Wohl keine schwäbische Eigenart wird so gehegt und gepflegt und ist gleichzeitig oft willkommener Grund zum Spott über die reinlichen Südländer.
„Wenn das Schild hängt wird geputzt“ – das kennt wohl jede Mietpartei im schwäbischen Mehrfamilienhaus, und die Häuslesbesitzer greifen samstags meist von sich aus zum Besen, um wachsamen Nachbarsaugen vorherzukommen. Der Wochenputz hat hier einfach eine lange Tradition.
Bereits 1492 verordnete Graf Eberhard im Barte für die Stadt Stuttgart: „Damit die Stadt rein erhalten wird, soll jeder seinen Mist alle Wochen hinausführen. (…) Wer kein eigenes Sprechhaus (WC, Anm. d. Red) hat, muss den Unrath jede Nacht an den Bach tragen“.
„Gassensäuberungsverordnung“
1714 kam der nächste Erlass: Dieses Mal von Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg, der im Stuttgarter Stadtrecht eine 30 Punkte umfassenden „Gassensäuberungsverordnung“ erließ. Die Stadt sei reinzuhalten, wobei hauptsächlich die wöchentliche Abfuhr des Mists und der Abtransport von „Unrath“, vor allem von Fäkalien, gemeint war. Diese mussten, wenn keine Grube vorhanden war, jetzt des Nächtens zum Nesenbach getragen werden. Der Hintergrund war jedoch ernst: Seuchen wie Typhus und Cholera sollten so verhindert werden.
1740 wurde die Gassensäuberungsverordnung aktualisiert. Zweimal pro Woche mussten die Bewohner, ohne Unterschied des Standes, die Straßen kehren. Und die Straßen-Polizei-Ordnung von 1811 legte dann fest, dass „niemand von der Verbindlichkeit, vor seinem Haus kehren zu lassen“ ausgenommen sei. Der Hauseigentümer war verpflichtet, „so oft es gefordert ist, vor seinem Haus die Reinigung vorzunehmen“.
Video: Die Kehrwoche - Schwäbische Eigenheit erklärt
Reinigung nur noch bei Bedarf
Das blieb die nächsten 177 Jahre so, bis 1988 der damalige Oberbürgermeister von Stuttgart, Manfred Rommel und der Gemeinderat eine neue Verordnung verabschiedeten. Die verlangte nur noch, dass die Gehwege gereinigt werden, wenn sie verschmutzt sind, also die dem Ermessen unterliegende Reinigung „bei Bedarf“. Die heilige Kehrwoche also abgeschafft? Kein Wunder, dass es zu kontroversen Diskussionen kam. Ein Teil der Stuttgarter Bevölkerung war empört, sah das Stadtbild gar gefährdet.
Und heute?
Zwar ist die Kehrwoche offiziell abgeschafft – der Mietvertrag sieht aber in vielen Fällen die wöchentliche Reinigung weiter vor. Und deshalb heißt es zumindest in Schwaben wohl auch zukünftig jeden Samstag – yes, we kehr!