„Hundert Jahre wäre für eine betonierte Mauer eine sehr lange Zeit“, sagt Jürgen Kern, der Betriebsleiter des Staatsweinguts Karlsruhe-Durlach. „Unsere Trockenmauern am Turmberg sind jedoch bereits 1832 entstanden.“ Am Tag des offenen Denkmals führte er Interessierte durch den Weinberg und die Geschichte des Weinguts und informiert über die denkmalgeschützten Trockenmauern.
Bei einer Trockenmauer werden die Steine ohne Bindemittel aufeinandergesetzt. Von vorne ist nur ein kleiner Bruchteil der kompletten Mauer zu sehen. Die Mauern neigen sich am Turmberg leicht nach hinten gegen den Hang.
Früher ohne Hilfsmittel …
Stabilisiert wird die vordere Mauerseite durch einen hinteren Bereich. Dort sind verschieden große Steine so eingesetzt und –geschüttet, dass sie sich verkeilen. Dadurch stützen sie den Hang. Insgesamt sind sie einem riesigen Druck ausgesetzt. „Der Hang ist immer in Bewegung“, erklärt Jürgen Kern, „schon allein dadurch, dass ein Landregen die Erde aufquellen lässt und sie bei Trockenheit wieder schrumpft.“ Starkregen allerdings laufe ungenutzt oberflächlich ab.
300 laufende Meter Trockenmauer
„Früher gab es keine Hilfsmittel“, so Jürgen Kern weiter, „da mussten die Steine alle per Hand den Berg hinausgeschafft werden.“ Früher seien sie in Steinbrüchen gewonnen worden. Heute würden sie von Abbruchhäusern stammen. Ewa 300 laufende Meter Trockenmauer gibt es im Staatlichen Weingut am Turmberg. Sie bilden eine Fläche von 600 bis 800 Quadratmetern. Die Anbaufläche beträgt etwa vier Hektar in Durlach und vier Hektar in Grötzingen.
… und mit viel handwerklichem Können
Seit fünf, sechs Jahren würden die Trockenmauern nach und nach von der L-Bank saniert werden. Zum Ende des Jahres sei das Naturdenkmal dann wieder fertig und werde in den folgenden Jahren sukzessive erhalten. Allerdings gehe das Wissen um den Trockenmauerbau allmählich verloren und nur noch wenige Firmen könnten sie errichten.
Erheblicher Schaden
Angefangen habe die Sanierung oben am Berg. Dort in ersten Bauabschnitt gebe es als Besonderheit einen Unterschlupf für den Weinbergschützen. „Früher sind die Weinberge während der Reifezeit bewacht worden, um sie vor Staren und vor Menschen zu schützen“, berichtet Jürgen Kern. Wenn Stare einfielen, würden sie die Früchte abpicken und den Ertrag ruinieren, auch ohne alles zu fressen. Menschen würden durch Diebstahl ebenfalls beträchtlichen Schaden verursachen. Stare seien allerdings inzwischen selten geworden.
In vier Jahren Biowein
Aktuell sei wieder Erntezeit. Vor 40 Jahren habe sie teilweise erst im November begonnen. „Wir müssen auch deshalb früher ernten, weil die Trauben sonst zu viel Zucker bilden würden und zu viel Alkohol entstehen könnte. Das könne zu einem Verlust der Finesse von Weißweinen führen.
Umstellungsprozess
Als Ausblick berichtet Jürgen Kern, dass in Zukunft Biodiversität und Bioweinbau im Vordergrund stünden. Das Weingut werde umgestaltet. Es werde Bäume, Sträucher und widerstandsfähige Rebsorten geben. In vier Jahren könne die Umstellung zum Bio-Weingut abgeschlossen sein. (rist)