Über Jahrhunderte waren sie wichtige Anker des gesellschaftlichen Lebens in der Stadt. Vergangene Woche wurde das 300 Seiten starke Werk in der Stadthalle vorgestellt.
Wichtig war es den Autoren, nicht nur die Gebäude, sondern auch die Gaststättenbetreiber, die Besucher und die Geschichten um die Wirtshäuser herum zu Papier zu bringen. Der Oberbürgermeister Klaus Heininger nannte das Buch eine „interessante Reise in die Vergangenheit, zu historischen und gesellschaftlichen Ereignissen, aber auch privaten Schicksalen“. Der Schultes erinnerte daran, dass die Wirtshäuser einst viel mehr als heute Orte der Kommunikation und des gesellschaftlichen Miteinanders waren. Als es weder Fernsehen, Computer, Handy oder Internet gab, diente der Besuch des Wirtshauses auch dem Austausch über die Neuigkeiten im Ort und in der Welt.
Geplant war es nicht
Wie sich die Zeiten geändert haben, das war bereits am Premierenabend nachzuvollziehen. Einst spielte sich auch das kulturelle Leben auf Bühnen von Gasthäusern oder Vereinsgaststätten ab. Mit der wachsenden Stadt wurde eine Stadthalle gebaut. Dort fand nun auch die Buchpremiere statt. Die mehreren hundert Besucher hätten in kein Gasthaus in der Stadt gepasst.
Gekommen waren viele Gastronomenfamilien oder deren Nachfahren. Auf das Ambiente der Wirtschaft sollte an diesem Abend nicht verzichtet werden. Neben der zünftigen musikalischen Begleitung des „Polizeiorchsters Schwaben“ sorgte der liebevoll und authentisch gedeckte Tisch auf der Bühne für das richtige Flair. Der Moderator Eberhard Schmid spielte den Buchautoren Paul Kottmann und Martin Mundorff die Bälle für eine launige Buchpräsentation zu. So berichtete Kottmann über die Entstehung des Buches. Dass das neue Dokument der Zeitgeschichte überhaupt geschaffen wurde, war zunächst mehr Zufall als Plan. Kottmann war mit dem Digitalisieren von Fotos des Stadtarchivs beschäftigt. Dabei fiel ihm auf, dass es viele Bilder von Gaststätten aus Eislingen gab, hinter denen spannende Geschichten steckten. „Da kam ein Stein ins Rollen“, beschreibt es Kottmann rückblickend.
Manche der 88 vorgestellten Einrichtungen gibt es bis heute, den nun wieder eröffneten Adler zum Beispiel. Andernorts steht zwar das Gebäude noch, der Betrieb wurde aber aufgegeben, etwa beim Waldhorn, das wegen der schönen Wirtstöchter auch „Drei-Mädels-Haus“ genannt wurde. Angeblich sollen manche der männlichen Gäste mehr wegen den Mädchen als wegen der Küche dort eingekehrt sein.
Manche Wirtshäuser sind aus dem Stadtbild verschwunden
Und bei wieder anderen einst beliebten Gaststätten hat weder das Gebäude noch die Einrichtung die Stürme der Zeit überstanden. So war es unter anderem beim Grünen Baum (ehemals Gasthaus Häfele), der der neuen Eislinger Mitte zum Opfer fiel.
Allerlei Geschichten haben die Autoren rund um die Gaststätten herausgefunden und aufgeschrieben. Über vieles können die Nachgeborenen heute wahrscheinlich nur noch den Kopf schütteln, wie der Kauf des ersten öffentlichen Fernsehgeräts im Jahr 1954. Im heutigen Maultäschle, ehemals Lindenhof, war damals die Fußball-Weltmeisterschaft gezeigt worden - das erste Public Viewing in Eislingen sozusagen. Außerdem erfahren die Leser in dem neuen Buch etwas über den Eislinger Bierkrieg im Jahr 1910. Eine Preiserhöhung von elf auf zwölf Penning für die Halbe habe zu einem Bierboykott in Klein-Eislingen geführt, berichtete Kottmann. Das führte zu ernsthaften Verwerfungen. Am Ende wurde der Konflikt aber friedlich beigelegt.
„Dieses Buch ist ein Meisterwerk der Recherche und ein wertvolles Dokument der Zeitgeschichte“, lobte der Oberbürgermeister Heininger. Mit Fleiß und Kompetenz hätten die Autoren ein tolles Werk geschaffen. Die Geschichten sorgten für eine emotionale Bindung an die Stadt. Das Rathaus hat den Druck finanziert.
Das Buch mit dem Titel „Gaststätten in Eislingen - Vom Abendschein bis ins Zweigwerk“ ist ab sofort für 25 Euro erhältlich, bei „Blatt und Buch“, Gromer, bei der Buchhandlung Dölker in Salach sowie beim Kultur- und Sportamt und im Bürgerbüro im Rathaus Eislingen. bra