Kraichgau das Land der 1.000 Hügel, das Land des Weines, und das Land des Whiskys. Whisky? Ja, zumindest, wenn man nach Rauenberg schaut. Dort bewirtschaftet Jürgen Bender 18 Hektar Weinberge. Eigentlich ist er als Winzer in der Region bekannt, doch neuerdings produziert er hier auch seinen eigenen Whisky.

„Vor zwei Jahren habe ich angefangen“, erzählt er im Gespräch. Die Leidenschaft zum Whisky selbst jedoch ist schon älter. Vor 30 Jahren besuchte er seine Schwester in Schottland, die dort zu der Zeit als Ärztin in einem Highland Krankenhaus gearbeitet hat. „Wer einmal in Schottland war und die Landschaft erlebt hat, der kommt an dem Thema nicht vorbei. Egal wo Sie sind, irgendwo, treffen Sie auf eine Whiskydestillerie. Sie machen eine Besichtigung, sehen den Whisky, riechen ihn, probieren ihn. Seitdem hat mich dieses Getränk nicht mehr losgelassen“, verrät Bender.

Gemeinsam mit seiner Frau sammelt er Whisky-Flaschen, hat über 100 im heimischen Regal stehen, welche auch abends öfter mal probiert werden. Für den Rauenberger Winzer bedeutet das ein Genusserlebnis, genau wie beim Wein. „Mit einem guten Glas Wein kann ich mich ein, zwei Stunden lang beschäftigen, weil ich ihn immer wieder rieche, schmecke und analysiere. Beim Whisky ist es genauso. Das ist die richtige Entspannung nach einem langen Arbeitstag“, erzählt der Winzer.

Mal rund, mal rauchig

Alle 14 Tage muss Jürgen Bender seinen Whisky verkosten, um den Reifegrad in den Fässern zu überprüfen.

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Alle 14 Tage muss Jürgen Bender seinen Whisky verkosten, um den Reifegrad in den Fässern zu überprüfen.
Alle 14 Tage muss Jürgen Bender seinen Whisky verkosten, um den Reifegrad in den Fässern zu überprüfen.

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Alle 14 Tage muss Jürgen Bender seinen Whisky verkosten, um den Reifegrad in den Fässern zu überprüfen.
Alle 14 Tage muss Jürgen Bender seinen Whisky verkosten, um den Reifegrad in den Fässern zu überprüfen.

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Alle 14 Tage muss Jürgen Bender seinen Whisky verkosten, um den Reifegrad in den Fässern zu überprüfen.
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Eine Lieblingssorte hat er nicht. Ähnlich wie beim Wein entscheidet der Anlass, zum Beispiel das jeweilige Essen, welches Exemplar dem Regal entnommen wird. „Der Tag, der mich beeinflusst, mit all seinem Stress und seinen Erlebnissen, beeinflusst auch, welchen Whisky ich abends trinken möchte. Da kann es mal ein runder, ein vanillearoma-geprägter sein oder aber ich möchte einen richtigen ‚Männerwhisky‘, einen brutal rauchigen, torfigen Whisky, der nach Speck, Schinkenschwarte schmeckt“, beschreibt Bender.

Einen guten Whisky zeichnet laut Bender übrigens aus, dass man die besten Rohstoffe verarbeitet, die Braugerste. „Mit der Braugerste sind wir hier im Kraichgau und der Rheinebene verwöhnt. Hier wird schon seit Generationen Braugerste in allerbester Qualität für örtliche Brauereien angebaut. Diese wird sogar bis nach Schottland exportiert“, so Bender.

Winzerkeller

25 Jahre lang war er Geschäftsführer im Winzerkeller in Wiesloch (inzwischen Winzer von Baden), wovon er sich vor ein paar Jahren zurückzog, um mehr Zeit für seinen Weinbaubetrieb zu haben, welchen er inzwischen von drei auf 18 Hektar ausgebaut hat. Es handelt sich damit um einen der größten im Kraichgau. Der Familienbetrieb mit seinen Rebflächen hat eine lange Tradition. Schon seine Eltern bewirtschafteten ihn seit den 1940er Jahren in einer damals üblichen Dreierkombination als Haupterwerbswinzer, Haupterwerbsobstbauern und Rebveredler.

