Das Sicherheitsgefühl der Menschen wollte er mit seinen Bombendrohungen wohl erschüttern, im Gerichtssaal wirkt er nun selbst unsicher. Nervös trommelt der 20-Jährige mit seinen Fingern auf der Anklagebank in Saal 4 des Landgerichts Stuttgart herum. Während die Staatsanwältin die lange Liste der Drohmails vorliest, kämpft er mit seiner Mimik, scheint kurz davor, in Tränen auszubrechen.
Der junge Mann aus dem Hohenlohekreis sitzt auf der Anklagebank, weil er im Herbst 2023 insgesamt 51 Droh-Mails verfasst und deutschlandweit an Schulen, Behörden und Religionsgemeinschaften verschickt haben soll. Einige Plätze neben ihm sitzt sein 21 Jahre alter mutmaßlicher Komplize aus Hamburg. Die beiden kennen sich laut Staatsanwaltschaft nur aus dem Internet, der Ältere soll den Jüngeren darin bestärkt und ihn auch technisch unterstützt haben. Zudem sollen beide während der Versendung der Mails über den Messengerdienst Discord kommuniziert haben.
Einen terroristischen Hintergrund sieht die Staatsanwaltschaft nicht, beide Männer müssen sich wegen des Vorwurfs der Störung des öffentlichen Friedens durch angedrohte Straftaten verantworten.
Bei den Drohungen als Hamas ausgegeben
In den Mails soll von hochexplosivem Sprengstoff mit Zeitzünder die Rede gewesen sein, der bei den Empfängern platziert worden sei. Zudem sollen die Täter vorgegeben haben, Säuglinge, Kinder und Menschen mit Behinderung umbringen zu wollen. Laut Anklage sollen die Angeklagten den Eindruck erweckt haben, dass die Schreiben von der Terrororganisation Hamas stammen. Dafür habe der jüngere Angeklagte Formulierungen wie «Allahu Akbar» verwendet und behauptet, man wolle mit den Taten die «Brüder im Mittleren Osten» rächen.
Die E-Mails gingen an Empfänger in Baden-Württemberg und sieben weiteren Bundesländern - und lösten teils große Polizeieinsätze aus. In Baden-Württemberg waren mehrere Schulen und die Universität Stuttgart, das KIT in Karlsruhe, die Polizei-Hochschule in Villingen-Schwenningen und die israelitische Gemeinschaft in Ulm betroffen. In Mannheim wurde zudem die Hochschule der Bundesagentur für Arbeit geräumt.