In diesem Jahr widmet sich die Ortschell den weniger bekannten Tätigkeiten der Schütte-Lanz-Werke in Brühl zwischen 1919 und 1925. Wie der Untertitel „Die Suche nach neuen Wegen“ andeutet, musste die Firma damals Möglichkeiten finden, mit ihrem vorhandenen Fachwissen, ihren im Luftschiffbau erworbenen Fähigkeiten sowie den vor Ort befindlichen Maschinen und hier sich auf Lager befindenden Materialien neue Produkte für den zivilen Markt zu entwickeln.
Für Brühl und die umliegenden Orte war die Firma von überragender wirtschaftlicher Bedeutung: Schütte-Lanz war 1918 immerhin die größte Firma im Ort und einer der wichtigsten Arbeitgeber. Im Mai 1917 waren dort 279 Angestellte und 1483 Arbeiter beschäftigt. 1920 kam es aber zu Massenentlassungen. Und dem wollte man entgegenwirken.
Auf der Suche nach neuen Produkten konzentrierte sich die Firmenleitung auf die vorhandenen technischen Fähigkeiten und den verfügbaren Maschinenpark im Werk. Es gelang, die technologische Erfahrung aus dem Luftschiffbau auf andere Geschäftsfelder, später hauptsächlich im Sperrholzbau, zu übertragen. So richtete die Firma unter anderem die eigenständige Schütte-Lanz-Apparate- und Getriebebaugesellschaft ein. Diese stellte S.L.-Bügeleisen mit einer 220-Volt-Zuleitung und 450 Watt Leistung her. Ebenso S.L.-Metallsparkocher, also Wasserkocher. Des Weiteren S.L.-Elektro-Kochplatten und Elektro-Küchenanrichten. Kochtöpfe lieferte die Aluminiumdrückerei. Autos, Flugzeuge, Boote und Möbel aus Holz rundeten das breite Spektrum ab. Der wirtschaftliche Erfolg blieb diesem Zweig der Firma aber versagt. Wie indirekt aus den Äußerungen eines Landtagsabgeordneten zu folgern ist, stellte die Firma die Herstellung von Möbeln spätestens 1921 ein. Bis Ende 2007 hingegen war die Firma als Finnforest Schütte-Lanz mit Sitz in Brühl auf Verschalungsplatten spezialisiert.
Die Darstellung wird mit eindrucksvollen und teils bislang unveröffentlichten Bildern vom Rückbau der imposanten Luftschiffhalle im Jahr 1921/1922 abgerundet. SL 22, das letzte in Brühl gebaute Luftschiff, maß 198,30 Meter und 56 300 Kubikmeter Volumen. So war die letzte Luftschiffhalle stolze 200 Meter lang.
Es ist ein spannendes Stück Brühler Wirtschaftsgeschichte, das der Heimatverein aufgearbeitet hat. Die Ortsschell, Heft 29 ist in der Bücherinsel in Brühl erhältlich und kostet 5 Euro.
Kro/Ras