Wenn die Glocke läutet, hat der Ausscheller was zu erzählen – so war das zumindest früher. Gemeindediener, Aushangtafeln, Ortsrufanlagen – bevor das Amtsblatt in den Kommunen zur Norm wurde, gab es in der Vergangenheit unterschiedliche Methoden der Ämter, amtliche Bekanntmachungen zu veröffentlichen. Heute können die Bürger morgens beim Frühstück entspannt die gedruckten „Ortsblättle“ lesen, die zur Verbreitung von Rechtsverordnungen und lokalen Nachrichten vielerorts verteilt werden. Wie ist aber das Amtsblatt an den Frühstückstisch gekommen?
Ausscheller
Noch bis weit ins 20. Jahrhundert zogen sogenannte "Ausscheller" durch die Gemeinden. Diese Gemeindediener waren haupt- oder nebenberuflich Beschäftigte einer Stadt oder Gemeinde, deren Aufgabe die mündliche Verbreitung (Umsage) amtlicher Bekanntmachungen und sonstiger Angelegenheiten in einem Ort war. Um die Bewohner auf sich aufmerksam zu machen, trugen sie meist eine Glocke, weshalb sie in einigen Regionen als Ausrufer oder Ausscheller bezeichnet wurden.
Natürlich gab es Probleme mit dieser Form der amtlichen Bekanntmachung. In der Gemeinde Dielheim sei es im 19. Jahrhundert beispielsweise mehrfach zu Beschwerden seitens der Dorfbewohner gekommen wegen „schlecht verständlichen Ausschellungen“, wie es in der Ortschronik der Gemeinde heißt. Das Bezirksamt sah als Ursache solcher Missstände „die ungeeigneten Bewerber für den Polizeidienerdienst und die schlechte Bezahlung“. Immerhin stellte der Gemeinderat seinem Polizeidiener ab 1878 ein Dienstrad.
Mit der Vergrößerung der Orte um die Jahrhundertwende erhöhte sich die Anzahl der von den Auschellern anzulaufenden Stationen – am mageren Gehalt änderte sich allerdings nichts. Dielheim war dabei kein Einzelfall: Als die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, schafften sie den Polizeidienst 1937 in den kleinen Gemeinden deshalb gänzlich ab, um dem Drama damit ein Ende zu setzen. Auch die Besatzungsmächte nach dem Zweiten Weltkrieg hatten kein Interesse daran, diese aufgrund des Fortschritts der Technologie überholte Form der Bekanntmachung wieder einzuführen. Spätestens in den 1950er Jahren wurde die Aufgabe des Gemeindedieners in vielen Orten Deutschlands überwiegend durch Aushangtafeln, Ortsrufanlagen und Druckschriften übernommen.
Ortsrufanlagen
Mit der Entwicklung der Technologie installierten die Kommunen im 20. Jahrhundert sogenannte Ortsrufanlagen. Die täglich ein- oder mehrmals verkündeten Nachrichten wurden hierbei oft musikalisch eingeleitet. Inhalte der Verlautbarungen waren wichtige Termine des Dorfgeschehens wie Gemeinderatssitzungen, Eheschließungen, Geburten, Todesfälle, Holz- und Obstbaumversteigerung, Impftermine und Fundsachen, aber auch nicht Amtliches wie Vereinsnachrichten oder die Ankündigungen von Dorffesten.
Die Bedeutung nahm in den 60er und 70er Jahren wieder ab, sodass der Betrieb in den meisten Gemeinden eingestellt wurde. Vier Gemeinden aus Baden-Württemberg – Müllheim, Kappelrodeck, Mosbach, Buchen – nutzen den Dorffunk bis heute, gerade zur Corona-Zeit erfolgten in Mosbach amtliche Bekanntmachungen über den Lautsprecher. Letztes Jahr bemühten die Gemeinden sich um eine Aufnahme des Ortsfunks im immateriellen Kulturerbe der UNESCO.
Aushangtafel
In einigen Gemeinden sind sie nach wie vor an zentralen Orten wie dem Rathaus zu finden: die Amtstafeln. Diese Aushangtafeln dienen staatlichen und kommunalen Einrichtungen dabei, öffentliche Mitteilungen der Ämter zu präsentieren. Während traditionelle Tafeln an der Wand nach wie vor genutzt werden, sind Informationen inzwischen auch online verfügbar und somit überregional einsehbar.
Amtstafeln sind eine rechtlich legitimierte Form der ortsüblichen Bekanntmachung. Auf diesen Tafeln werden Beschlüsse des Gemeinderats, Verzeichnisse von Baugenehmigungen, Ankündigungen von Trauungen, behördliche Anweisungen und Nachrufe veröffentlicht. Zudem müssen Gerichte ihre Entscheidungen und Geschäftsverteilungen über die Amtstafel öffentlich machen.
Amtsblatt
Das Amtsblatt ist schon lange die beliebteste Form öffentlicher Verlautbarung. Schon in Preußen veröffentlichten 1811 die Bezirksregierungen wöchentlich ein Amtsblatt, 1819 erschien erstmals die Allgemeine Preußische Staatszeitung als offizielles Verkündungsblatt der preußischen Regierung. Mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 übernahm der Deutsche Reichsanzeiger diese Rolle und fungierte zudem als amtliches Nachrichtenmedium des Deutschen Reiches. Spätestens seit 1949 gibt es in fast jeder Kommune Bestrebungen, ein Amtsblatt herauszubringen.
Laut Artikel 82 des Grundgesetzes sind die unterschiedlichen Ämter nämlich dazu verpflichtet, amtliche Bekanntmachungen zu veröffentlichen. Funktion des Verkündungsverfahrens ist es, der Öffentlichkeit die verlässliche Kenntnisnahme vom geltenden Recht zu ermöglichen. Ohne Bekanntmachung wird eine Rechtsvorschrift nicht wirksam.
Die Bekanntmachungen und Kleinanzeigen in einem Amtsblatt sind oft durch einen redaktionellen Teil ergänzt. Optisch präsentieren sich die Blätter im klassischen Zeitungsformat oder als farbige Magazine. Außerdem sind die Amts- und Gemeindeblätter inzwischen vielerorts neben der traditionellen Printausgabe auch als E-Paper verfügbar – so auch bei Nussbaum Medien, den Besitzern von nussbaum.de.