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Straßenschilder-Spaziergang auf der Böblinger Diezenhalde

Die Gruppe im Marie-Luise-Kaschnitz-Hof auf der Diezenhalde.

Staber

Die Gruppe im Marie-Luise-Kaschnitz-Hof auf der Diezenhalde.

Auf Spurensuche nach berühmten Schriftstellerinnen hat sich der Arbeitskreis (AK) Diezenhalde gemeinsam mit Nadja Lang von der Böblinger Fachstelle für Bürgerschaftliches Engagement und über 30 interessierten Bürgern begeben: Beim Straßenschilder-Spaziergang haben Heidrun Behm, Kerstin Froese und Abdullah Dagli unter anderem Astrid Lindgren, Annette von Droste-Hülshoff und Ricarda Huch vorgestellt.

Einem interfraktionellen Antrag aus dem Böblinger Gemeinderat unter der Federführung der Stadträtinnen Sigrid Schild, Ursula Kupke, Monika Hübner und Rosemarie Späth ist es zu verdanken, dass im Böblinger Stadtteil Diezenhalde berühmte Schriftstellerinnen gewürdigt werden. Der Gemeinderat möge beschließen, dass „für die Bezeichnung von Straßen, Wegen und Plätzen im Bereich Diezenhalde 4.2 vornehmlich Frauennamen gewählt werden“, so der Antrag.

Gedacht werden solle dabei „an verdiente Frauen, die durch ihr Leben in besonderer Weise für den Gedanken der Gleichberechtigung von Männern und Frauen stehen können“, heißt es in der Begründung des interfraktionellen Antrags: „die Frauen des Grundgesetzes, Frauenrechtlerinnen, Künstlerinnen, Pionierinnen der verschiedensten Art auf ihren jeweiligen Gebieten.“ Mit einem Beschluss im Oktober 2001 folgte der Böblinger Gemeinderat diesem Antrag. Unter anderem mit der Würdigung von acht Schriftstellerinnen setzte das Stadtentwicklungsamt diesen Gemeinderatsbeschluss um – mit der Benennung von Astrid-Lindgren-Straße, Annette-v.-Droste-Hülshoff-Weg, Marie-Luise-Kaschnitz-Hof, Isolde-Kurz-Hof, Ricarda-Huch-Hof, Marieluise-Fleißer-Weg und Ingeborg-Drewitz-Hof.

Berühmte Persönlichkeiten zu entdecken gibt es auf den Straßenschildern der Diezenhalde jede Menge, nicht nur Frauen: Die Idee, diesen Persönlichkeiten mit einem Straßenschilder-Spaziergang nachzuspüren, entwickelte Grünen-Kreisrätin Heidrun Behm als Vorsitzende des Böblinger Galerievereins: 2023 ging es auf der Böblinger Diezenhalde unter anderem um die Persönlichkeiten hinter der Fritz-Steisslinger-Straße und dem Gabriele-Münter-Weg. Als Mitglied des AK Diezenhalde entwickelte Heidrun Behm das Format gemeinsam mit Kerstin Froese, Abdullah Dagli, Nadja Lang und der Leiterin der Stadtteilbibliothek Diezenhalde, Monika Bruckner, weiter.

Astrid Lindgren wird auf der Diezenhalde gleich zweimal gewürdigt: mit der Astrid-Lindgren-Straße und mit dem Spielplatz „Pippi Langstrumpf“. Aber auch unbekannteren Aspekten weiblicher Literaturgeschichte widmet sich der Straßenschilder-Spaziergang: Zwar dürfte Annette von Droste-Hülshoff nicht zuletzt Besuchern der Burg Meersburg und den meisten Menschen, die schon einmal einen 20-DM-Schein in der Hand hatten, ein Begriff sein. Doch dass die Dichterin mit „Die Judenbuche“ den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit, eines der zentralen Themen ihres Gesamtwerks, in Literatur fasste, wie die ehemalige Deutschlehrerin Heidrun Behm ausführt, ist nicht allen Teilnehmern des Spaziergangs bekannt.

Und auch interessante, technische Aspekte der Würdigung berühmter Persönlichkeiten bei der Stadtplanung kommen zur Sprache: Dass mit dem Annette-v.-Droste-Hülshoff-Weg sich der für ein Straßenschild recht lange Name der Dichterin komplett im Stadtbild der Diezenhalde wiederfindet, sei nicht selbstverständlich, wie Kerstin Froese ausführt: Nicht selten würden Namen verkürzt, etwa zum „Droste-Weg“ – was dem Ziel einer angemessenen Würdigung jedoch eigentlich entgegensteht.

Die von Abdullah Dagli vorgestellte Isolde Kurz gehört zu den eher in Vergessenheit geratenen Dichterinnen deutscher Sprache – was auch daran liegen könnte, dass sich die in Stuttgart geborene Tübingerin während des Dritten Reichs nicht eindeutig positionierte. Auf der anderen Seite habe Isolde Kurz ein Manifest unterschrieben, das sich eindeutig und unmissverständlich gegen Antisemitismus aussprach, so Abdullah Dagli, der Isolde Kurz als spannende Schriftstellerinnen-Persönlichkeit einordnet, die es wert sei, wiederentdeckt zu werden.

Im kommenden Jahr wird sich der AK Diezenhalde mit einem Straßenschilder-Spaziergang in das Gedenken an „500 Jahre Bauernkrieg“ einklinken: Gemeinsam mit der Leiterin des Böblinger Bauernkriegsmuseums, Lea Wegner, wird es dabei unter anderem um die Jörg-Ratgeb-Straße, die Thomas-Müntzer-Straße und die Bundschuhstraße gehen.

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