Klar, Whisky ist das schottische Nationalgetränk. Doch längst ist er auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Gerade in Baden-Württemberg gibt es viele kleine Whisky-Destillerien. Das „Ländle“ ist sozusagen auf den Geschmack gekommen. Doch woher kommt das?
„Es gab in Baden-Württemberg schon immer viele Brennereien. Wir haben hier also seit jeher eine gute Voraussetzung für die Whisky-Produktion“, erklärt Leonard Wilhelm, Gründer und Geschäftsführer der Heckengäu Brennerei in Gechingen. Über 200 Whisky-Brennereien gibt es laut Wilhelm in ganz Deutschland, den Großteil davon im Ländle. „Der Sprung zum Whisky ist für viele Brennereien gar nicht so weit gewesen, weil sie schon oft davor Korn, also Weizen, gebrannt haben“, erklärt er die Vielfalt.
Das Ganze lässt sich auch auf einen Strukturwandel zurückführen: Whisky ist aus Wilhelms Sicht „ein gutes Ergänzungsprodukt“ zu den Obstbränden, die sich für viele Betriebe inzwischen wegen der Discounter-Konkurrenz nicht mehr lohnen. Und Whisky kommt gut an im Ländle. „Man spürt wirklich, wie das Regionale in Baden-Württemberg immer mehr geschätzt wird. Die Qualität und auch die Kreativität steigen Jahr für Jahr. Das macht den deutschen und gerade auch den baden-württembergischen Whisky aus“, meint Wilhelm.
Kommunikative Szene
Ein Vorteil sei, dass die Brennerei-Szene laut Wilhelm untereinander sehr kommunikativ ist. „Man geizt nicht mit seinem Wissen, sondern hilft sich gegenseitig“, erklärt er. Dieser Erfahrungsaustausch fördere auch den Markt, so Wilhelm.
„Der deutsche Whisky-Markt lebt von den vielen kleinen Brennereien“, meint Wilhelm. Dimensionen wie in Schottland gebe es hier zwar nicht, doch gerade die vielen Kleinstbetriebe erzeugen eine ungeheure Vielfalt, da jeder seinen eigenen Stil hat und anders als in Schottland mehr experimentiert wird.
Viele Wege, klare Regeln
Die Wege können also verschieden sein. Regeln gibt es trotzdem. Whisky muss mindestens drei Jahre lang in hölzernen Fässern lagern sowie mindestens 40 Prozent Alkohol enthalten. „Was jünger ist und weniger Alkohol enthält, darf nicht als Whisky bezeichnet werden“, schildert Wilhelm.
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Die Heckengäu-Manufaktur
Leonard Wilhelm hegt seit langem schon eine große Leidenschaft zum Whisky. 2016, nach seinem Studium der BWL in Tübingen, überlegte er, wie es nun weitergehen soll. „Ich saß eines Abends mit meinem Vater zusammen und wir haben Whisky getrunken. Es kam zur Idee, selber einmal Whisky herzustellen, gar nicht beruflich, sondern das einfach nur mal auszuprobieren“, blickt er zurück.
Aus dem Probieren wurde mehr: Im Herbst 2017 wurde die Heckengäu-Brennerei eröffnet. 2020 kam Wilhelms erster Whisky auf den Markt. Daneben entschloss sich der Jungunternehmer auch Gin herustellen. „Das ergänzt sich sehr gut, weil Whisky mindestens drei Jahre reifen muss und Gin quasi nach vier Wochen schon verkaufsfertig ist“, so Wilhelm.
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Genuss-Erlebnis
Doch was gefällt Wilhelm am schottischen Nationalgetränk so sehr? „Anders als Wein, Bier oder andere Spirituosen ist Whisky sehr genügsam. Man braucht nicht viel davon, trinkt sehr langsam und kann das mehr genießen“, meint er. „Er hat einen angenehmen öligen Geschmack, nicht so scharf oder beißend. Man muss ihn auch nicht mischen, er ist sehr ursprünglich“, so Wilhelm weiter.
Sein Unternehmen Heckengäu ist ein klassischer Manufaktur- und Ein-Mann-Betrieb, in dem nur kleine Mengen produziert, aber auch in den Einzelhandel verkauft werden. „Wir machen Verkostungen, Schnapswanderungen und andere Events rund um Whisky und Gin. Wir haben uns dem Genuss verschrieben, der damit einhergeht“, so Wilhelm.
