Der Nachmittagsregen hat aufgehört, sodass die etwa 1.500 Fans mit dem sympathischen britisch-libanesischen Entertainer Mika im Schlossgarten eine fröhliche Open-Air-Party feiern konnten. Mikas Auftritt war eine perfekt inszenierte Show mit weitestgehend tanzbarer Musik im Stil des Glampop der 1980er /1990er Jahre; zumeist sang er mit Falsetto-Stimme, aber sein Stimmumfang umfasst etwa fünf Oktaven.
Grafiken und Collagen
Alle siebzehn Songs wurden durch großformatige Projektionen animierter künstlerischer Grafiken und Collagen passend zum Thema visualisiert. Mika, der mit richtigem Namen Michael Holbrook Penniman Jr. heißt, war der erste Act der allsommerlichen Konzertreihe „Musik im Park“, und Schwetzingen war eine Station seiner „Apocalypse Calypso“ Tour durch Europa.
Als Vorgruppe spielte das Hockenheimer Rock-/Pop-Trio „Used“ um die Zwillinge Marco und Dario Klein plus Schlagzeuger Rafael Rasmus; sie hatten den Zuschlag für den Auftritt bei einem Challenge der hiesigen Tageszeitung und dem Veranstaltungsunternehmen „Provinztour“ gewonnen und präsentierten nun neun ihrer eigenen Kompositionen.
Mika bezirzte sein Publikum
Als Mika auf die Bühne kam, empfingen ihn seine Fans mit enthusiastischem Beifall. Teil seiner Performance sind seine kreativen Outfits. Diesmal trug er zuerst einen hellen Anzug mit roten und grünen verschlungenen, floralen Muster – eine Anlehnung an die barocke Ornamentik des Schlossgartens? Im Laufe des etwa eineinhalbstündigen Auftritts wechselte der gutaussehende Mika seine Anzüge mehrfach.
Mika hatte seine fünfköpfige Band – alle in weißen Anzügen gekleidet – mitgebracht. Kaum war er auf der Bühne, schenkten ihm treue Fans einen großen Strauß Hortensien. Passend zu dem warmen Sommerabend begann er mit dem Song „I want your ice cream“. Mika ist ein unglaublich nahbarer Sänger, der ganz schnell mit charmanten, flirtenden Gesten und großen lachenden braunen Augen sein Publikum in seinen Bann zieht.
Er begrüßte teilweise auf Deutsch, teilweise auf Englisch sein Publikum, griff Zurufe seiner Zuhörer auf und gestaltete kleine Dialoge; er kündigte an, dass es bei seinem Hauptthema um Liebe gehe.
„Relax – take it easy“
„Love is a drug, and you are my cigarette“ heißt es bei seinem zweiten Song „Origin of Love“. Dann heizte er so richtig ein mit „Lollipop", auch wenn es bei dem Lied um eine Ermahnung geht, dass die Liebe einen fertigmachen könnte.
Immer wieder sich selbst sein, ist eine wesentliche Devise seiner Botschaften. Das gilt auch für den Hit „Grace Kelly“, der mit der Frage „Why don’t you like me?“ endet. Er setzte sich ans Klavier und stimmte seinen nächsten Song an „Stuck in the Middle“, danach verließ er die Bühne, zog sich um und mischte sich – in frischer Streifenhose und gelbem Jacket - direkt unter das Publikum, fröhlich schwitzend.
Bunte Lichtershow
„You are beautiful“, sang er und meinte damit ein „Big Girl“, dem er Mut zusprechen wollte, zu sein, wer sie ist. Das Publikum bekundete seine Zustimmung durch lautstarken Applaus, bereit, sich mitreißen zu lassen. Er dirigierte pantomimisch und ließ das Publikum singen: „Underwater“. Die Lieder waren fast alle bekannt, am meisten vielleicht dasjenige, das als nächstes kam, begleitet von Feuersäulen und bunter Lichtshow: „Relax – take it easy“.
Er hatte sich inzwischen wieder umgezogen und trug nun einen silbern-glitzernden Anzug. Disco der 1980er Jahre Feeling! Die Leute tanzten und sangen mit, während er quirlig über die Bühne lief, tänzelte, hüpfte. Soviel Bewegung machte Durst – und so akzeptierte er ein Bier von einer Besucherin, prostete seinen Fans zu und sang „Where have all the good guys gone?“.
Wilder Tanz
Mika bekannte, dass er keine Musicals mag – und doch ist ein Remake des „Popular Song“ aus Steven Schwartz Musical „Wicked“ Teil seines Repertoires. Er hatte das Stück zu seinem dritten Album umgearbeitet zu einem sehr persönlichen Lied über Mobbing, das er selbst in seiner Kindheit erfahren hatte. Aber das Blatt kann sich wenden, es sei wichtig, immer zu sich zu stehen.
Mika, der unter anderem in Paris groß geworden war und gerade mehrere Konzerte in Frankreich gegeben hatte, sang auch ein Lied auf Französisch „Elle me dit“, denn tatsächlich waren etliche französische Fans nach Schwetzingen gekommen. Leider war es der einzige französische Song, obwohl Mika Ende letzten Jahres ein fast durchgängig Französisch gesungenes Album aufgenommen hatte. Er forderte seine Besucher*innen auf, ganz wild zu tanzen - und sogar mit jemanden, den / die man gar nicht kenne. Dabei machte er es vor.
Ein Energiebündel – und schick obendrein, denn nun trug er einen weißen Anzug mit einer großen weißen Stoffblume am Revers.
Noch war das Konzert noch nicht ganz zu Ende, als dann doch der Regen einsetzte. Mikas Versuch, ihn wegzutanzen mit „Love Today“ und „Rain“, schlug fehl. So beendete basstriefender aktueller Clubsound das Konzert, während Mika und seine vorzügliche Band die Bühne verließen. Völlig durchnässt machten sich die begeisterten Besucher*innen auf den Heimweg.
Eins ist gewiss: Er hat neue Fans gefunden! (rw)