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Geschichte ist Vergangenheit? Nicht bei der Ausstellung „Für die Freiheit! Rastatt und die Revolution 1848/49“, die noch bis zum 12. Januar 2025 im Stadtmuseum Rastatt zu sehen ist.
Johanna Kätzel, die die Ausstellung zusammen mit Linda Pittnerová kuratiert hat, ist sehr klar: „Wir wollten nicht nur eine Geschichtsaufzählung mit Fakten und Daten machen“, sagt sie. “Wir haben deshalb Themen in den Mittelpunkt gestellt, die heute noch relevant sind.“
Eines davon ist die Pressefreiheit. „Sie ist zentral und eines der wichtigsten Grundrechte“, so Johanna Kätzel weiter, „das erste, was in einer Diktatur ausgeschaltet wird, ist die Möglichkeit, Meinungen und Ideen frei zu äußern.“ Auch hierzulande ist, wie auf Wandtafeln zu lesen steht, das Grundrecht der Pressefreiheit bedroht. Immer mehr Menschen erlägen Verschwörungstheorien, in denen die etablierte Presse als „Lügenpresse“ gesehen wird. Ein Meinungsbildungsprozess könne ohne investigativen Journalismus und ohne Faktenchecks nicht mehr umfassend stattfinden: „Wird die Pressefreiheit eingeschränkt, ist das automatisch in direkter Angriff auf die Demokratie.“
Demokratie muss stets geschützt werden
Dass die Demokratie weltweit in der Minderheit ist, zeigt eine Weltkarte. 2023 lebten 46 Prozent der Weltbevölkerung in einer Demokratie, knapp 40 Prozent in einer Diktatur. „Es war ein harter Kampf und ein langwieriger Prozess, bis Deutschland demokratisch war“, sagt Johanna Kätzel, „wir dürfen nicht denken, dass dieses Privileg für immer bleibt.“ Demokratie müsse von allen verteidigt, geschützt und mitgestaltet werden.
Wie es Frauen in einer Diktatur ergehen kann, vermitteln die Aussagen von sechs Frauen aus Afghanistan, die an einer Medienstation zu hören sind. Sie sind, so wird deutlich, komplett ohne Grundrechte.
1848/49 gab es auch Revolutionärinnen. „Den Mut dieser Frauen kann man nicht hoch genug einschätzen“, erklärt Johanna Kätzel. „Sie sind komplett aus ihrer Rolle ausgebrochen.“ Selbst die Revolutionäre hätten ihnen die Fähigkeit, politisch zu denken, abgesprochen. Frauen hätten jedoch auch in Fabriken gearbeitet, sodass sie über die Arbeiterbewegung in Kontakt mit der Revolution kamen.
Einfluss der Vereine
Im Weiteren beschäftigt sich die Ausstellung mit dem Einfluss der Vereine, die politische Aktivitäten ermöglichten. Rastatt mit der Bundesfestung wurde deshalb zu einer bedeutenden Stadt, weil sich Soldaten den Revolutionären anschlossen. Die Möglichkeit, Schriftstücke drucken zu können, trug dazu bei, Flugblätter, Zeitungen und Karikaturen zu vervielfältigen. Gaststuben ermöglichten, selbstverständlich nur Männern, diese dort zu lesen.
Wunsch nach liberalem Nationalstaat
An einem Zeitstrahl werden die grundsätzlichen Daten, und die Entwicklung der Revolution vom Vormärz zwischen 1830 und 1848 gezeigt. Ein Element dabei war der Wunsch nach einem deutschen, liberalen Nationalstaat. Auch, wie die Revolution schließlich niedergeschlagen wurde, ist zu sehen. Manche Revolutionäre wurden standrechtlich erschossen, andere flohen und wanderten später in die USA aus.
„Die Revolution ist gescheitert“, sagt Johanna Kätzel, „sie legte jedoch den Grundstock für die heutige Demokratie. Im Grundgesetz finden sich viele Forderungen, die schon damals formuliert worden waren.“
Die Ausstellung „Für die Freiheit! Rastatt und die Revolution 1848/49“ ist ein anschauliches, gut durchdachtes und überzeugend präsentiertes Angebot, das nicht zu vergessen. 150 Original-Schaustücke und viele Info-Tafeln helfen dabei.
Themen der Ausstellung „Für die Freiheit! Rastatt"
Einführung und geschichtlicher Überblick, mit Berücksichtigung wichtiger Ereignisse und Entwicklungen vom Vormärz bis zum Revolutionsjahr 1848, um zu zeigen, dass die Geschichte nicht geradlinig verlief
Grundrechte, und insbesondere Pressefreiheit, damals und heute
Gesellschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Biedermeier, Situation der Frauen und Revolutionärinnen, Arbeiter, Bauern, Juden
Rastatter Stadtgesellschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wie die Revolution nach Rastatt kam, Wirtshäuser, Vereine, einzelne Protagonisten
Eskalation der Gewalt im ersten Revolutionsjahr, Märtyrer Robert Blum, Putschversuche in Baden durch Hecker und Struve
Reichsverfassungskampagne und Soldatenaufstand in Rastatt, Gefechte in Baden, Belagerung und Kapitulation der Rastatter Festung
Niederschlagung und Folgen der Revolution, Gefangenschaft und Erschießungen, Flucht ins amerikanische Exil, langes Unterdrücken des Gedenkens, Rezeption