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„Der Waschlappen“

Glosse Christoph Sonntag Teil 2

Glosse Christoph Sonntag Teil 2 Waschlappen

Marat Musabirov / iStock / Getty Images Plus

Glosse Christoph Sonntag Teil 2 Waschlappen

Unser Regierungschef Winfried Kretschmann steht in der Kritik. Was hat er getan? Er hat gesagt, man könnte sich ab und zu auch mal mit dem Waschlappen waschen.

Das empfinde seine Kritiker als Anmaßung. Gut, das ist gleichzeitig das, was ich meinen Kindern sage, sobald sie einigermaßen die deutsche Sprache verstehen: „… wenn ihr gestern geduscht habt, reicht heute der Waschlappen!“

Ich erinnere mich, als ich in der Figur des „Bruder Christophorus“ bei meiner jährlichen Fastenpredigt für den SWR in der Alten Kelter zu Fellbach an Fasching 2018 Innenminister Thomas Strobl, der an den zurückliegenden Koalitionsverhandlungen zur großen Koalition beteiligt war, hergenommen habe. Christophorus hat nämlich im Himmel oben auf seiner Wolke mitbekommen, dass sich Strobl zu diesen Verhandlungen eine Visagistin engagiert hat. Bruder Christophorus fragte: „Herr Strobl? Was hat Sie da getrieben? Gegen welche Konkurrenz wollten Sie optisch bestehen? Jens Spahn? Der fischt doch sowieso im anderen Teich!“ Lacher.

Blick zu Winfried Kretschmann: „Gell, Herr Kretschmann, eine Visagistin, sowas brauchen Sie nicht. Bei Ihnen kommt morgens die Gerlinde mit dem Waschlappen, fährt einmal übers Gesicht, und fertig ist die Maske für die nächste Fernsehsendung!“ Riesenlacher.

Kretschmann hat nur verdutzt aus der Wäsche geschaut. Warum? Weil Bruder Christophorus sehr wahrscheinlich recht hatte.

Was ist schlimm daran, wenn ein Regierungschef mal was Pragmatisches oder gar Spießiges von sich gibt?

Wenn er verschwommenes Fachchinesisch spricht, sind wir nämlich auch nicht zufrieden. Wir sollten sie stellen, wenn Sie Mist reden – als Kabarettist weiß ich, wovon ich spreche. Aber manchmal sagen sie auch etwas Vernünftiges und Richtiges. Oder Banales. Das muss ja nicht immer gleich zerfetzt werden. Oder, okay: Lassen wir es doch einfach mal stehen!

Wenn Politiker Typen sind, manchmal auch schräge Typen, wie zum Beispiel Günther Oettinger, werden sie gehänselt und verachtet, solange sie an der Macht sind, und danach vermisst. Heute schauen wir auf einen Bundeskanzler Olaf Scholz, geborener Merkel, ein Mann wie in Brei gemeißelt.

Die letzte Hoffnung, die man haben kann: Vielleicht gibt ihm irgendwann die Geschichte recht, und sein abwägendes Wesen hat, möglicherweise im Ukraine-Konflikt, im Nachgang etwas Gutes. Im Augenblick gibt er einem eher Grund dazu, immer mal wieder früher ins Bett zu gehen.

Man würde sich im Land und Länd mehr Gelassenheit wünschen. Wir Deutschen neigen dazu, in der Krise zehn Szenarien zu diskutieren, bevor ein elftes Szenario eintritt, mit dem niemand gerechnet hat. Warum kann sich unsere deutsche Gründlichkeit nicht einfach mal mit der südländischen Gelassenheit paaren?

Oder wünschen wir uns Politiker wie Christian Lindner, die immer so aussehen, als kämen sie gerade frisch aus der Sauna? Nach Gesichtsbehandlung und Maniküre?
Die aus der Kirche austreten, dann aber auf Sylt in einer pittoresken Kirche heiraten und ihre Gäste mit Privatflugzeugen einfliegen lassen? Wenn jemals ein Politiker so etwas wieder vorhat, soll er es bitte besser mit dem Neun-Euro-Ticket koordinieren, damit die deutschen Punker auch ein bisschen Spaß an seiner Vermählung haben!

In solchen Momenten erinnere ich mich oft an meine Oma Hermine. Sie hat mir immer wieder gesagt: „… sowas tut man nicht.“ Wo sie das hergeholt hat? Aus einem Bereich, bei dem bei vielen offensichtlich mittlerweile nur noch ein dunkles Loch vorhanden ist: Dort wohnte Omas gesunder Menschenverstand.

Manchmal würde man sich wünschen, dass der gesunde Menschenverstand bei uns ein bisschen gesünder wäre.

Ihr

Christoph Sonntag

Christoph Sonntag schreibt regelmäßig Glossen für Nussbaum Medien

Markus Palmer

Christoph Sonntag schreibt regelmäßig Glossen für Nussbaum Medien

Christoph Sonntag, Kabarettist, Comedian und Entertainer, schreibt zukünftig regelmäßig Glossen für Nussbaum Medien. Mit der „Stiphung Christoph Sonntag“ kümmert er sich um unsere Natur und seine Mitmenschen, speziell um Kinder und Jugendliche. Diese Ziele decken sich in weiten Bereichen mit den Fördergebieten der Nussbaum Stiftung, die sich der Unterstützung der Themenbereiche Jugend & Bildung, Sport & Gesundheit, Ökologie und Kultur annimmt. Beide Stiftungen sind für Ihre finanzielle Unterstützung dankbar, um noch besser helfen zu können.

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