Auf Tuch- beziehungsweise Fellfühlung der besonderen Art gingen die RNZ-Sommertourler im Wildpark in Schwarzach. Sie durften Strauße streicheln, die Zwergziege Franz kennenlernen, ein Känguru trösten und Dromedare füttern. Das Programm, das sich Tierpfleger Pascal Herzog und Selina Keilhauer von der Gemeinde Schwarzach ausgedacht hatten, begeisterte nicht nur die jüngsten Teilnehmer, die bei der Fütterung tatkräftig mithelfen durften.
Der kleine Franz
Schon nach den ersten zehn Minuten machte der Tierpfleger klar, dass es bei der Führung nicht nur ums Zuhören ging. Als er Franz aus dem Stall holte, durfte die kleinste Teilnehmerin zeigen, wie gut sie die Zwergziege füttern kann. Fünf Monate alt und fast 30 Zentimeter „groß“ schlüpft Franz durch jedes noch so kleine Loch im Zaun und macht dem „Bock“ im Namen alle Ehre. „Mit drei Jahren sind sie ausgewachsen und haben eine Schulterhöhe von maximal 50 Zentimetern“, erklärte Herzog. Aber genug der Worte, dachte sich der Tierpfleger, und die jüngeren Sommertourler durften Futter für Rotwild und Auerrinder vorbereiten. Mit schweren Eimern ging es zu den Hirschen und Rehen, die schon ungeduldig am Zaun auf ihr Frühstück warteten.
Der Hirsch hatte einen guten Tag
Auf einer Fläche von 2,5 Hektar leben sie mit den Auerochsen zusammen, es ist eine der größten Anlagen im Park. „Ich war bei den Hirschen und habe diese tolle Aussicht gesehen, da war für mich klar, dass ich diesen Job mache“, erzählt Pascal Herzog. Doch schnell merkten die Teilnehmenden, dass es nicht nur die Aussicht war, die ihn überzeugte. Es ist seine Leidenschaft, sein Herz für die Tiere, auch für die besonders hässlichen, wie er erklärte, die ihn motivieren, eigentlich jeden Tag im Park zu sein, sich um die Tiere zu kümmern. Wobei er das nicht nur im Park macht: Kleine Rinder, junge Schweine oder auch mal zehn Küken, wenn sie rund um die Uhr versorgt werden müssen, finden bei ihm und Selina Keilhauer auch mal ein Zuhause auf Zeit.
Und weil der Hirsch im Gehege einen guten Tag hatte, als die Sommertourler Pascal Herzogs Leidenschaft hautnah erlebten, durften die kleinen Fütterungshelferinnen den Hirsch streicheln, der abgelenkt vom Futter ganz brav war. Immer aufmerksam beschütze der Hirsch seine Herde und reagiere deshalb manchmal nicht so gut auf Besuch, erklärte Herzog. „Vorsicht vor dem Geweih“, warnte er bei der Fütterung. Herzog räumte auch mit einem Irrglauben auf: „Viele behaupten, man könne das Alter eines Hirsches an den Sprossen oder Spitzen des Geweihs ablesen. Das ist aber falsch.“
Im Winter warme Hörner
Beim Weg zu den Rindern erklärte der Tierpfleger einiges über das Auerrind-Projekt. Im Wildpark Schwarzach gibt es eine kleine Zuchtgruppe dafür. Mit Sayaguesabullen und Maremmanakühen, die dem ausgestorbenen Auerochsen genetisch nahestehen, soll eine Rasse gezüchtet werden, die dem Auerochsen in Verhalten, Aussehen und Genetik möglichst nahekommt.
Die Rinder leben zusammen mit den Hirschen auf dem großen Areal, und als auch sie ihr Futter bekamen, zeigte der Hirsch, wer hier das Sagen hat: Denn kaum kam er mit seinem großen Geweih zu den Rindern, machten sie ihm Platz am Futter. „Obwohl die Rinder auch Hörner haben und größer sind, weichen sie aus.“
Apropos Hörner – da gibt es große Unterschiede: Während das ausgewachsene Hirschgeweih keine Nerven hat, ist das bei den Rindern anders; sie verlieren es auch nicht jedes Jahr. „Es wächst ein Leben lang, ist mit dem Schädel verwachsen und hat Nerven und Blutgefäße. Auch im Winter haben Rinder warme Hörner“, erklärt Herzog.
