Eine Wandertour zur „Retterin Hohenzollerns“.

Egal, ob man sich nun für Geschichte, Kultur, Spirituelles oder Natur interessiert, auf diesem Premiumwanderweg im Naturpark Oberes Donautal gibt es alles. Er ist quasi ein Spazierweg durch die Landesgeschichte, von der Steinzeit bis zur Gegenwart. Denn der erratische Block im Scheererhau wurde in der Eiszeit von den Alpen hierhertransportiert. Hier, wo diese Tour startet und endet, ist auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann seit eh und je zuhause – ein Laizer aus tiefer Überzeugung. Doch zurück zur Landesherrin von damals: Die war keine Schwäbin, sie kam nicht mal aus dem (heutigen) Ländle. Sie stammte aus Kirn im Nahetal, also aus der Pfalz, und war das achte Kind einer Familie, die enge Beziehungen zum Hofe des französischen Königs Ludwig XVI. pflegte.

Video: Schöne Impressionen vom Kloster-Felsenweg

Stadtkind mit Fluchtinstinkt

Zu ihrem Pech ehelichte ihr Bruder, Fürst Friedrich III. von Salm-Kyrburg, Johanna Franziska von Hohenzollern-Sigmaringen. Anlässlich der Hochzeit des Paares trachtete man, die Beziehung zwischen den beiden Häusern noch enger zu schmieden, und bei der Feier in Straßburg wurde die Verlobung Amalies mit dem Erbprinzen Anton Aloys aus dem Donautal bekanntgegeben. Ihre neue Heimat sah sie indes erst knapp zwei Jahre nach ihrer Hochzeit – und war schockiert: Paris, wo sie in der Zwischenzeit zum Großteil gelebt hatte, war damals eine Stadt von rund 600 000 Einwohnern, Sigmaringen brachte es grade mal auf rund 1000 Seelen. Kurzum, Langeweile pur in der Provinz. Sie selbst sprach davon, das Dasein im Donautal sei „unerträglich einengend“. Zum Davonlaufen quasi. Und das tat sie denn auch. Als Mann verkleidet, begab sie sich auf die Flucht. Und ließ ihren zehn Wochen alten Sohn Karl zurück.

Block im Scheererhau

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Ein Zeugnis der Riß-Eiszeit: der erratische Block im Scheererhau
Inzigkofener Grotten

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Zurück in die Steinzeit: die Inzigkofener Grotten
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Gut Freund mit dem Kaiser

In Paris, wo ihr Bruder das Hotel de Salm (heute Sitz der französischen Ehrenlegion) erbauen ließ, blühte sie hingegen auf. Sie traf sich mit der Oberschicht des französischen Adels und soll eine Liebschaft mit Alexandre de Beau­harnais gepflegt haben, der kurzzeitig zum Präsidenten der französischen Nationalversammlung avancierte, bevor er von seinen einstigen jakobinischen Revolutionsfreunden unter die Guillotine gelegt wurde – wie Amalies Bruder übrigens.

Amalie überlebte jedoch und hielt enge Kontakte zur Exgattin ihres Geliebten, Josephine Beauharnais. Die hatte derweil einen gewissen Napoleon Bonaparte geehelicht. Was sich als überaus nützlich erweisen sollte. Die Fürstin erreichte beim französischen Kaiser, der sich die Neuordnung Europas aufs Panier geschrieben hatte, dass Hohenzollern, und zwar sowohl die Sigmaringer als auch die Hechinger Linie, weder Württemberg noch Baden zugeschlagen wurde, sondern selbstständig blieb. Daher rührt also der Ehrenname „Retterin Hohenzollerns“.

Ruine Gebrochen Gutenstein

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Wie konnte man da nur leben? Gebrochen Gutenstein gibt dem Wanderer von heute mittelalterliche Rätsel auf.
Teufelsbrücke bei Inzigkofen

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Die Teufelsbrücke bei Inzigkofen
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… und der Ehemann zahlt

Amalie kümmerte sich auch um ihren Sohn. Sie verschaffte ihm eine damals exzellente Partie: Antoinette Murat, ein Mündel der Familie der jüngsten Schwester Napoleons. Zwei Jahre später kehrte sie mit dem jungen Ehepaar an die Donau zurück, zog zunächst nach Schloss Krauchenwies und 1810 dann ins frühere Amtshaus des säkularisierten Klosters Inzigkofen. Ihr Gatte erwies sich trotz ihrer Eskapaden als Gentleman: Er besuchte sie regelmäßig, korrespondierte freundlich mit ihr und zahlte all ihre Rechnungen. ­Noblesse ­oblige halt, an eine Scheidung war damals natürlich nicht zu denken. 1831 starb Anton Aloys. Karl trat seine Nachfolge an. Man sollte Amalie Zephyrine dennoch nicht verurteilen. Ihr ist nämlich unter anderem der im englischen Stil angelegte Landschaftspark zu verdanken, der heute noch einer der Höhepunkte des Kloster-Felsenwegs ist. Dort schlenderte sie über die Teufelsbrücke, die über die „Höll“ genannte Schlucht führt, dort folgte sie durch die Inzigkofer Grotten den Spuren der Steinzeitmenschen, dort genoss sie vom Känzele aus den Blick zum Sonnenuntergang hinter der idyllischen Degernau. All das kann man heute noch erleben. Im einstigen Amtshaus des säkularisierten Stifts Inzigkofen, direkt am Eingang zum Park, residierte Amalie während der Sommermonate und ließ es sich so richtig gut gehen.