Regional nachhaltig
Der Name Heckengäu war schnell gefunden. „Heckengäu bezeichnet die Landschaft zwischen Stuttgart und Calw“, erzählt Wilhelm, der einen regionalen Bezug für sein Unternehmen suchte. Ohnehin spielen für ihn Regionalität, aber auch Nachhaltigkeit, eine große Rolle. „Wir haben hier eine schöne Natur und Kulturlandschaft. Wir sollten sehen, dass wir diese auch erhalten und weiter pflegen“, meint er.
Wilhelm ermittelte deshalb, wieviel CO2 jeder Arbeitsschritt ausstößt. „Diesen Ausstoß kompensieren wir über ein Humusaufbauprojekt in Hildrizhausen (Landkreis Böblingen, d. Red.)“, so Wilhelm. „Dadurch können die Kunden unsere Produkte zu 100 Prozent klimaneutral kaufen“, versichert er. Zudem werden so viele Zutaten wie möglich regional beschafft.
Brennereiführungen mit Verkostung
An Wochenenden finden bei Heckengäu immer wieder Brennereiführungen statt, mit anschließender Verkostung. „Das ist immer eine sehr gesellige Geschichte“, erklärt Wilhelm.
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Schnapswanderung
Ein weiteres Highlight: Schnapswanderungen. „Jeder bekommt ein Schnapsgläschen und einen Schlüssel für verschiedene Safes, die sich unterwegs befinden. In diesen Safes sind Spirituosen, die man probieren kann. Dabei lernt man auch allerhand über die Region“, erklärt Wilhelm. Außerdem können Lehrgänge gebucht werden. Für einen Tag, von 10 bis 20 Uhr, kann hier bei der Produktion des Whiskys zugeschaut, gefragt und gelernt werden.
Der Hortar Single Malt
Einer der begehrten Whiskys in Wilhelms Sortiment ist der Hortar Single Malt. Benannt ist er nach dem Gau-König Hortar (nähere Infos finden sich am Ende des Artikels). Hier gibt es eine Grundlagerung im frischen Eichenfass und ein Finish im Amarone-Fass. „Die frische Eiche bringt ein sehr intensives Aroma hinein und dadurch, dass wir Gerstenmalz verwenden, haben wir eine ölige Komponente, die schnell mit den Holzaromen angereichert wird, die aber auch ein paar Bitterstoffe mit hineinbringt“, meint Wilhelm. So entsteht ein einzigartiger Geschmack. „Durch das Finish im Amarone-Fass entsteht einfach noch etwas fruchtiges im Aroma. Dabei handelt es sich um Beerenaromen.“
Herstellungsprozess
Doch wie wird Whisky eigentlich genau hergestellt? Zuerst wird Gerstenmalz mit Wasser und Hefe vermengt und so die Maische erzeugt. Das sich lösende Malz wird geschrotet, erhitzt und abgekühlt. Dem Ganzen wird Hefe zugegeben. „Die Hefe kann in der Maische enthaltenen Zucker zu Alkohol vergären. So bekommen wir in der Maische zehn Prozent Alkohol. Dieser Alkohol wird später in der Destillation so weit wie möglich herausgeholt“, erklärt Wilhelm.
Verdünnen, lagern, reifen
Anschließend wird die Maische gebrannt und noch vier mal destilliert. „Daraus bekommen wir ungefähr 100 Liter Feinbrand mit etwa 85 Prozent Alkohol. Der Alkohol wird dann auf 65 Prozent verdünnt“, so Wilhelm. Danach folgen noch Fasslagerung und Reifeprozess.
Wichtig beim Whisky, immer die Überprüfung des Reifegrades. „Alle paar Monate entnimmt man Proben aus den Fässern, um einen Eindruck zu bekommen, in welche Richtung sich der Geschmack entwickelt. Manche Fässer geben schneller Geschmack an den Alkohol ab, manche langsamer“, so Wilhelm, der sich auch jederzeit freut, wenn Interessierte hinter die Kulissen blicken wollen: „Es lohnt sich vorbeizukommen und auch mal andere Sachen zu sehen.“
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Der Gau-König: Hintergrund zum Hortar Single Malt
Der Hortar Single Malt Whisky aus der Heckengäu-Brennerei ist nach dem Gau-König Hortar (gestorben 364 n. Chr.) benannt. „Wir haben versucht, etwas Regionales zu finden, das wir auch mit unserem Produkt verbinden können“, erklärt Wilhelm. Fündig wurde man bei den Alemannen, die früher ganz Baden-Württemberg besiedelt haben und in Grenznachbarschaft zu den Römern lebten. „Da gab es diverse Konflikte, was dazu geführt hat, dass der Gau-König Hortar im römischen Heer als Kommandant gedient hat“, erklärt Wilhelm.