Vier Hörner sind keine Mutation
Und mit Hörnern ging es weiter zum nächsten Rückzüchtungsprojekt: die Vierhornziege (siehe Foto). Wie der Name schon sagt, hat diese Ziegenrasse nicht nur zwei, sondern vier Hörner. „Die Tiere sind fast ausgestorben, weil man früher dachte, dass die zusätzlichen Hörner eine Mutation sind, was aber nicht der Fall war.“ Der Wildpark hat sich zum Ziel gesetzt, diese Rasse zu züchten – und mit elf Tieren eine der größten Zuchtgruppen in Deutschland. Und die Vierhornziegen und die anderen Tiere brauchen Platz: Zehn Hektar ist das gesamte Gelände des Parks groß.
Im Park befindet sich auch das Bienenmuseum. Hier können sich Besucher über die dunkle Honigbiene informieren – aber auch selbst das Imkern lernen. „Wir bilden hier Jungimker aus“, erklärt Keilhauer. „Wer Lust hat, kann hier alles über die Imkerei lernen und sich selbst um ein Volk kümmern.“ Jeden Freitag trifft man sich im Museum und pflegt die Bienenvölker. „Hier sind alle Altersgruppen von 17 bis 65 Jahren vertreten, und jeder ist willkommen“, sagt Keilhauer.
Hinlegen statt wegrennen
Willkommen waren die Sommertourler auch im Straußengehege, das sich die Laufvögel mit Zebras und Antilopen teilen. Statt die Tiere hinter dem Zaun zu bestaunen, führte Herzog die Teilnehmer ins Gehege. Wer sich traute, durfte die bis zu 90 Kilogramm schweren Strauße, deren Eier bis zu einem Kilo wiegen, streicheln. Berührungsängste hatten die Parkbewohner nicht, und der eine oder andere wurde auch mit einem Schnabelpicken begrüßt. „Das tut aber nicht weh“, beruhigte Herzog.
„Das Gefährlichste am Strauß sind seine Krallen an den Füßen.“ Wer also einmal einem Strauß begegnen sollte: „Am besten auf den Boden legen, dann kann der Strauß seine Krallen nicht einsetzen. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass er sich auf einen legt und auf den Kopf pickt“, erklärt Herzog. „Dann muss man nur warten, bis das Tier weit, weit weg ist, denn die sind auch schnell.“ Nach dieser Erklärung hatten es manche Teilnehmer etwas eilig, zum nächsten tierischen Bewohner zu kommen.
Trauer gibt’s auch bei Tieren
Mit dem Wallaby-Känguru Keks zeigte Pascal Herzog, dass es auch im Tierreich das Gefühl der Trauer geben kann. Denn Keks trauert um seine Schwester, die vor Kurzem gestorben ist. Er frisst sehr wenig und sieht aus, als wäre er gerade aus einem Dornröschenschlaf erwacht. Klar, dass die Kinder ihn mit Streicheleinheiten trösten mussten. „Der Besuch tut ihm gut, lenkt ihn ab und weckt ihn ein bisschen auf“, weiß Herzog. Da Keks aber keinen Hunger hatte und sich wieder ausruhen musste, blieben noch Zeit und Futter übrig, um Lena und Suleika, die Dromedare des Parks, zu besuchen, zu füttern – und natürlich zu streicheln.
Am Ende der Tour hatten die Junior-Ranger noch etwas vorbereitet: Die Besucher durften bei einem Quiz mit drei Schwierigkeitsstufen testen, ob sie gut aufgepasst hatten. Lene Degen, die schon lange als Junior-Rangerin dabei ist, erklärte, welche Aufgaben man im Park übernimmt: „Wir treffen uns einmal im Monat, werden aber auch geschult, lernen, mit den Tieren umzugehen, helfen bei der Fütterung im Park, passen im Park auf, machen aber auch Ausflüge.“