Leicht neigen Erwachsene dazu, mit Kindern nicht über Sterben, Tod und Trauer zu sprechen, weil sie sie nicht belasten möchten. Vielleicht resultiert diese Haltung auch aus eigener Unsicherheit. Doch der Tod ist unausweichlicher Teil des Lebens. Auch unseren Kindern wird er begegnen. Indem wir mit Kindern offen über den Tod sprechen, können wir ihnen wichtige Informationen geben, sie auf Krisen vorbereiten und sie beruhigen.
Im Trauerfall: Nicht schweigen, sondern den Kindern erklären
Grundsätzlich sollten Kinder nicht unterschätzt, sondern nach dem Tod eines Freundes oder Verwandten einbezogen werden. Sie spüren ohnehin, dass etwas Schlimmes passiert ist, selbst wenn die Erwachsenen darüber schweigen. Dies kann sogar zusätzliche Sorgen hervorrufen. Das Unausgesprochene, Unbekannte kann für Kinder jedoch viel schlimmer sein als die Konfrontation mit der Wirklichkeit. Kinder gehen dann in ihrer Fantasie vom Allerschlimmsten aus, stellen falsche Zusammenhänge her und entwickeln Schuldgefühle. Auch fühlen Kinder sich leicht ausgeschlossen und vermissen Nähe und Trost. Weggeschickt zu werden, kann Trennungsängste des Kindes verstärken. Gerade in Krisenzeiten braucht ein Kind den Trost der vertrauten Umgebung und den engen Kontakt zu seiner Familie bzw. zu seinen wichtigen Bezugspersonen.
Allerdings sollte die Ansprache gegenüber Kindern immer ihren Bedürfnissen entsprechen. Diplom-Psychologin Hildegard Willmann erklärt, was Erwachsene beachten sollten, wenn sie Kinder mit dem Tod konfrontieren. Einfühlungsvermögen und Verständnis stehen dabei an erster Stelle, hilfreich sind klare und einfache Worte. Als besonders wichtig empfinden Kinder nach einem Trauerfall Vertrauenspersonen als Ansprechpartner.
Teilnahme an der Beisetzung kann für Kinder hilfreich sein
Den Verstorbenen noch einmal zu sehen oder an einer Beisetzung teilzunehmen, schadet Kindern übrigens nicht. Erfahren sie im Vorfeld, was sie erwartet und entscheiden sich selbst ohne Zwang dafür, kann es wie bei Erwachsenen eine wertvolle Erfahrung für sie sein. Es kann ihnen helfen, die Endgültigkeit des Abschieds zu verstehen und es verhindert, dass sie in ihrer Fantasie verunsichernde Vorstellungen entwickeln („Hat vielleicht ein anderer Toter im Sarg gelegen?“ „War der Opa vielleicht gar nicht wirklich tot?“). Damit Kinder entscheiden können, ob sie das möchten, sollte man sich Zeit nehmen, vorher mit ihnen zu sprechen.
Und vor allem sollte man selbst dazu bereit sein: Die Teilnahme an der Beisetzung kann Kindern helfen, den Tod als Realität anzuerkennen. Sie bietet ihnen die Möglichkeit Abschied zu nehmen, etwas für den Verstorbenen zu tun und sich als Teil einer größeren Gemeinschaft zu erleben. Die Trauer- und Bestattungskultur ist im Wandel und es geht vielen vermehrt um Trost statt um Trauer.
Fünf Tipps vom Experten für Psychotherapie
- Offen sein: „Häufig kommen Kinder mit Fragen zum Tod auf Erwachsene zu, wenn ein Verwandter stirbt. In einigen Fällen tritt der kindliche Wissensdurst aber auch ganz unvermittelt auf. Statt aktiv nach einem Gespräch zu suchen, empfiehlt es sich, genau diese Neugierde aufzugreifen, beispielsweise auch mit der Unterstützung von Kinderbüchern. Selbst wenn der Zeitpunkt ungelegen erscheint, ist es ratsam, auf ihr Interesse einzugehen – ob in der Schlange vor dem Bäcker oder in der großen Familienrunde. Denn in der Regel haben gerade die Jüngeren nur wenige konkrete Fragestellungen, die sie kurz beantwortet haben möchten. Wer das Gefühl hat, sein Kind könnte jedoch noch weiter über das Thema grübeln, sollte es zu einem geeigneten Zeitpunkt noch einmal ansprechen. So merkt der Nachwuchs, dass sein Interesse ernst genommen wird.“
- Ehrlichkeit wahren: „Bei der Beantwortung von Fragen rate ich dazu, nichts übermäßig zu beschönigen, sondern dem Interesse ehrlich zu begegnen. Darüber hinaus ist es wichtig, den Kleinen Raum zu geben, damit sie ihre Gedanken und Gefühle ausdrücken können. Ganz wichtig: aktives Zuhören, ohne zu urteilen.“
- Altersgerechte Erklärungen: „Aussagen wie ‚Oma ist eingeschlafen‘ oder ‚Opa ist für immer von uns gegangen‘ können bei Kindern falsche Vorstellungen wecken. Sie nehmen das Gesagte häufig wörtlich. Eine einfache und klare Sprache, bei der sie nichts falsch verstehen können, eignet sich darum am besten oder auch Beispiele aus der Natur. Eine tote Maus atmet nicht mehr und sie spürt auch nicht, dass sie unter der Erde begraben liegt. Genauso ist es bei uns Menschen auch.“
- Nach dem Tod: „Die Frage, was nach dem Leben kommt, ist eine der größten überhaupt – und sie beschäftigt auch schon die ganz Kleinen. Vor dem gemeinsamen Gespräch lohnt es sich darum, seinen eigenen Standpunkt festzulegen. Wer an ein Leben nach dem Tod glaubt, darf das seinen Kindern natürlich kommunizieren. Allerdings ist es auch wichtig zu erklären, dass niemand mit Sicherheit weiß, was nach dem Leben auf uns wartet. Als bereichernd erweist es sich in der Regel, Kinder gezielt nach ihrer Vorstellung zu fragen und diese auch zu akzeptieren.“
- Abschied nehmen: „Rituale wie das Anzünden einer Kerze oder das gemeinsame Betrachten von Fotos können Kindern helfen, einen Verlust zu verarbeiten. Sofern sie das möchten, sollten sie zudem immer die Möglichkeit bekommen, bei der Beisetzung eines Angehörigen dabei zu sein. Gemeinsam als Familie Abschied zu nehmen und nicht alleine mit seinen Gefühlen zu sein, schafft Sicherheit und gibt den Kleinen einen Rahmen, ihre Emotionen auszudrücken.“