Ein „nervenaufreibendes Geschäft“

Bender selbst studierte Agrarwissenschaften in Hohenheim und im Anschluss Umweltschutz in Nürtingen, bevor er als Agraringenieur zum Winzerkeller kam. „Ich habe alle ‚Annehmlichkeiten‘ im Discount miterleben dürfen. Das ist schon ein extrem nervenaufreibendes Geschäft, mit Aldis und Lidls Verhandlungen zu führen“, blickt er zurück. Doch der Sieben-Tage-Job ließ zu wenig Zeit für seine Weinberge, welche er noch nebenbei bewirtschaftete. „Ich habe dann den Entschluss gefasst, einen Cut zu machen und mich zurückzuziehen“, so Bender.

18 Hektar Rebfläche bewirtschaftet Jürgen Bender in Rauenberg.

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18 Hektar Rebfläche bewirtschaftet Jürgen Bender in Rauenberg.

Von da an lag der volle Fokus neben der Familie nur noch auf dem Winzer- und nun auch Whisky-Geschäft. Jürgen Bender hat einen klassischen Einmannbetrieb. Manchmal, wenn viel zu tun ist, werden aber auch Sohn, Frau und die Neffen eingespannt.

Geduld zahlt sich aus

30 Jahre lang fasziniert ihn das schottische Nationalgetränk schon, doch lange musste er sich gedulden, ehe er seinen eigenen Whisky produzieren durfte. Obstbrände stellt er schon eine ganze Weile her. Ist schließlich die Verarbeitung von Fallobst zu Obstbränden in der Landwirtschaft rechtlich auch erlaubt. Maximal 300 Liter Alkohol dürfen so im Jahr hergestellt werden. Doch bis vor kurzem war es verboten, Getreidestoffe zu brennen. Eine Gesetzesnovelle im Januar 2018 änderte dies.

Der Weg für Benders Leidenschaft war frei. „Ich hab mich intensiv mit Malz beschäftigt, Gerstenmalz, weil ich ausschließlich Single-Malt-Whisky produzieren will, aus reinem Gerstenmalz“, so Bender. Vor eineinhalb Jahren entstand sein erster Whisky. Dieser muss, wie es sich gehört, mindestens drei Jahre in einem Holzfass lagern, damit sich die Aromen entfalten können und er sich Whisky nennen darf.

Reifeprozess überprüfen

Seine Whisky-Fässer bezieht Bender aus Kentucky und Tennessee. Er arbeitet ausschließlich mit amerikanischer Weißeiche. „Die bringt die schönste Vanillenote in den Whisky hinein“, meint der Winzer. Wichtig ist es, den Reifungsprozess regelmäßig zu überprüfen, genau wie beim Wein. Jedes Fass muss mindestens alle 14 Tage verkostet werden, um den Reifungsgrad festzustellen. So kann beispielsweise bei der Entstehung von Bitterstoffen oder dem zu schnellen Reifen reagiert werden, indem der Whisky von einem neuen in ein gebrauchtes Fass umgelagert und der Reifungsprozess so gebremst wird. Denn die gebrauchten Fässer geben nicht mehr so stark Aromen ab.

Die Reben werden bald austreiben.

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Die Reben werden bald austreiben.

Bender ist nicht der Einzige, dem es der Whisky angetan hat. In Deutschland hat sich förmlich ein Whisky Trend in der letzten Jahren entwickelt. Immer mehr Brennereien entstehen, was wohl auch mit der Gesetzesnovelle von 2018 zu tun haben dürfte. So auch bei Jürgen Bender. Der Lockdown kam ihm bei der Produktion weiterer Fässer im vergangenen Jahr zudem paradoxerweise entgegen.

