In der Natur bzw. in ihrer ursprünglichen Form werden Bäume nicht beschnitten. Abgestorbene Teile fallen mit der Zeit herunter, überlange Äste brechen spätestens durch Windeinwirkung ab. In bebauten Gebieten ist es allerdings keine Option, Bäume schlicht sich selbst zu überlassen. Dies kann schon auf den Umstand, dass Äste in einer Stadt hinsichtlich der Vielzahl von Passanten oder Fahrzeuge nicht einfach herunterfallen können, zurückgeführt werden.

Der Baumschnitt sorgt also in erster Linie für sichere Verhältnisse, es bestehen aber auch weitere Gründe, Bäume zu beschneiden: so kann vor allem eine regelmäßige Kronenpflege Fehlentwicklungen im Wachstum der Bäume korrigieren und spätere, oftmals kostspieligere Maßnahmen verhindern. Die genaue Ausführung ist dabei von verschiedenen Faktoren, u.a. der Baumart, aber auch der jeweiligen rechtlichen Bestimmungen abhängig.

Baumschere am Ast in Blattkrone

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Manche Baumarten brauchen den Schnitt im belaubten Zustand - also "im Saft".

Baumschnitt aus Sicherheitsgründen

Einige Baumarten vertragen eine Einkürzung oder Auslichtung nur schlecht. Die Schnittstelle wird bei diesen Baumarten schlecht abgeschottet, wodurch Pilze und Bakterien in das Holz eindringen können. Dennoch ist es teilweise unabdingbar, dennoch die Säge anzusetzen, z.B. zur Kompensation bei der Verletzung von (Halte-)Wurzeln oder zur Regeneration bei Versorgungsproblemen. Bevor Äste abbrechen und dadurch eine Gefahr für jeden, der sich unter dem Baum aufhält, darstellen, ist ein fachgerechter Baumschnitt durchzuführen.

Extra-Tipp
Geprüfte Baumpfleger führen sowohl Schnittmaßnahmen als auch Fällungen ganzjährig durch, was viele Gartenbesitzer überrascht. Das Bundesnaturschutzgesetzt erlaubt ausdrücklich schonende Eingriffe sowie Maßnahmen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit. Dabei muss mit besonderer Rücksicht auf geschützte Arten vorgegangen werden – eine Vorgabe, die ganzjährig gilt!
(BNatSchG § 39 Abs. 5 und §44 Abs. 1)

Baumschnitt „im Saft“

Je nach Baumart sind dabei verschiedene Zeiträume vorgesehen: bei blutenden Baumarten (z.B. Walnuss, Eschenahorn) empfiehlt sich hinsichtlich der Abschottung gegen Bakterien und Pilze unbedingt ein Schnitt in belaubtem Zustand, wenn der Baum "im Saft" steht. Auch bezüglich der Form der Schnitte sollte auf die jeweiligen arttypischen Anforderungen geachtet werden, um den Baum seinem Habitus entsprechend zu schneiden.

Lichtraumprofil- und  Fassadenfreischnitt

Baumeigentümer sind zudem verpflichtet, die Gehwege und Straßen begehbar bzw. befahrbar zu halten. Das sogenannte Schneiden eines Lichtraumprofils, aber auch der Fassadenfreischnitt, bei dem Äste von Fassaden oder Dächern entfernt werden, sind Maßnahmen, die (in Berlin) in der Regel genehmigungsfrei und jederzeit durchgeführt werden können. Bei allen Schnitten sind allerdings die Bundesnaturschutzgesetze, die ZTV Baumpflege (Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege) sowie die Baumschutzsatzungen oder -verordnungen der jeweiligen Gemeinde zu beachten.

Obstbäume brauchen regelmäßigen Schnitt

Auch Hobbygärtner sollten auf einen regelmäßigen Obstbaumschnitt Wert legen. Wird nur alle paar Jahre stark eingegriffen, wachsen anschließend viele neue Äste und es fehlt dem Gehölz an Kraft für die Blütenbildung. „Die Folge sind stark schwankende Erträge“, erklärt Michael Müller, Gartenbaumeister für Obstbau. Besser ist ein regelmäßiges, leichtes Stutzen zweimal im Jahr. Das Herausschneiden alter Äste beim Winterschnitt vor dem Austrieb dient dazu, die Verjüngung anzuregen. Zudem rät der Experte, im Juli oder August die so genannten Wasserschosse herauszureißen. Diese Äste beschatten die Früchte, wodurch sie weniger Zucker und damit Aroma bilden können. Sonnenlicht und Luft sollten immer bis ins Innere des Baumes vordringen können, da ansonsten Pilzkrankheiten und Schädlinge begünstigt werden. (GMH)

Ziergehölz- und Obstbaumschnitt

Ein korrekter Obstbaumschnitt steigert in erster Linie den Ertrag. Der Schnitt im Frühjahr (bis April) fördert das Wachstum und damit den Umfang der Ernte. Die Entfernung von Totholz und befallener, aber auch alter, blühfauler Äste fördert die Blüten-, und damit die Fruchtbildung. Bei der Ausführung des Schnitts sind auch hierbei insbesondere die arttypischen Eigenschaften der jeweiligen Obstgehölze zu beachten.

Das Beschneiden von Ziergehölzen hat dagegen ein ästhetisches Wuchsbild, beispielsweise einen runden Formschnitt und das Fördern der Blüte zum Ziel. So kann ein Schnitt zum falschen Zeitpunkt die gesamte Blüte zerstören.