Als Kabarettist ist es meine Aufgabe, Politiker witzig, satirisch und kabarettistisch zu „grillen“. Auf der Bühne, im Radio oder im Fernsehen. Das mache ich leidenschaftlich gern. In der Regel lerne ich sie dann aber vereinzelt irgendwann mal kennen. Und auf diese Weise entstehen gelegentlich auch Freundschaften. Das macht mir den Job nicht unbedingt leichter.
Asterix-Fans kennen die Sequenz, als Automatix den alten Methusalix hätte schlagen sollen, stattdessen aber Troubadix eins überbrät. Garniert mit den entschuldigenden Worten: „Ich kann doch dieses alte Wrack nicht schlagen!“
Ähnlich geht es einem mit Freunden aus der Politik. Man fängt an, sie zu mögen, beginnt automatisch, ihre Schwächen zu verzeihen bis der Satiriker wieder vor den Aufgaben seines Berufes steht.
Ganz schlimm wird es, wenn man einen Minister zum Essen einlädt, irgendjemand dein Handy knackt und dann deinen SMS-Verkehr mit ihm an die interessierte Presse durchsticht.
Mir ist genau das mal passiert. Aus Personenschutzgründen möchte ich die Namen betre ender Ex-Ehefrauen und Minister nicht nennen, selbst wenn Letzterer im Sozialministerium sitzt. Ende vom Lied? Wir mussten beide ein Bußgeld bezahlen.
Für den Herrn Minister war die Angelegenheit offensichtlich ausgesprochen peinlich, denn er macht seither einen großen Bogen um mich herum. Für mich war das großartig, denn mittlerweile möchte sich niemand mehr von mir zum Essen einladen lassen. Ich kann seitdem getrost ohne Geldbeutel aus dem Haus gehen und komme trotzdem immer satt und zufrieden wieder nach Hause.
Manchmal aber gibt es Politiker und Situationen, die dem Kabarettisten das Leben ganz leicht machen. Er begibt sich nicht in Gefahr, angezeigt zu werden, ein Bußgeld zahlen zu müssen oder eine Anklage zu kriegen. Warum? Weil er einfach nur zitiert. Zitieren darf man! Man zitiert ja bloß ganz wertfrei etwas, das man gelesen hat – mehr nicht.
Mehr muss auch nicht sein, weil manchmal das, was im Zitat steht, schon so unglaublich bezeichnend und komisch und witzig ist – und eigentlich mehr ist als das, was man sich jemals zu sagen getraut hätte.
Ich möchte gern mit dem Zitat beginnen, es geht um den türkischen Präsidenten Erdogan:
Viele Menschen schätzen ihn sehr. Bundestagsvize Wolfgang Kubicki von der FDP zählt auch dazu. Er schätzt Erdogan offensichtlich auch. Wenn auch nur gering.
So, und jetzt kommt das Zitieren. Ich zitiere aus den Informationsseiten von tagesschau.de, und zwar kursiv, damit jeder, auch in der Türkei, begreift: Das ist nicht die Meinung vom Sonntag. Das ist einfach nur ein Zitat:
„Berichten zufolge erstattete der Kölner
Rechtsanwalt Mustafa Kaplan in Erdogans
Namen Strafanzeige gegen Kubicki
und stellte außerdem Strafantrag wegen
Beleidigung und Verleumdung. FDP-Vize
Kubicki hatte den türkischen Präsidenten
Erdogan auf einer Wahlkampfveranstaltung
als ‚kleine Kanalratte’ bezeichnet.
Kaplan schreibe, die Bezeichnung
‚Kanalratte’ müsse man so verstehen,
dass Erdogan ein Mensch sei, ‚der als
sittlich verwahrlost, moralisch heruntergekommen
und Ekel hervorrufend
angesehen wird’.“
So, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, das war jetzt alles ein Zitat. Jetzt kommt wieder meine eigene Meinung: Nach meiner Ansicht sind sich Erdogan, Bolsonaro, Orban, und wenn Sie meine Meinung hören wollen, auch Putin in gewisser Weise sehr ähnlich. Ich spreche natürlich nur von ihren Frisuren.
Ihr
Christoph Sonntag