„Zufällig“ ergab sich eine Kooperation mit der Heidelberger Brauerei, wie Bender erläutert: „Die bleiben momentan auch auf vielem sitzen, da Gastronomien dicht und Feste abgesagt sind. Ich habe mir 20.000 Liter Bierwürze von denen brauen lassen und daraus gut 2.000 Liter Whisky gebrannt. Dieses Jahr werde ich weitere 20.000 Liter Bierwürze verarbeiten.“ Doch wie genau wird Whisky eigentlich hergestellt?

Ein langer Prozess

Zunächst müsse man sich bei Mälzereien Gerstenmalz besorgen, so Bender. Das Malz wird trocken gelagert und später mit Hammermühlen zu einer Art Mehl verarbeitet. Diesen Vorgang nennt man Schroten. „Dieses Mehl wird in einem Bottich mit heißem Wasser gemischt und auf 70-80 Grad Celsius erwärmt. Dabei wird die Verzuckerung des Mehls in Gang gesetzt“, verrät Bender. Das ist das sogenannte Maischen, dem anschließend die Fermentation folgt: Nach erfolgreicher Verzuckerung kommt Hefe hinzu und das Ganze wird wie beim Bier vergoren. Dadurch entsteht eine Art Starkbier (8-9 Prozent).

„Im Anschluss muss schnell destilliert werden, um so den Rohwhisky herzustellen, der dann mit weichem Wasser, Härtegrad unter 4, verdünnt wird“, erläutert Bender. Abschließend kommt alles für drei Jahre ins Fass. Für die Verarbeitung der 20.000 Liter Bierwürze und den Brennvorgang hat Bender nach eigener Aussage etwa drei Wochen gebraucht, sieben Tage á 14 Stunden.

Fehlergefahr

Doch bei der Produktion können auch Fehler passieren. Neben dem regelmäßigen Verkosten während des Reifeprozesses ist vor allem die sofortige Verarbeitung der Bierwürze innerhalb weniger Tage wichtig. „Die vergorene Bierwürze ist praktisch Bier ohne Hopfen“, erklärt Bender. Die vergorene Würze ist nicht lange haltbar. „Schnelles, hygienisches Arbeiten ist die Grundvoraussetzung für ein sauberes Destillat“, so Bender weiter.

Hier brennt Jürgen Brender seinen Whisky.

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Hier brennt Jürgen Brender seinen Whisky.

Doch auch bei der Fassauswahl kann man schnell Fehler machen. „Wenn sich in gebrauchten Fässern Bakterien einlagern, wird es nichts. Fasskontrolle vor dem Einlagern spielt eine ganz wichtige Rolle“, betont Bender.

Zukunftsvision

Bender hat große Ziele für die Zukunft. Bis Ende 2022 möchte er seine Brennerei in Rauenberg, nahe der katholischen Kirche, ausbauen und dort eine große Whisky-Destillerie schaffen. So kann er künftig die Bierwürze, „möglichst aus regionaler Gerste und in Bioqualität“, selber brauen. Geplant sind zudem Whisky-Seminare für größere wie kleinere Gruppen. Das Getränk im Rohzustand zu erleben, eine Whiskyprobe zu machen und mit Bender zusammen „live Whisky zu brennen“, darauf dürfen sich die Gäste freuen.

Ein Traum wird wahr

Im Untergeschoss werden die Seminarräume und eine Vinothek entstehen, in welcher neben Whisky auch die eigenen Weine angeboten werden. Im Obergeschoss soll sich das Warehouse befinden, wo die Fässer eingelagert werden. Die Gruppen sollen die Möglichkeit haben, den kompletten Brennvorgang, der bis zu fünf Stunden dauern kann, mitzuerleben. Dabei dürfen sie ihr eigenes 30-Liter Whisky-Fass, das sogenannte Privat-Cask, herstellen. Seinen eigenen, einzigartigen Whisky, mit eigenem Label zu produzieren, davon hat wohl schon so mancher geträumt. Bei Jürgen Bender soll das möglich werden.

