Die Geschichte von Mensch und Pferd reicht schon mehrere Jahrtausende zurück, die Geschichte des Haut- und Landesgestüts in Marbach in Baden-Württemberg immerhin schon fünfhundert Jahre. Doch auch das ist eine lange Zeit. Die Zuchteinrichtung mit ihrer langen Tradition hat über die Jahrhunderte große Schicksalsschläge und viele Veränderungen miterlebt, die sie zu dem geformt haben, was sie heute ist. Die Geschichte des Gestüts ist eng mit der des Landes verknüpft - von den Anfängen im Herzogtum Württemberg bis heute.
Video: Impressionen des Marbacher Gestüts
500 Jahre Tradition
Heute ist das Haupt- und Landgestüt Marbach mit seiner über 500-jährigen Geschichte das älteste staatliche Gestüt in Deutschland: Eigentümer ist das Land Baden-Württemberg. Es ist auf der ganzen Welt bekannt und viele Pferdeliebhaber kommen extra deshalb auf die Schwäbische Alb. Idyllisch gelegen im Gomadinger Teilort Marbach zwischen Reutlingen und Bad Urach, mit den Höfen in Offenhausen und St. Johann tummeln sich hier 30 Warmblutstuten und 20 Vollblutaraberstuten mit ihrer Nachzucht auf den Wiesen der Alb. Das Gestüt ist ein besonderer Pferdezuchtbetrieb. Unter anderem werden neben den Vollblutarabern und dem Deutschen Sportpferd auch alte Traditionsrassen wie die Schwarzwälder Kaltblüter und Altwürttemberger gezüchtet, die vom Aussterben bedroht sind. So soll das Überleben dieser Pferderassen gesichert bleiben.
Die frühen Jahre
Der legendäre Eberhard im Bart, Graf von Württemberg-Urach und später auch der erste regierende Herzog von Württemberg und Teck, soll das Gestüt in 1491 im benachbarten Oberbach gegründet haben und dort Pferde aus vielen verschiedenen Ländern untergebracht haben. Der früheste bekannte schriftliche Beleg für eine Pferdezucht in Marbach findet sich 1514 während der Herrschaft Herzog Ulrichs (1487- 1550): In einem Verhör gibt ein des Aufruhrs verdächtigter Knecht an, zur fraglichen Zeit auf dem Weg zum „Gestüt seines Herren in Marbach an der Lauter“ gewesen zu sein. Unter Herzog Ludwig (1554 - 1593) wird die Zucht durch den Kauf der damals sehr beliebten Hengste aus Andalusien und Neapel neu ausgerichtet. Eine urkundliche Erwähnung fand das allererste Mal in 1554 statt. Und im 16. Jahrhundert zog das Gestüt nach Marbach um. Der 30-jährige Krieg brachte Tod, Seuchen und Verwüstung auch nach Württemberg: 1635 wüten in Marbach die bayrischen Truppen, Pferde werden Kriegsbeute oder sogar geschlachtet.
Wilhelm I. Friedrich Karl von Württemberg wagte 1817 einen Neuanfang in der Pferdezucht. Marbach wurde zum Landgestüt des Königreichs Württemberg erhoben. Im Reformprogramm zum Wiederaufbau des Landes sollen dort neben Militär-Pferden vor allem Rassen für die Landwirtschaft gezüchtet werden, die für die besonderen klimatischen Bedingungen des Landes geeignet sind.
Schwierige Zeiten
Im Laufe der Jahre war dies nicht leicht, denn durch die Industrielle Revolution und die gegensätzlichen Interessen von Militär und Bauern musste das Marbacher Gestüt sich immer neuen Situationen anpassen. Der größte Zuchterfolg aus Marbach ist das Württembergische Warmblutpferd, das bei den Bauern rasch beliebt wird. Von den zwei Weltkriegen blieb das Gestüt größtenteils verschont, doch die Pferdezucht wurde drastisch eingeschränkt und unter dem Personal gab es viele Tote. Auch auf dem Gestüt werden Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter eingesetzt. Die ab 1940 entwickelten Pläne der Nationalsozialisten, ein zentrales Reichsgestüt mit der Eingliederung aller Landgestüte zu schaffen, bedrohen die Selbstständigkeit Marbachs.
Große Veränderung
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Zucht völlig neu ausgerichtet und auf ein neues, vielseitiges Pferd für Sport und Freizeit spezialisiert. In den 1970ern wurden umfangreiche Pferdesportanlagen gebaut und die ersten Frauen wurden in den Gestütsdienst übernommen. Heute ist Marbach der größte Ausbildungsbetrieb für den Beruf Pferdewirt in Deutschland. Die Auktionen am Hauptgestüt ziehen regelmäßig Interessenten aus Deutschland und dem benachbarten Ausland an. 2014 wurde das 500. Jubiläum des Haupt- und Landgestüts gefeiert.
Attraktionen
Heute ist das Gestüt in Marbach eine denkmalgeschützte Anlage, die für die Öffentlichkeit erhalten bleiben soll. Das Gestüt hält durchschnittlich 570 Pferde, davon sind etwa 330 eigene Pferde. Die bekanntesten Attraktionen im Jahreskalender sind die Auktionen junger Reitpferde, die zentrale Hengstvorstellung im März sowie die großen Hengstparaden im Herbst. In der dreistündigen Parade werden die edelsten Pferde präsentiert.
Nächste Veranstaltungen 2024
21. Juli Tag der Landwirtschaft auf dem Gestütshof
St. Johann
25. Juli – 8. September Tägliche Gestütsführung in den Sommerferien
8. – 11. August Dressurpferde-Festival mit Süddt. Berufschampionat
10. August Trakehner Fohlenchampionat und Stutbucheintragung
03. September Marbacher Herbstturnier der IG Vielseitigkeit
29. September Hengstparade 1 mit Gastland Slowenien
03. Oktober Hengstparade 2 mit Gastland Slowenien
06. Oktober Hengstparade 3 mit Gastland Slowenien
25.-27. Oktober Marbacher Wochenende
26. Oktober – 3. November Tägliche Gestütsführung in den Herbstferien
13.–17. November German Masters mit Marbacher Infostand
15. Dezember Krippenfestspiel Lebendige Bilder
zur Weihnacht mit Weihnachtsmarkt