Schon der große deutsche Dichter und Naturforscher Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) wusste: „Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen“. Die heute vorgestellte Radtour kann man auch mit „Der Weg nach Westen“ umschreiben.

Die Tour führt am Kraichbach entlang dieses Mal in die Hardt zum Zielpunkt „Eremitage Waghäusel“. Vom Startpunkt Landshausen oder Menzingen aus sind es rund 33 Kilometer, die man auf gut ausgebauten Radwegen entlang der Straße oder auch durch den Wald zurücklegen kann. Hin- und zurück also maximal 70 Kilometer, die mit dem Zweirad an einem Samstag oder Sonntag mit oder ohne Akku-Unterstützung gut zu bewerkstelligen sind.

Start in Gochsheim

Über Gochsheim und Münzesheim geht es schnurstracks am Bach entlang oder neben der „Entenköpferroute“ nach Unteröwisheim. Ab da wird die Strecke flach und wenn Rückenwind hilft, ist man in Windseile in Ubstadt und Weiher. In Hambrücken angekommen, grüßt in der Ortsmitte die Kirche St. Remigius, auch „Dom der Lußhardt“ genannt. In der Ferne hätte man vor einiger Zeit noch die Kühltürme des Kernkraftwerks Philippsburg oder die Zuckersilos in Waghäusel gesehen, doch diese beiden Landmarken sind inzwischen dem Erdboden gleichgemacht. Bereits in Wiesental gibt es einige sehenswerte Kleindenkmale zu bewundern. 

 Eremitage Waghäusel war früher ein barockes Jagd- und Lustschloss.

Hans-Joachim Of

Eremitage Waghäusel war früher ein barockes Jagd- und Lustschloss.

Kleindenkmale

In Waghäusel angelangt, ist die barocke Schlossanlage mit den Kavalierspavillons in direkter Nachbarschaft von Wallfahrtskirche und Kloster das Ziel. Die Eremitage wurde durch den Speyerer Fürstbischof Damian Hugo Philipp von Schönborn ab 1724 errichtet und war zu früheren Zeiten ein Jagd- oder Lustschloss. 1997 hatte die Südzucker AG das ganze Areal an die Stadt Waghäusel verkauft. Im Laufe der Jahre wurde das Ensemble zu einem echten Schmuckstück ausgebaut und im Vorjahr ein sehenswertes Museum eingeweiht. Walter Heiler, Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Waghäusel in seiner Eröffnungsrede: „Ein Museum ist eine gemeinnützige, auf Dauer angelegte, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zum Zweck des Studiums, der Bildung und des Erlebens materielle sowie immaterielle Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt beschafft, bewahrt, erforscht, bekanntmacht und ausstellt“.

Herkulesaufgabe

Es sei ein langer, anstrengender, oftmals auch beschwerlicher Weg bis heute gewesen, so der Rathauschef, der ausführte, dass man vor fast 25 Jahren nach dem Kauf des 42 Hektar großen, ehemaligen Südzuckergeländes zum symbolischen Preis von einer Mark vor einer Herkulesaufgabe stand. „Wir hatten eine alte Industriebrache mit unzähligen, industriellen Bauten, dazwischen ein ziemlich heruntergekommenes Jagd-Schlösschen, dessen Existenz und kulturelle Bedeutung kaum ein Mensch kannte, sofern er nicht in der Zuckerfabrik arbeitete“. Im Jahre 2001 wurde ein städtebaulicher Ideenwettbewerb ausgeschrieben, der im Bebauungsplan „Gewerbepark Eremitage“ mündete. Aktuell sind laut Heiler 21 Millionen Euro, davon zehn Millionen durch Förderprogramme des Landes, investiert worden. Heute ist die Eremitage „ein ganz besonderer Ort und ein Bauwerk, das nicht nur Zeugnis der Epoche seiner Entstehung und ursprünglichen Nutzung ablegt, sondern die Zeit und Veränderung bis heute konserviert“. Highlight sind vier neu entstandene, interaktive Medienstationen mit spannenden, kulturgeschichtlich bedeutsamen Themen wie „Geschichte der Eremitage“, „Badische Revolution 1848/49“, „Naturschutzgebiet Wagbachniederung“ sowie „Zuckerfabrik Waghäusel“.

Kurator Rolf Heinzmann zeigt den „Struwwelpeter“.

Hans-Joachim Of

Kurator Rolf Heinzmann zeigt den „Struwwelpeter“.

Besondere Architektur

Der sechzehneckige Zentralbau mit vier kreuzförmig angelegten Flügelbauten sowie den drei radial angeordneten Kavaliershäusern zeigen das Ensemble von seiner schönsten Seite. Von der früheren Zuckerfabrik hat eine Direktoren-Villa im Art-Deco-Stil die Zeit überdauert. Im Obergeschoss der Eremitage können am Thema interessierte Besucher*innen seltene und luxuriöse Exponate aus der Zeit als fürstbischöfliches Jagdschloss wie Meißner Porzellan, Spielzeug-Geschirr, Weinkelche oder ein preußisches Schwert aus der „Schlacht von Waghäusel“ im Jahre 1849 bestaunen. Zuletzt sorgten Ausstellungen im Küchenbau mit Illustrationen von Thomas Nast, dem deutschstämmigen Zeichner und Illustrator – Begründer der amerikanischen Karikatur – und die Sonderausstellung „Urväter der Comicszene“ für Aufsehen. „Der Struwwelpeter von Heinrich Hoffmann sowie Max und Moritz von Wilhelm Busch gehören gewissermaßen zum Weltkulturerbe aus dem 19.Jahrhundert.

 Das Eremitage Waghäusel, Küchenbau, ist der Zielpunkt der Tour.

Hans-Joachim Of

Das Eremitage Waghäusel, Küchenbau, ist der Zielpunkt der Tour.

Rad- und Wanderstrecken in und um den Kraichgau

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