Wo sagt man Mus und wo Gsälz? Wem schmeckt weißer Käs(e) und wem Bibeleskäs? Wo regiert der Bürgermeister und wo der Schultes? Und was sind bitteschön Rossmucken?  Das und noch vieles mehr haben Professor Dr. Hubert Klausmann und sein Team vom Ludwig-Uhland-Institut der Uni Tübingen im „Kleinen Sprachatlas von Baden-Württemberg“ nach jahrelanger Forschungsarbeit anschaulich zusammengefasst. Erstmalig wurde so die regionale Vielfalt im schwäbisch-alemannischen und fränkischen Sprachraum übersichtlich abgebildet.

Anschaulich abgebildet

Auf über 80 farbigen Karten und Abbildungen zeigen die Sprachforscher, wie der Volksmund redet und machen dabei sowohl liebenswürdige regionale Eigenheiten als auch erstaunliche Gemeinsamkeiten sichtbar. Ganz nebenbei erfährt man auch viel Wissenswertes über die Sprachentwicklung im süddeutschen Raum, über die Verwandtschaft von Dialekten und die Unterschiede. Alle Karten sind in einer allgemein verständlichen Sprache kommentiert und werden durch zahlreiche Wörter aus dem gleichen Themenbereich ergänzt.

Zum Anhören: 45 Lieblings-Dialektwörter aus Baden & Württemberg

Alte Sprachschmuckstücke

Die Themen sind der Alltagssprache entnommen und reichen von „Obst und Gemüse“ bis „Mensch und Gesellschaft“. Ein eigenes Kapitel widmet der Atlas vergangenen Lebenswelten und vergessenen Bezeichnungen. Wer weiß noch, was die Mahd ist? Wo man dabei den Wetzstein aufbewahrte? Oder wie man das abendliche Zusammensein danach nannte?

Erbel oder Brestling?

Am deutlichsten wird die Trennung zwischen Baden und Württemberg wohl am Beispiel der Erdbeere: Während man diese im Norden und entlang des Rheins bei ihrem „hochdeutschen“ Namen oder „Erbel“ nennt, kennt man die süße Gartenfrucht im Osten und der Mitte des Landes als „Brestling“. Erstaunlich auch: In manchen Regionen hat sich die Ananas als Bezeichnung für die Erdbeere durchgesetzt. Warum? Der Atlas verrät die Antwort. Ebenso wie darauf, warum man in manchen nördlichen Landesgegenden Fusch statt Fisch sagt, wo genau im Ländle der Guller kräht und ob die Kuh mit dem Schwanz oder dem Wedel wedelt.

Dialektforscher Prof. Dr. Klausmann im Gespräch mit der Redaktion  

Interview-Audiofile

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Kulinarisches und Historisches

Kulinarisch geht die Reise von Schmures (Marmelade) über Herdapfel (Kartoffel) hin zu Brötle (Weihnachsgebäck), man sollte nur keinen Glutzger (Schluckauf) bekommen. Im Eingangskapitel werden grundsätzliche Themen erörtert, zum Beispiel die Frage nach der Entstehung von Dialektgrenzen, nach dem Verhältnis von Dialekt und Standardsprache oder nach der Veränderlichkeit von Dialekten. Den Abschluss des Buches bildet eine Einführung in die lautlichen und grammatikalischen Besonderheiten des deutschen Südwestens. Ein Register mit den 5000 im Buch besprochenen Dialektwörtern rundet den Atlas ab. Und die Rossmucken? Na ganz einfach: So werden in weiten Teilen Württembergs die Sommersprossen genannt.

Zum Weiterlesen/-hören: Online-Sprachatlas

Wer noch mehr über die Vielfalt der baden-württembergischen Dialekte erfahren will, der kann das mit dem digitalen Sprachatlas BW der Uni Tübingen tun: Mit vielen Hörbeispielen und interaktiven Karten ist der genau das Richtige für Hobby-Sprachforscher und Dialektkundler. Und natürlich gibt's dort auch die Rossmucken zum Anhören.