Wie können wir unseren ökologischen Fußabdruck möglichst klein halten? Diese Frage beschäftigt gerade einen Großteil der Gesellschaft. Damit das Eigenheim aktuellen Standards entspricht, bedarf es vor allem einer durchdachten Dämmung. Gerade bei Bestandsgebäuden gibt es einiges an Nachholbedarf.

Mit gut gedämmten Wänden lässt sich Heizenergie einsparen und dadurch der Ausstoß von Kohlendioxid reduzieren. Seit Jahresbeginn 2020 werden energetische Sanierungen zudem steuerlich gefördert. Wer seine Außenwände mit einer nachträglichen Dämmung versieht, kann die Kosten hierfür bei der Einkommensteuererklärung geltend machen. Bis zu 40.000 Euro Förderung vom Staat sind möglich.

Dämmen mit Glaskugeln

Wer aber sein Haus - ob Bestandsgebäude oder Neubau - mit einer zeitgemäßen Fassadendämmung versehen will, steht vor einer komplexen Aufgabe. Denn neben den reinen Dämmeigenschaften gibt es weitere Faktoren zu beachten. So stehen die Rohstoffressourcen, auf deren Basis die Produkte hergestellt werden, zunehmend im Fokus.

Handwerker dämmen Gebäude mittels Spritzung von winzigen Glaskügelchen

djd/maxit

Das Dämmmaterial lässt sich einfach mit der Putzmaschine auf die Wand spritzen. Verarbeitungsfehler sind daher auch bei unebenen Flächen praktisch ausgeschlossen.

Alternative Wege zeigen, dass es nicht immer ein klassisches Wärmedämmverbundsystem (WDVS) aus konventionellen Dämmmaterialien sein muss: Eine neuartige Lösung bietet etwa die Spritzdämmung ecosphere. Sie besteht zu einem Großteil aus mikroskopisch kleinen Vakuumglaskugeln, die für einen sehr guten Dämmeffekt sorgen - ähnlich einer Thermoskanne. "Da für die Fertigung der Kügelchen sogar Wüstensand verwendet werden kann, ist hier keine Rohstoffknappheit in Sicht", erklärt Friedbert Scharfe, Forschungsleiter beim Hersteller Maxit.

Einfaches Aufbringen des Wärmeschutzes

Ein weiterer Vorteil der ökologischen Fassadendämmung: Das Material ist rein mineralisch und somit nicht brennbar, dafür aber problemlos zu recyceln. An die Wand kommt das Produkt einfach mit der Putzmaschine, was auch Verarbeitungsfehler praktisch ausschließt. Bauherren können sich somit rundum abgesichert fühlen - und zugleich etwas für die Umwelt sowie den eigenen Geldbeutel tun.

Wer steckt hinter der Glaskugel-Dämmung ecosphere?

Verantwortlich für die Idee hinter der "ecosphere"-Dämmung zeichnen die Zukunftspreis-Nominierten Dipl.-Ing. Friedbert Scharfe (Maxit), Prof. Dr.-Ing. Thorsten Gerdes (Universität Bayreuth) und Dr. rer. nat. Klaus Hintzer (Dyneon). Gemeinsam widmeten sie sich der Frage, wie herkömmliche Arten der Gebäudedämmung revolutioniert werden können - und zwar sowohl ökologisch als auch ökonomisch. Denn konventionelle Dämmungen stehen oft in der Kritik: Recycling, Brandschutz, Optik und Flexibilität sowie Energieaufwand in der Herstellung lassen sich oft nicht ideal miteinander vereinbaren.

Die ecosphere Glaskugel-Dämmung genauer erklärt

Mit dem aufspritzbaren System "ecosphere" schuf das nominierte Forscherteam eine völlig neuartige Lösung zur Dämmung von Fassaden. Heruntergebrochen handelt es sich hierbei um einen Trockenmörtel mit hochwärmedämmendem Leichtzuschlag. Das Geheimnis hinter der Wirkweise sind sogenannte "Glass Bubbles", mikroskopisch kleine Glashohlkugeln, die als eben jener Leichtzuschlagsstoff fungieren: Das darin eingeschlossene Teilvakuum ist im Vergleich zu Festkörpern ein schlechter Wärmeleiter und bewirkt den Dämmeffekt.

Prof. Dr.-Ing. Thorsten Gerdes, Dipl.-Ing. Friedbert Scharfe und Dr. rer. nat. Klaus Hintzer

obs/maxit / Dyneon (3M) / Universität Bayreuth/Dt. Zukunftspreis /Ansgar Pudenz

Das Forscherteam - bestehend aus Prof. Dr.-Ing. Thorsten Gerdes, Dipl.-Ing. Friedbert Scharfe und Dr. rer. nat. Klaus Hintzer - schuf eine nachhaltige Lösung zur Wärmedämmung von Gebäuden

Was sind die Vorteile einer Dämmung mit Glaskugeln?

