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Gastwirtschaften und Eisenbahn

Am 30. Oktober 1862 richtete der Gemeinderat von Oberschefflenz an das Großherzogliche Bezirksamt in Mosbach die Bitte, ein weiteres Gasthaus einrichten zu dürfen. Der Wortlaut dieses Schreibens, das einiges über die Situation im Dorf verrät, ist:
„Karl Friedrich Spiegel Sohn des hiesigen Bürgers und Hirschwirths Andreas Spiegel von hier beabsichtigt in hiesigem Orte eine Wirthschaft zu errichten, und hat dieseits die Bitte um Verwendung hierwegen gestellt.
In hiesigem Orte befinden sich nur fünf Wirthe, welche bisher ihr Gewerbe mit dem besten Erfolge betrieben, nunmehr aber da der Bau der Eisenbahn vor sich geht, und den hiesigen Ort wie bekannt ist, stark berührt, nicht mehr im Stande sein werden, den Anforderungen genügend entsprechen zu können, insbesondere da in der Nähe des hiesigen Orts zwei Tunnelbauten vorkommen, welche Arbeiter sich voraussichtlich schon hier in Logis begeben werden, und dürfte daher der Fall sein daß auserdem noch Wirthschaften errichtet werden müssen.
Aber auch wenn die betreffende Bahn gebaut ist, wird die Errichtung der fraglichen Wirthschaft nicht als überflüsig erscheinen weil ein Bahnhof oder Absatzpunkt dahier errichtet und dadurch bedeutender Verkehr dem hiesigen Orte zugewendet werden wird.“
Es folgt ein Abschnitt, in dem der Gemeinderat erklärt, warum die Frist zur Antragstellung nicht eingehalten wurde. Der Schlussabschnitt lautet: „Großherzogliches Bezirksamt wolle dem Ansuchen des Karl Friedrich Spiegel hochgeneigtest willfahren, damit derselbe ein Personalwirthschaftsrecht erhalte wodurch er in den Stand gesetzt wäre, den Anforderungen des Publikums so viel als möglich entsprechen zu können.“ Unterschrieben ist die Bitte von Bürgermeister Seitz und den Gemeinderäten Gramlich, Bender und Banschbach.
Auf eine umfangreiche Nachfrage des Amts erklärt der Gemeinderat u. a., dass in Oberschefflenz 166 Familien ansässig seien. Darüber hinaus liege der Ort an der Heidelberg-Würzburger Landstraße, habe zwei bedeutende Märkte, und die künftige Eisenbahn „berühre ihn stark“. Die vorhandenen Wirte seien teilweise für, teilweise aber auch gegen eine weitere Wirtschaft, natürlich wegen der Konkurrenz. Der künftige Betreiber der zusätzlichen Gastwirtschaft solle Speisen und Getränke jeder Art verabreichen dürfen und zur Beherbergung von Gästen berechtigt sein.
Das Amt unterstützte den Antrag. Spiegel nannte sein Gasthaus dann „Zum goldenen Adler“. Es bestand allerdings nur bis zum 1. Mai des Jahres 1885. Trotzdem erhielt das Haus den Hausnamen „Adlerwärdsch“. Spiegel selbst lebte von 1835 bis 1903.