Mit ihren Weinbergen prägen Winzer und Weingärtner zwischen Tauberfranken und Bodensee nicht allein die Kulturlandschaften im Weinsüden und bereichern das Genießerland Baden-Württemberg. Immer mehr Weingüter arbeiten mit namhaften zeitgenössischen Architekten zusammen, deren Bauten den Weingenuss auch zu einem ästhetischen Erlebnis werden lassen.
► Weine aus Baden-Württemberg: Vielfalt und Qualität im Glas
Eine Auswahl neuer Architektur in den Weinbergen Württembergs und Badens, viele der Gebäude preisgekrönt, stellt die folgende Übersicht vor.
Anbaugebiet Württemberg
Weingut Leiss, Gellmersbach
Helles Eichenholz, Sandstein aus der Region und atemberaubende Ausblicke in die Landschaft prägen das Erscheinungsbild des bei Weinsberg inmitten von Reben gelegenen Weinguts Leiss. Bei der Erweiterung der seit 1959 bestehenden Anlage setzten die Architekten ganz auf zeitgenössische Formensprache und auf eine elegante Verbindung von Innen und Außen. So korrespondiert etwa die roh belassene Oberfläche der horizontal geschichteten Sandsteinplatten bewusst mit der Farbigkeit der Erd- und Gesteinsschichten in den umgebenden Weinbergen. Gelungene Sichtachsen, viel Licht und warme Materialien machen die Verkostungsräume gleichzeitig zu einer der modernsten Besenwirtschaften im Land. Der Erweiterungsbau des Weinguts durch die Architekten Michael Egger und Benjamin Miatto wurde 2013 mit dem Architekturpreis Wein der Architektenkammer Rheinland-Pfalz ausgezeichnet.
Weingut Wilhelm Kern, Kernen-Rommelshausen im Remstal
Dieser Kubus aus Holz und Glas macht Eindruck. Die Fassade aus heimischen Lärchenbrettern steht im Kontrast zu den streng geometrischen Umrissen und entfaltet schon aus der Ferne ihre Wirkung. Seine Leichtigkeit erhält der Bau durch Öffnungen in der Holzverkleidung, deren Umrisse auf die Konturen der umgebenden Weinlandschaft anspielen. Im Innern, das durch einen gläsernen Eingangsbereich erschlossen wird, lädt eine Vinothek zum Verkosten der Weine ein. Der 2012 von den Fellbacher Architekten Alexander Scheel und Hubert Inselbacher realisierte Neubau wurde 2013 vom Deutschen Weininstitut als „Höhepunkt der Weinkultur“ prämiert.
Winzerhof Gierer, Nonnenhorn
Zu den Kuriositäten des Weinbaugebiets Württemberg gehört der Weinbauort Nonnenhorn am Bodensee: Geographisch bereits in Bayern, liegt er weinrechtlich im Anbaugebiet „Württembergischer Bodensee“. Zwischen den Reben oberhalb des Sees liegt der Winzerhof Gierer, der seit rund 300 Jahren bewirtschaftet wird und mit einem modernen Anbau Akzente setzt. Neben Holz und Granit dominiert vor allem Glas die lichte Architektur, die für Verkostungen und als Verkaufsraum genutzt wird. Durch die Glaswände eröffnen sich nicht nur Ausblicke auf Landschaft und Weinberge; ein verglaster Fußboden macht auch die Weinfässer im Keller sichtbar. Der 2008 von den Heilbronner Architekten Franz-Josef Mattes und Stefan Takanori Sekiguchi realisierte Anbau erhielt 2010 den Architekturpreis Wein der Architektenkammer Rheinland-Pfalz. Übrigens: Die imposante Architektur diente schon mal als Drehort und Filmkulisse für eine Tatort-Folge.
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Anbaugebiet Baden
Video: Wein und Architektur im Schwarzwald
Weingut Abril, Vogtsburg-Bischoffingen im Kaiserstuhl
In den Weinbergen rund um den Kaiserstuhl im südlichen Schwarzwald scheint nicht nur die Sonne mehr als anderswo. Auch für Architekten entwickelte sich die Region in den letzten Jahren zu einem Experimentierfeld. Mit seiner kubischen Form und der Fassade aus Stahlplatten hebt sich der Neubau des Weinguts Abril eindrucksvoll von den umgebenden Weinterrassen ab. Ein ornamental verziertes Blechband unterbricht den strengen Minimalismus des vom Rostbraun des Stahls geprägten Baus. Dabei greifen die Verzierungen auf steinzeitliche Keramikfunde zurück, die am Bauplatz entdeckt wurden. Das vom Mannheimer Architekten Alfred Andelfinger entworfene Weingut Abril überzeugte auch die Jury des Architekturpreises Wein 2013 der Architektenkammer Rheinland-Pfalz.
Weingut Holger Koch, Vogtsburg-Bickensohl im Kaiserstuhl
Mit klassischen Formen, die modern interpretiert werden, fügt sich der Neubau des Weinguts Holger Koch harmonisch in die umliegende Bebauung und in die Landschaft des Kaiserstuhls ein. Satteldach, rote Ziegeln und verputzte Fassaden zitieren die regionale Baukultur. Die schlanke, gestreckte Kontur des Baus zeigt sich nicht nur im zeitgenössischen Gewand, sie spielt auch geschickt mit der Lage am Hang: Kellerei und Verkaufsraum nutzen die natürliche Temperierung des Erdgeschosses. Eine steinerne Freitreppe führt zur Terrasse im Obergeschoss und dient gleichzeitig als wertiger Sockel zur Gliederung der Fassade. Von der Qualität des von Detlef Sacker entworfenen Weinguts war auch die Architektenkammer Rheinland-Pfalz begeistert, die es im Rahmen des Architekturpreises Wein 2010 mit einer Auszeichnung prämierte.
Video: In der Terrassenlandschaft – das Weingut "Franz Keller"
Weingut Franz Keller, Vogtsburg-Oberbergen im Kaiserstuhl
Erst 2013 fertiggestellt, unterstreicht auch der Neubau des Weinguts Franz Keller die Offenheit für zeitgenössische Architektur unter den Winzern am Kaiserstuhl. Aus der Ferne lassen sich die drei in den Hang gebauten Stockwerke kaum von den typischen Schichtungen und Terrassen der Kaiserstuhl-Region unterscheiden. Der Freiburger Architekt Michael Gleis ließ den Bau bewusst mit der Landschaft verschmelzen und mit den umgebenden Weinbergen eine Einheit bilden. Hierzu tragen auch die begrünten Dachflächen bei, die fließend in das Grün der Natur übergehen. Besucher erhalten auf den drei Ebenen Einblicke in die Abläufe der Weinproduktion oder genießen vom Restaurant aus den einzigartigen Ausblick auf die Reben.