Neben sehr guten Dämmfähigkeiten überzeugt ecosphere mit weiteren vormals unvereinbaren Eigenschaften: So kann der Dämmstoff nach seiner Nutzungsdauer etwa problemlos abgetragen, zermahlen und anschließend im Sinne einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft wiedereingesetzt werden. Seine rein mineralische Beschaffenheit klassifiziert ihn zudem als "nicht brennbar".

Auf dem Weg zum Massenprodukt musste das Forscherteam zunächst mehrere Herausforderungen meistern: Um die Ökobilanz der Dämmung zu verbessern, hat Putz- und Mörtelspezialist Maxit etwa eine spezielle Bindemittelrezeptur entwickelt, die sich durch einen niedrigen CO2-Fußabdruck auszeichnet. Zugleich erfüllt sie höchste Anforderungen an Isolationswirkung, mechanische Eigenschaften und Langzeitstabilität. Eine weitere Herausforderung war die Suche nach geeigneten Glass Bubbles: Denn mit zunehmender Größe der Kugeln wächst zwar deren Dämmleistung, aber auch die Gefahr von Glasbruch im Verarbeitungsprozess.

Schlussendlich konnte der Hersteller 3M Kügelchen mit einem optimalen Eigenschaftsprofil entwickeln, die leistungsstark isolieren, den Verarbeitungsprozess nahezu unbeschadet überstehen und zudem im alkalischen Milieu der Bindemittelmatrix nicht zerstört werden. Teil der universitären Forschungsarbeit war unter anderem die Optimierung der Baustoffzusammensetzung sowie der Verarbeitungseigenschaften: Anders als etwa Dämmstoffe in Plattenform wird ecosphere nämlich nicht an die Wand gedübelt oder gebohrt. Stattdessen lässt sich die zunächst flüssige Dämmung einfach per Putzmaschine aufspritzen - ganz gleich ob innen oder außen an der Wand. Dabei passt sie sich flexibel der vorgegebenen Form an und lässt so Raum für architektonische Besonderheiten, weshalb auch optische Ansprüche problemlos erfüllt werden.

Friedbert Scharfe findet einen Vergleich: "Stellen Sie sich zwei Scheiben Brot vor. Bei einer versuche ich, sie passgenau mit Käsescheiben zu belegen. Die andere Schnitte bestreiche ich mit Schmierkäse. Was bietet wohl das lückenlosere Ergebnis?" Verarbeitungsfehler seien auf diese Weise ebenfalls weitgehend ausgeschlossen, sogar bei unebenem Untergrund. "Damit eignet sich das Produkt beispielsweise auch, um denkmalgeschützte Fassaden in die Neuzeit zu führen", erklärt Scharfe.

Wo bekommt man die Glaskugel-Dämmung?

Fachbetriebe bzw. Experten für Fassaden wie Stuckateur- oder Malermeister beraten gerne umfassend. Hergestellt und vertrieben wird die Glass Bubble-Dämmung von Maxit. Je nach Bundesland - perspektivisch auch international - obliegt die Vermarktung auch dem Joint-Venture-Partner Saint-Gobain Weber (Düsseldorf).

Eine regelrechte Revolution auf dem Bau

Zukunftsweisend ist auch ein weiterer Aspekt der innovativen ecosphere-Dämmung: Bereits jetzt laufen Versuche mit Spritzrobotern, die mittelfristig auf Baustellen zum Einsatz kommen sollen. Dies könnte die körperlich belastende Arbeit des Verputzers revolutionieren und attraktiver machen - ein klarer Pluspunkt angesichts des auch in der Baubranche herrschenden Fachkräftemangels.

Neben einer zügigeren Fertigstellung energieeffizienter Neubauten soll vor allem der Sanierungsstau somit der Vergangenheit angehören: "Das Problem ist häufig nicht die mangelnde Bereitschaft zu sanieren, sondern das Fehlen geeigneter Fachkräfte zur Ausführung. Wenn automatisierte Roboter einen Großteil der Standardarbeit erledigen können, bringt uns das einen ganzen Schritt näher an das Sanierungsziel der Bundesregierung von zwei Prozent im Jahr", gibt Scharfe zu bedenken. "Das veränderte Berufsbild kommt zudem sehr gut an. Die technische Komponente dahinter reizt gerade die junge Generation enorm."

Fazit: Haus mit Glaskugeln dämmen & Klima schützen!

Dass eine deutliche Steigerung der energetischen Sanierungen im Gebäudebestand nötig ist, steht außer Frage: Tatsächlich übertrifft nämlich der Anteil privater Haushalte an direkten und indirekten Treibhausgasemissionen sogar die Anteile aus dem Verkehrsbereich oder der Landwirtschaft. Mit ecosphere zeigt das Forscherteam, was möglich ist, wenn Wissenschaft und Wirtschaft sich zusammentun und die Zukunft gemeinsam gestalten.