedoch den Grundstock für die heutige Demokratie. Im Grundgesetz finden sich viele Forderungen, die schon damals formuliert worden waren.“ 

Die Ausstellung „Für die Freiheit! Rastatt und die Revolution 1848/49“ ist ein anschauliches, gut durchdachtes und überzeugend präsentiertes Angebot, das nicht zu vergessen. 150 Original-Schaustücke und viele Info-Tafeln helfen dabei. 

Entlang eines Zeitstrahls können Besucher*innen die Entwicklung vom Vormärz bis zur Revolution verfolgen. Eine wichtige Rolle dabei spielt die Badische Verfassung (links in der Vitrine).

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Entlang eines Zeitstrahls können Besucher*innen die Entwicklung vom Vormärz bis zur Revolution verfolgen. Eine wichtige Rolle dabei spielt die Badische Verfassung (links in der Vitrine).

Themen der Ausstellung „Für die Freiheit! Rastatt"

  • Einführung und geschichtlicher Überblick, mit Berücksichtigung wichtiger Ereignisse und Entwicklungen vom Vormärz bis zum Revolutionsjahr 1848, um zu zeigen, dass die Geschichte nicht geradlinig verlief
  • Grundrechte, und insbesondere Pressefreiheit, damals und heute
  • Gesellschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Biedermeier, Situation der Frauen und Revolutionärinnen, Arbeiter, Bauern, Juden
  • Rastatter Stadtgesellschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts,  wie die Revolution nach Rastatt kam, Wirtshäuser, Vereine, einzelne Protagonisten
  • Eskalation der Gewalt im ersten Revolutionsjahr, Märtyrer Robert Blum, Putschversuche in Baden durch Hecker und Struve
  • Reichsverfassungskampagne und Soldatenaufstand in Rastatt, Gefechte in Baden, Belagerung und Kapitulation der Rastatter Festung
  • Niederschlagung und Folgen der Revolution, Gefangenschaft und Erschießungen, Flucht ins amerikanische Exil, langes Unterdrücken des Gedenkens, Rezeption