So unscheinbar er für viele Menschen auch wirkt, er ist eines der wichtigsten Teile am Fahrrad: der Reifen. Auf einer Fläche deutlich kleiner als eine Postkarte überträgt er Bremskraft und Beschleunigungsenergie und unzählige kleinster Lenkimpulse – bei jeder Fahrt. Von einem guten Reifen nimmt man bestenfalls kaum Notiz, er verrichtet zuverlässig seine harte Arbeit. Aber auch der beste Reifen ist irgendwann verschlissen und muss ersetzt werden.
Darauf sollte man beim Kauf von Fahrradreifen achten:
1. Luftdruck
Für das Fahrverhalten eines Fahrrads ist der richtige Luftdruck entscheiden, deshalb sollte er regelmäßig überprüft und angepasst werden. Ist der Druck zu hoch, springt der Reifen, bei zu niedrigem Druck walkt er. Gerade im sportlichen Bereich ist es eine Wissenschaft für sich, den richtigen Reifendruck zu finden. Eine Standpumpe mit präzisem Manometer oder ein externer Reifendruckprüfer können eine sinnvolle Anschaffung sein. Hinweise zum richtigen Druck finden sich bei den meisten Herstellern auf der Flanke des Reifens. Wie Sie Fahrradreifen richtig aufpumpen, lesen Sie hier.
2. Zahlenspiele
Apropos Reifenflanke: Neben der Angabe zur Druckempfehlung, Hersteller- und Produktnamen sowie diversen Hinweisen auf die verwendete Technologie finden sich dort weitere wichtige Angaben wie die Größe in der metrischen ETRTO-Einheit als auch in Zoll. Wer einen verschlissenen Reifen schlicht ersetzen will, kauft am besten einfach dieselbe Größe. So ist sichergestellt, dass der Reifen passt und nirgends schleift. Sportradler, die mit verschiedenen Modellen und Größen experimentieren, sollten sich vorher schlau machen, welche Reifendimensionen in ihr Rad passen. Eine andere wichtige Angabe wird von manchem Hobbyschrauber im Eifer des Reifenwechsel-Gefechts übersehen. Manche Reifen haben ein sogenanntes laufrichtungsgebundenes Profil, sprich: sie haben eine Drehrichtung. Diese ist meist mit einem kleinen Pfeil und dem Wort „Rotation“ auf der Reifenflanke gekennzeichnet.
3. Profil
Bis auf hochspezialisierte Rennradreifen hat eigentlich fast jeder Fahrradreifen ein Profil auf der Lauffläche. Mit geschlossenen Profilen ist man auf festem Untergrund im Vorteil, während Mountainbike-Reifen besser für weichen Untergrund geeignet sind, da sich ihre oft freistehenden Stollen mit dem Untergrund verzahnen. Anders als beim Auto ist beim Fahrrad aber kein Mindestprofil vorgeschrieben. Lediglich bei S‑Pedelecs ist eine Profiltiefe von einem Millimeter vorgeschrieben.
4. Karkasse
Die Karkasse ist das Grundgewebe, das den eigentlichen Reifengummi trägt. Verwendet werden dazu meist Kunstfasern, aber auch Naturfasern wie Baumwolle können zum Einsatz kommen. Die Konstruktion der Karkasse bestimmt maßgeblich die Stabilität des Reifens und somit Eigenschaften wie Fahrsicherheit, Komfort und Pannenschutz.
5. Gummimischung (engl. Compound)
Die Lauffläche eines Fahrradreifens ist aus Gummi. Die richtige Gummimischung hat Einfluss auf Haftung, Rollwiderstand und Verschleiß. Die Hersteller haben hier verschiedene Mischungen für unterschiedliche Einsatzwecke.
6. Rollwiderstand
Für viele Rennradler die wichtigste Frage: Wie leicht rollt der Reifen bzw. wie viele meiner mühsam antrainierten Watt fallen der Reibung zum Opfer? Faktoren für den Rollwiderstand sind das Reifenprofil, die Karkasse und die Gummimischung. Traktion und Pannenschutz spielen ebenfalls eine Rolle. Auch hier kommt es wieder auf den jeweiligen Einsatzweck an, der für einen Mountainbiker beispielsweise anders ist als für einen Rennradfahrer im Wettkampf.
7. Tubeless
Dass im Inneren eines Fahrzeugreifens ein Schlauch steckt, ist keine Selbstverständlichkeit, sondern eher eine Ausnahme. Auto- und Motorradreifen etwa werden ohne Schlauch montiert. Dafür müssen sie so dicht sitzen, dass man sie ohne Spezialmaschinen nicht auf die Felge bekommt. Auch im (sportlichen) Fahrradbereich setzen sich schlauchlose Systeme immer mehr durch, denn die Vorteile bestechen. Durch den geringeren Rollwiderstand und höheren Grip ergibt sich ein besserer Pannenschutz. Gerade Mountainbiker freuen sich über die Möglichkeit, geringere Drücke für mehr Grip zu fahren, ohne den gefürchteten „Snakebite“ im Schlauch zu erleiden, wenn der Schlauch bei einem Durchschlag von den Felgenhörnern beschädigt wird. Die Montage klappt übrigens ohne Spezialmaschinen. Eine Pumpe mit Hochdruckreservoir oder ein externes Druckreservoir sind aber hilfreich.
8. Airless
Über den richtigen Reifendruck müssen sich Nutzer des „Airless“-Systems, bestehend aus Reifen und Füllkern keine Gedanken mehr machen. Bei dieser Weltneuheit aus deutscher Herstellung ersetzt ein Einsatz aus expandiertem, thermoplastischem Polyurethan die Luftfüllung im Schlauch- bzw. Tubeless-Reifen. Der Hersteller verspricht sogar „Nie wieder Aufpumpen“. Da der Rollwiderstand des Systems höher ist als von Schlauch- oder Tubeless-Systemen, empfiehlt sich die neue Technik v. a. auf Kurzstrecken sowie für E‑Biker, Leihradflotten oder Alltagsradler, denen geringstmöglicher Wartungsaufwand besonders wichtig ist.
9. E‑Bike-Reifen
Gewicht und dadurch Beschleunigungs- und Bremskräfte sind bei elektrifizierten Velos in der Regel höher als bei ihren Bio-Kollegen. Deshalb machen sind auch spezielle E‑Bike-Reifen absolut sinnvoll, die extra für die größeren Kräfte konzipiert wurden. Reifen für die schnelleren S‑Pedelecs brauchen zudem die europaweit gültige ECE-R75-Zulassung.
10. Ganzjahres- und Spike-Reifen
Der nächste Winter kommt bestimmt und mit ihm Schnee, Eis und Regen. Spätestens wenn die Menschen ihre Autos auf Winterreifen stellen, dürfen auch Radfahrer sich fragen, ob ihre Bereifung auch „witterungsangepasst“ ist, wie es so schön in der STVO heißt. Hier bieten Ganzjahresreifen eine schnelle und einfache Lösung. Wer häufig auf Eis oder hart verpresstem Schnee fährt, für den empfehlen sich Spikereifen mit kleinen Metallschrauben in der Lauffläche. Diese Spezialisten sind aber nichts mehr für den Ganzjahreseinsatz auf Asphalt und Schotter. Deshalb gilt hier wie beim Auto: nach dem Winter zurückwechseln.