Von Joachim Klaehn
Zum dritten Mal seit dem Wiederaufstieg 2021 ins Oberhaus hieß es MLP Academics Heidelberg gegen den FC Bayern Basketball - in der Mannheimer SAP Arena. Dass diesmal aus Sicht der Jungs vom Neckar keine sportliche Sensation gelingen kann, ist erklärbar. Die Jansson-Schützlinge hatten beim 59:87 (12:22, 12:27, 24:17, 11:21) bis auf den dritten Teilabschnitt nicht den Hauch einer Chance. Und dennoch sollte es neben den Bayern-Stars weitere Gewinner geben: Die easyCredit Basketball Bundesliga, den Traditionsklub und neunfachen Ex-Meister aus der Universitätsstadt und alle Fans, die eine beeindruckende Kulisse bildeten. Im Folgenden zeichnen wir die drei bisherigen, völlig unterschiedlich verlaufenen Duelle zwischen den Academics und den Bayern in „Mannem“ nach ...
12. Januar 2025, dritte Partie, 87:59 für München: Es ist der absolute Wahnsinn! 14.713 Zuschauer wollten das Spitzenspiel zwischen dem BBL-Zweiten und -Ersten sehen. Eine Rekordkulisse. Für die laufende Saison ist das die Bestmarke in der deutschen Eliteklasse. Und 3.666 Besucher in einem zusammengehörenden Stehplatz-Block wie in Mannheim sind in insgesamt 59 Jahren Bundesliga-Historie ebenfalls noch nie zuvor erreicht worden. Zum Vergleich: Der RASTA Dome von Vechta fasst gerade mal 3.140 Zuschauer.
In die normale Heimstätte der MLP Academics, den SNP dome in Heidelberg, passen diese Saison maximal 4.410 Zuschauer rein. Das bedeutet: Am Sonntag waren fast dreieinhalb Mal so viele Fans im „Ufo“ wie bei einer ausverkauften Partie im heimischen „Dome“. Diese (neuen) Dimensionen darf man sich gerne vergegenwärtigen. Das Topspiel belegt eindrucksvoll, dass ein Basketball-Hype in der Metropolregion Rhein-Neckar ausgelöst wurde.
Die Academics-Profis ließen vorgestern nach dem Abpfiff die Köpfe hängen. Warum? Weil sie sich viel vorgenommen hatten - und ihr sonstiges Spiel mit viel Bewegung, Lauf- und Passqualität einfach nicht durchbrachten. Das kann gegen ein Klasseteam passieren. „Du musst möglichst lange gegen die Bayern mitspielen und die Partie offen halten“, hatte Ex-Trainer Ingo Freyer vor dem Tip-off gesagt. Allerspätestens beim 21:41 (18.) war klar, was Sache ist.
Der Grund? Das Starensemble mit den deutschen Weltmeistern Niels Giffey, Andreas Obst und Johannes Voigtmann war nach dem desaströsen 69:112 bei Olympiakos Piräus mächtig angefressen. Im Wiedergutmachungsmodus - in der Bringschuld. „Es ist peinlich“, bekamen sie in Piräus von ihrem Headcoach Gordon Herbert zu hören. Gegen Underdog Heidelberg durfte das in Mannheim nicht mehr geschehen. Der enormen Münchner Physis und höchst aggressiven Defensive hatten Mikesell und Co. nur sporadisch etwas entgegenzusetzen. Solch eine klare Niederlage - schmerzhaft, aber verzeihlich - gilt es nun möglichst schnell abzuhaken. Am Samstag geht es bereits in die Hauptstadt, zu ALBA Berlin, dem anderen deutschen Vertreter in der EuroLeague. Eine hohe Hürde. Die „Albatrosse“ haben vor Kurzem den FC Bayern mit 88:81 überraschend düpiert.
21. April 2024, zweite Partie, 89:82 für Heidelberg: Keine Feier ohne Ingo Freyer - nach 40 aufregenden Minuten triumphierte der letztjährige Abstiegskandidat mit 89:82 (17:14, 25:30, 21:13, 26:25) gegen die allzu lässigen „Big Bayern“. Dieser Erfolg zählte wie der Auswärtssieg in Braunschweig sowie der Saisonabschluss gegen Tübingen zu den emotionalen Höhepunkten einer Achterbahn-Saison mit Happy End. Der Jubel wollte nach dem Coup gegen den FC Bayern nicht enden. Die seinerzeit 9.796 Zuschauer verwandelten die SAP Arena in ein Tollhaus.
