Merken

„Phubbing“

Glosse Christoph Sonntag Teil 6

Glosse Christoph Sonntag Phubbing Teil 6

haloviss / iStock / Getty Images Plus

Glosse Christoph Sonntag Phubbing Teil 6

Liebe Leserinnen und liebe Leser,

heute wird es lehrreich. Ich werde Sie gleich mit einem Begriff konfrontieren, den mutmaßlich nicht alle von Ihnen schon kennen werden. Und, wenn ich ehrlich bin, kenne ich ihn auch erst seit Kurzem.

Es geht um den Begriff „Phubbing“.

Das neue Fremdwort setzt sich zusammen aus „Phone“ und „Snubbing“. Seine Bedeutung ist die: Wenn dein Gegenüber oder dein Partner zum Beispiel regelmäßig  zum Handy greift, manchmal auch mitten im Gespräch, fühlst du dich vom Gegenüber missachtet und subtil gekränkt.

Viele Studien belegen, dass durch „Phubbing“ mehr Streit und Unzufriedenheit in der Beziehung entstehen. Die Wissenschaftler fordern nun Langzeitstudien, weil es an „objektivierbaren Daten“ fehle.

Langzeitstudien sind immer gut, aber mein Papa hatte bereits im Jahre 1970 die Lösung für das Problem. Im Ernst! Er konnte seinerzeit nur noch nicht wissen, dass es mal „Handy“ heißen wird, aber er nannte mir seinen Lösungsansatz für den Komplex damals schon. Papa brauchte keine Studie dazu, und auch auf objektivierbare Daten hatte er gänzlich verzichtet.

Er formulierte sein Forschungsergebnis sofort; wir saßen als Familie zusammen beim Essen, ich war acht, und er sagte:

„Leg des Scheißding weg, aber sofort!“

Was ich in der Hand hatte, war ein Spielzeugauto, mit dem ich – anstatt mich aufs Essen zu konzentrieren – laut brummend zwischen den Tellern und Töpfen hin- und hergefahren bin. Und zuvor auf zwei etwas freundlicher formulierte Hinweise, ich möge das doch bitte lassen, nicht reagiert hatte.

Man müsste das für heutige Kinder natürlich intellektuell ausgewogener formulieren, sehr viel sanfter in der Tonalität anbringen und zuvor zwei Minuten lang aufgesagt haben, wie toll der Achtjährige ist und wie lieb man ihn hat, nämlich von hier bis Schottland, einmal um den Mond herum und wieder zurück. Erst dann darf die vorsichtig geäußerte Kritik an seinem Tun kommen, damit der gepamperte Nachwuchs nicht in ein Trauma verfällt, das man später wieder nur mit einer vierjährigen Kindertherapie loskriegt.

Aber trotzdem hatte Papa damals recht: Wer das Ding, was immer es auch für ein Ding sein mag, einfach mal weglegt, kann sich wieder konzentrieren und hört schlagartig auf damit, sein Gegenüber und seinen Partner subtil zu frustrieren. Oder zu „dissen“, wie man neudeutsch sagt.

Apropos dissen, Sie haben sicher allesamt großen Respekt vor der Körpermodifikations- Szene? Das sind Menschen, die ihren Körper operativ verändern, weil sie sich selbst dann sehr viel schöner finden. Tun Sie sich den Gefallen und googeln Sie mal ein Foto vom Star dieser Szene, sein Name ist Anthony Loffredo. Das hat er doch zusammen mit den Ärzten schön hingekriegt, oder? Die Körpermodifikations-Szene hat jetzt einen neuen Trend entdeckt: die Injektion von Tattoo-Farbe mittels einer feinen Kanüle in die Sklera, in die Lederhaut des Auges. Danach sieht dann das Weiße vom Auge so aus wie das Gelbe vom Ei. Letzteres ist es aber nicht, denn es gibt dabei immer wieder große Komplikationen.

Auch hierfür hatte mein Papa schon früh die Lösung, exakt im Mai 1976. Ich war damals 14, als mein Papa mir diese Offenbarung preisgab. Ohne vorher zwei Minuten lang zu referieren, wie lieb er mich hat. 

Sie hieß: „Wenn du das machst, brauchst du gar nicht mehr heimkommen!“

Dabei ging es damals gar nicht um die Lederhaut meines Auges, es ging um ein Loch in meinem rechten Ohr für einen Ohrring.

Was war passiert? Ich wurde in einem nicht-demokratischen Verfahren aufgefordert, alternativlos auf meinen Wunsch zu verzichten.

Heute bin ich sehr dankbar dafür: Keinen Ohrring und kein Tattoo tragen, dafür aber schwäbisch-bürgerliche Herkunft haben und zu allem Überfluss noch ausschließlich
heterosexuell veranlagt zu sein – damit gilt man heutzutage in der Künstlerszene als ausgesprochen schräger, bunter Hund.

Herzlichst, ihr

Christoph Sonntag

Christoph Sonntag schreibt regelmäßig Glossen für Nussbaum Medien

Markus Palmer

Christoph Sonntag schreibt regelmäßig Glossen für Nussbaum Medien

Christoph Sonntag, Kabarettist, Comedian und Entertainer, schreibt zukünftig regelmäßig Glossen für Nussbaum Medien. Mit der „Stiphung Christoph Sonntag“ kümmert er sich um unsere Natur und seine Mitmenschen, speziell um Kinder und Jugendliche. Diese Ziele decken sich in weiten Bereichen mit den Fördergebieten der Nussbaum Stiftung, die sich der Unterstützung der Themenbereiche Jugend & Bildung, Sport & Gesundheit, Ökologie und Kultur annimmt. Beide Stiftungen sind für Ihre finanzielle Unterstützung dankbar, um noch besser helfen zu können.

www.stiphtung.tv
www.nussbaum-stiftung.de