Aufgezogen wurden die Jungvögel in der Wilhelma in Stuttgart – allerdings weder von ihren eigenen Eltern, noch von Menschen, sondern von einem Paar Schwarzschnabelstörche, einer im äußersten Osten Asiens beheimateten Storchenart. Die Geschichte begann als ein Paar wildlebender Weißstörche kurz vor Ostern 2025 damit anfing, auf dem Schornstein einer Bäckerei in Ellwangen-Röhlingen ein Nest zu errichten. Binnen kürzester Zeit war der Horst fertiggestellt und die Eier gelegt. Da das Nest den Luftabzug aus dem Schornstein beeinträchtigte, bestand die akute Gefahr einer Verpuffung. In Abstimmung mit der Ortspolizeibehörde und den zuständigen Naturschutzbehörden wurde das Storchennest von der Feuerwehr entfernt.
Streng geschützte Art
Da Weißstörche zu den nach Bundesnaturschutzgesetz streng geschützten Arten zählen, musste aber eine Lösung für die bereits angebrüteten Eier gefunden werden. Und hier kam die Wilhelma ins Spiel: In einem weich gepolsterten und gut isolierten Korb wurden die Eier in den Zoologisch-Botanischen Garten nach Stuttgart gebracht und dort in einer Brutmaschine ausgebrütet. Nach dem Schlupf wurde es spannend. Vogelkurator Andreas Frei erklärt: „Eine Aufzucht durch den Menschen und eine damit verbundene Fehlprägung der Storchenküken wollten wir nach Möglichkeit vermeiden. Stattdessen hatten wir eine andere Idee: Unsere beiden Schwarzschnabelstörche brüteten nämlich zu der Zeit bereits eine Weile auf unbefruchteten Eiern. Wir hatten daher die Hoffnung, dass sie die Weißstorchküken aufziehen würden, wenn wir sie ihnen unterschieben“.
Kuckuckskinder
Der Plan ging auf: Die Schwarzschnabelstörche nahmen ihre „Kuckuckskinder“ an und zogen sie groß. Schon rund 2,5 Monate nach dem Schlupf waren die Jungstörche bereits voll ausgewachsen und flugfähig. Am 15. August war es also so weit: Die Jungstörche wurden aus ihrer Voliere heraus gefangen. Jeder von ihnen wurde mit einem Ring vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie/Vogelwarte Radolfzell am linken Bein markiert. Es handelt sich dabei um Spezialringe, deren individuellen Nummern mit Spektiv sogar aus großer Entfernung gut ablesbar sind. Die wissenschaftliche Beringung hilft in diesem Fall dabei, nicht nur Rückschlüsse auf den Erfolg der Auswilderung, sondern auch auf das Zugverhalten der Jungstörche zu ziehen. Sicher in Transportkisten verstaut, wurden die Störche zunächst in Richtung Ellwangen gebracht, wo sie in ihrem natürlichen Lebensraum freigelassen wurden. Helmut Vaas, Weißstorchbetreuer beim NABU Ellwangen hat damit bereits Erfahrung: „Wir haben dafür in enger Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde ein weitläufiges Wiesengebiet gewählt, in dessen unmittelbarer Nähe sich im Spätsommer und Herbst regelmäßig Weißstörche sammeln und auf Nahrungssuche gehen. Auch in der Vergangenheit haben wir hier schon mehrfach Störche, die vorübergehend in menschlicher Obhut waren, erfolgreich ausgewildert.“








