Bloß keine Zeit verlieren, so lautet die Devise in fast allen Lebensbereichen. Ob bei der Arbeit, beim Einkaufen, in der Mittagspause oder nach Feierabend - stets erntet derjenige besondere Anerkennung, der möglichst viele Sachen nahezu gleichzeitig erledigen kann. Doch Innehalten und bewusstes Genießen bleiben dabei auf der Strecke. Das schadet auf Dauer dem Wohlbefinden.

Digitalisierung, Informationsflut und ständige Erreichbarkeit tragen erheblich zu immer neuen Leistungsanforderungen bei. Der Dauerstress, dem sich viele ausgesetzt sehen, ist alles andere als gesund. Durch die Anspannung werden die Nerven strapaziert. Die andauernde Ausschüttung von Hormonen schwächt das Immunsystem.

Video: Dient Genuss der Gesundheit?

Dennoch sind selbst in der Freizeit und im Urlaub immer mehr Menschen permanent online und haben Mühe, richtig abzuschalten. Denn Stress ist nach wie vor "in". Wer nicht durch das Leben hastet, sondern sich Zeit nimmt, Dinge mit Hingabe oder noch schlimmer mit Genuss tut, wird als langsam, träge oder schlimmstenfalls als unproduktiv und faul deklassiert. Bereits während der Reformationszeit hätten sich gesellschaftliche Widerstände gegen das Genießen gezeigt. Man glaubte, wenn man genießt, arbeitet man nicht.

Auch heute ist lustvolles Erleben häufig nicht vorgesehen. Es gibt Menschen, denen macht das Genießen regelrecht Angst- Für Experten ist Genuss jedoch ein wichtiger Bestandteil der Selbstfürsorge und trägt zur seelischen Balance und damit entscheidend zum Wohlbefinden bei.

Video: Brauchen wir Mut zum Genuss?

Mit allen Sinnen genießen lernen

Statt sich also mit immer neuen Beschäftigungen Ablenkung zu verschaffen, sollte das Genießen wieder neu erlernt werden. Es ist empfehlenswert, für sich zu sorgen, sich selbst eine gute Zeit zu verschaffen und die sinnliche Wahrnehmung zu schärfen.

Heutzutage sind unsere Sinne zunehmend auf das Sehen und Hören beschränkt. Die anderen Sinne werden kaum mehr gefördert. Dabei sind doch gerade sie unendliche Quellen für Genuss. Genuss-Momente sind kleine bewusste Auszeiten von Hektik und Stress, die Sie sich täglich gönnen können. Die Augenblicke verschaffen Freiräume, in denen sich Entschleunigung und positive Gefühle einstellen können. Das ist in allen Lebensbereichen möglich - denn das Angebot für sinnliche Wahrnehmung und Genießen in der Umwelt und im Alltag ist fast unbegrenzt groß.

Video: Wo finden wir eigentlich Genuss?

5 Genuss-Übungen

Schärfen Sie Ihre fünf Sinne - riechen, tasten, schmecken, sehen, hören Sie:

1. Duft-Moment

Fangen Sie mit der Nase an und bieten Sie ihr die Möglichkeit, sich in einen Wohlgeruch zu versenken. Riechen Sie einmal intensiv an einer Rose, einer Tasse Tee oder einer Praline. Lassen Sie den Duft auf sich wirken. Ist er stark oder schwach? Wonach riecht es? Und welche Assoziationen oder Erinnerungen werden in Ihnen geweckt?

Hier lesen Sie mehr über die Wirkung von Düften.

Vater und Sohn kochen, Vater genießt den Duft

AleksandarNakic/iStock/Getty Images Plus

Auch im ganz normalen Alltag bieten sich immer wieder Gelegenheiten, einfach mal kurz innezuhalten und zu genießen - zum Beispiel den Duft des Abendessens, das man gerade kocht.

2. Tast-Erfahrungen

Suchen Sie sich ganz bewusst Gegenstände aus, die Sie interessiert berühren möchten. Schließen Sie vielleicht dabei die Augen. Finden Sie heraus, was sich besonders gut anfühlt und welche Erinnerungen oder positiven Gefühle auftauchen. Nehmen Sie die Unterschiede wahr, zwischen Materialien, die sie gern anfassen und solchen, die Sie nicht so gern berühren.

Das Berühren anderer Menschen ist übrigens auch sehr wichtig für das Wohlbefinden. Und Zärtlichkeit ist auch im Alter wichtig.

3. Seh-Fest

Viele Dinge, die wir täglich sehen, nehmen wir gar nicht mehr wahr. Deshalb versuchen Sie, Bekanntes - beispielsweise auf dem Weg zur Arbeit - ganz bewusst mit den Augen eines Fremden oder eines Kindes zu betrachten. Achten Sie darauf, welche Farben und Formen in Ihnen ein angenehmes Gefühl auslösen. Betrachten Sie Ihre Umwelt fokussiert - beispielsweise durch einen Fotoapparat oder ein Fernglas - und entdecken Sie ganz neue Details.

Wie Sie zu Hause tolle Fotos hinbekommen, lesen Sie hier!

Katze genießt Streicheleinheiten

Suemack/iStock/Thinkstock

Katzen sind wahre Genuss-Meister. Sie genießen aber nicht nur ihre Streicheleinheiten, auch der Mensch kann es genießen, das Fell zu spüren und das Schnurren zu hören.

4. Geschmacks-Erlebnis

Sinnliches Essen und Trinken beginnt schon mit der bewussten Lebensmittelauswahl. Achten Sie auf Farbe, Konsistenz, Frische, Geruch und Aroma der Lebensmittel. Nicht nur bei einem gemütlichen Abendessen mit Freunden, sondern auch im Alltag ist achtsames Genießen möglich. Essen Sie langsam. Konzentrieren Sie sich ganz auf den Geschmack. Welche Begriffe fallen Ihnen ein, um ihn zu beschreiben? Wie erleben Sie den Geschmack?

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Und wussten Sie eigentlich, dass Baden-Württemberg ein Feinschmecker-Paradies ist?

Mehr Anregungen zu Ihrer persönlichen "Geschmacks-Werkstatt" finden Sie auch in diesem Video:

5. Hör-Genuss

Schaffen Sie sich im Alltag genussvolle Hörmomente. Horchen Sie in die Stille hinein. Es lohnt sich, innezuhalten und hinzuhören. Achten Sie jeden Tag nur fünf Minuten auf die angenehmen Geräusche in Ihrer Umgebung. Machen Sie einen Hör-Spaziergang. Gehen Sie ins Freie, nur um zu hören und verweilen Sie dort, wo es für Sie am angenehmsten klingt.

Wenn Ihnen auffällt, dass Sie Hörprobleme haben, suchen Sie einen Hörakustiker auf!

Nehmen Sie sich Zeit für Genuss im Alltag

Ohne Übung und ungeteilte Aufmerksamkeit geht es nicht. Wer sich aber der genussvollen Seite seines Lebens zuwenden möchte, wird bald zahllose Möglichkeiten finden, kleine Genussinseln in seinen Alltag einzubauen. Diese Genüsse streicheln die Seele und sind der Einstieg in ein sinnlicheres Leben.