Die Donaufelsen-Läufe

Insgesamt fünf Premiumwanderwege sind mittlerweile rund um die ehemalige Fürstenresidenz Sigmaringen entstanden. Außer dem Kloster-Felsenweg sind dies:

Die Witberg-Runde – kurz und nicht allzu schwer. Sie führt vom Wanderparkplatz Sieben Kirschbäume (Navi: Nollhofstraße über rund 6,5 Kilometer etwa zweieinhalb Stunden lang vorwiegend durch Wald, bietet aber immer wieder herrliche Ausblicke ins Laucherttal, unter anderem von der Burg Hertenstein oder dem Nägelesfelsen. Höhenunterschied: 230 Meter.

Die Donaufelsengarten-Runde erfordert ein wenig mehr Puste. Sie startet am Wanderparkplatz Hofstättle (Navi: Bei der Brücke 3, Gutenstein), dauert etwa dreieinhalb Stunden und hält auf 8,5 Kilometern Strecke gut 500 Meter Anstiege bereit. Aber sie bietet auch viel: nicht nur herrliche Ausblicke, sondern auch seltene Pflanzenarten
in Wald und Flur.

Die Bettelküchenfährte (benannt nach einer markanten Felsformation) – an heißen Tagen zu empfehlen. Dann nämlich spenden auf den 10,5 Kilometern Buchenmischwälder reichlich Schatten, bei rund 450 Höhenmetern und rund viereinhalb Stunden Laufzeit ja auch nicht schlecht. Los geht’s am Parkplatz am Schloss (Navi: Grimmenriedweg 6, Gutenstein).

Als am schwersten innerhalb des Wanderquintetts gilt die Tour Wilde Täler – fürstliche Höhen. Aber so wild ist es dann auch wieder nicht. Knapp 13 Kilometer sind in fünfeinhalb Stunden zu schaffen, trotz der 450 Höhenmeter. Nicht zuletzt fasziniert hier die Aussicht auf das Tal der Schmeie. Das Auto am besten am Wanderparkplatz Fürstenhöhe abstellen (Navi: Fürstenhöhe 4, Sigmaringen).

Die Geschichte des Klosters reicht bis Mitte des 14. Jahrhunderts zurück, in strenger Klausur frönte man dort nicht zuletzt der Mystik im christlichen Glauben. An die frommen Frauen erinnert heute noch die wunderschön gestaltete Nonnenempore in der Klosterkirche. Aber die Nonnen vom einstigen Augustiner-Chorfrauenstift waren schon enteignet worden, als Amalie ­Zephyrine noch in Paris weilte. Seit 1948 stehen die einstigen Konventbauten im Dienste der Erwachsenenbildung: Das Volkshochschulheim hat einen exzellenten Ruf und bietet viele interessante Kurse, etwa im Bereich Kreativität. Was den Kloster-Felsenweg anbelangt, so begeistert er indes auch durch Perlen der Natur. So kann sich zum Beispiel die Schmeie genau so Richtung Donau schlängeln, wie ihr gerade zumute ist; der kleine Bach wurde nicht begradigt wie viele andere im Ländle. Nach ein paar Regentagen sucht er sich eben eine Ausweichroute über die Auwiesen. Und wenn mal eine Weide oder ein anderer Baum am Ufer umfällt, dann lässt man ihn halt liegen – urwüchsige Natur, hautnah erleben …

Kirche Laiz

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

In der Kirche in Laiz finden sich noch Reste der Klosterausstattung.
Kloster Laiz

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Eher unscheinbar: das frühere Kloster in Laiz
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Schwindelerregend wohnen

Angesichts der Ruine Gebrochen Gutenstein fragt man sich allerdings, wie dort überhaupt jemand leben konnte. Das Gemäuer auf dem schmalen Felsen hoch über der Donau ist noch heute atemberaubend, aber ein großer Teil davon ist schon vor langer Zeit in die Tiefe gestürzt. Es geht also schwindelerregend zu, dort am südlichen Trauf der Alb. Dennoch sollte man ein Auge haben für die wundervolle Flora an den bizarren Gesteinsformationen, wie zum Beispiel dem Gespaltenen Felsen. Fazit: Für den Kloster-Felsenweg sollte man sich Zeit nehmen. Wer nur durchhastet, verpasst was. Denn auf jedem Kilometer warten Überraschungen, ganz gleich zu welcher Jahreszeit.

Der Kloster-Felsenweg

Start und Ziel: Parkplatz Turnhalle Laiz
Strecke: mit Abstechern zu den Aussichtspunkten knapp 15 km
Gehzeit: rund 5 Stdn.
Höhenunterschied: 555 m
Schwierigkeit: mittelschwer

Tipp: Wer unterwegs einkehren möchte, sollte die Wanderung vielleicht entgegen des Uhrzeigersinns machen. Andersherum kommt nach einer Stunde keine Einkehrmöglichkeit mehr. Rastplätze sind allerdings gut über die ganze Strecke verteilt.

Variante: Am Wanderparkplatz Alte Donau (schon rund 10 Min. nach dem Start) kann man den ausgeschilderten Wanderweg verlassen und zwischen dem Altarm der Donau und dem Abhang wandern. Das ist wesentlich schöner als an der stark befahrenen Straße entlangzuspazieren, kostet kaum Zeit und bietet unterwegs schöne landschaftliche Eindrücke.

Kloster-Felsenweg Wanderkarte

Mein Ländle

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