„Der Kunde bestimmt vorab, mit welchem Malz gebrannt werden soll, zum Beispiel Pilsner Malz, Rauchmalz, Münchener Malz und so weiter, also ob eher ein rauchiger Whisky oder ein klassischer Whisky mit den Vanillearomen entstehen soll“, verrät Bender. Die Fässer werden anschließend bei ihm für drei Jahre zum Reifen ins Zolllager eingelagert und der Inhalt anschließend auf Halb-Liter-Flaschen abgefüllt.

Weinsaison startet

Neben der Whisky-Herstellung hat Jürgen Bender auch viel auf seinen Rebflächen zu tun. Insgesamt 18 Hektar besitzt er.

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Neben der Whisky-Herstellung hat Jürgen Bender auch viel auf seinen Rebflächen zu tun. Insgesamt 18 Hektar besitzt er.
Neben der Whisky-Herstellung hat Jürgen Bender auch viel auf seinen Rebflächen zu tun. Insgesamt 18 Hektar besitzt er.

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Neben der Whisky-Herstellung hat Jürgen Bender auch viel auf seinen Rebflächen zu tun. Insgesamt 18 Hektar besitzt er.
Neben der Whisky-Herstellung hat Jürgen Bender auch viel auf seinen Rebflächen zu tun. Insgesamt 18 Hektar besitzt er.

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Neben der Whisky-Herstellung hat Jürgen Bender auch viel auf seinen Rebflächen zu tun. Insgesamt 18 Hektar besitzt er.
Neben der Whisky-Herstellung hat Jürgen Bender auch viel auf seinen Rebflächen zu tun. Insgesamt 18 Hektar besitzt er.

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Neben der Whisky-Herstellung hat Jürgen Bender auch viel auf seinen Rebflächen zu tun. Insgesamt 18 Hektar besitzt er.
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Auch einen Namen hat Bender für den eigenen Whisky bereits im Kopf, darf ihn aber noch nicht nennen, da gerade die patentrechtliche Prüfung läuft. Ende 2022 wird der erste Whisky von Bender reif, dann hofft er, auch seine neue Whiskydestillerie nebst Vinothek und Seminarräumen einweihen zu können.

Doch zunächst startet erstmal die Weinsaison. „Als Landwirt geht man mit der Sonne raus und mit dem Sonnenuntergang wieder ins Bett. Wir sind jetzt in der Phase, in der die Reben austreiben.“ Wegen des lang anhaltenden Frostes noch im April treiben die Reben später aus als sonst, doch „sobald sie austreiben ist Laubarbeit gefragt, die Triebe müssen ins Drahtgeflecht eingeflochten werden", erklärt Bender. Die nächsten Monate wird er vor allem mit Vorbereitung der Weinlese zu tun haben. Erst in der „dunklen Jahreszeit“ startet die nächste Whisky-Produktion.

Eine „unheimliche Spannung“ baut sich auf

Das erste Fass Whisky war für Bender etwas Besonderes. „Am Anfang baut sich eine unheimliche Spannung auf, bis der erste Whisky aus der Destillerie kommt. Das waren viele schlaflose Nächte“, blickt Bender zurück. Doch als er feststellte, dass der erste Whisky seinen Vorstellungen entsprach, ist ihm „ein Stein vom Herzen gefallen“. Ähnlich gespannt blickt er schon auf den Moment in gut eineinhalb Jahren, wenn der Whisky aus den ersten Fässern gereift ist.

Bis dahin heißt es noch viel probieren, um den richtigen Reifegrad hinzubekommen. Dabei helfen ihm auch gern sein Sohn Sven und seine Neffen sowie der Rest der Familie. „Da heißt es dann auch mal: ‚Komm Onkel, wir probieren mal ein paar Whiskys durch‘“, schmunzelt Bender. Die Verkostung im Team ist zudem etwas ganz anderes. „Da entstehen unterschiedliche Eindrücke, die sich zu einem Gesamtbild zusammensetzen. So wird man auch mit seinen Entscheidungen deutlich sicherer“, erklärt Bender.