Das Beste daran: Die MLP Academics machten damit am 29. Spieltag einen Riesenschritt Richtung Klassenerhalt. Und Gordon Herberts Vorgänger Pablo Laso räumte damals anerkennend ein: „Man muss Heidelberg loben, sie haben um ihr Leben gespielt.“ Diese Partie mit knisternder Spannung und einem finalen 11:0-Lauf der Gastgeber hätte damals mehr Zuschauer verdient gehabt.
Im Endeffekt war's so: Der Außenseiter ließ sich gegen den hohen Favoriten nicht abschütteln, traf in der Crunchtime unfassbar wichtige Würfe und produzierte über die gesamte Spielzeit so gut wie keine Fehler. Beide Klubs belohnten sich auf ihre Art: Die MLP Academics blieben dank ihres Parforceritts in der zweiten Saisonhälfte erstklassig, der FC Bayern holte sich seinen sechsten Meistertitel.
Welch ein Drehbuch!
27. Dezember 2022, erste Partie, 87:83 für München: Der erstmalige Umzug in die SAP Arena hatte viele Skeptiker auf den Plan gerufen. Ist das überhaupt machbar? Oder gar größenwahnsinnig? Zwei Wochen vor dem Event brachte eine Pressekonferenz in einer der Top-Logen der Multifunktionsarena den gewünschten Effekt bei der regionalen Medienlandschaft. 10.454 Zuschauer verfolgten dieses messerscharfe Duell - der Traum von einer fünfstelligen Besucherzahl war damit erreicht. Das Spiel selbst wurde zu einem tollen Spektakel und dramatischen Schlagabtausch. Am Ende stand ein 83:87 (25:23, 26:27, 18:17, 14:20) auf dem Videowürfel. Heidelberg hatte alles in die Waagschale geworfen - sage und schreibe 26 Mal (!) wechselte die Führung zwischen den beiden Kontrahenten.
Nach diesem Hitchcock-Thriller und „Weihnachtsspiel“ sagte der damalige Academics-Headcoach Joonas Iisalo voller Stolz und völlig zurecht: „Glückwunsch an München zum Sieg. Es war eine tolle Atmosphäre und ein tolles Spiel, obwohl es nicht so ausgegangen ist, wie wir uns das gewünscht hatten. Aber ich denke, wir haben heute einen sehr guten Job gemacht gegen das EuroLeague-Powerhouse.“
Das vermeintliche „Experiment“ SAP Arena hatte sich also bewährt - und ist als einer der Meilensteine in der jüngeren Geschichte der MLP Academics Heidelberg einzustufen.
Was bleibt? Gerade auch nach dem 12. Januar 2025? Manchmal ist das Erlebnis noch einen Tick wichtiger als das Ergebnis. Die Lektion, das Statement, die Machtdemonstration des FC Bayern Basketball sollte die hiesige Basketball-Szene und -Community weiter beflügeln. Der Einsatz lohnt sich unter den Körben, wenngleich am Neckar eine Etaterhöhung und weitere Professionalisierung in vielen Bereichen unabdingbar zu sein scheint. Es sei festgehalten: Der FC Bayern hat im Vergleich zu den MLP Academics das sechsfache Gesamtbudget (30 Millionen Euro) und 15 Mal so viele hauptamtliche Angestellte vorzuweisen ...
Erinnert sei auch an die Initialzündung von Manager Uli Hoeneß bei einem Treffen mit potenziellen Heidelberger Sponsoren im Jahr 2017. Academics-Geschäftsführer Matthias Lautenschläger über die prominente wie inspirierende Hilfestellung: „Das war ein Kick-off, der uns richtig Auftrieb gab.“
Ob sich dennoch „Mister Bayern“ Uli Hoeneß über den Basketball in „Highdelberg“ inzwischen wie viele sportinteressierte Menschen leicht verwundert die Augen reibt?