Wie kommt man darauf, sich abgewrackte Flugzeugteile zu kaufen und Flugsimulationen anzubieten? „Mein Mann wollte eigentlich Pilot werden, wurde dann aber wegen geringer Übernahmechancen lieber Fluglotse. Als ich ihn kennenlernte, baute er in seinem Keller in Stutensee eine A320 aus Holz nach und schrieb die Software dafür“, erzählt Sylvia Kühnel, mit ihrem Mann Gründerin und Geschäftsführerin des Unternehmens.

Anfang 2009 folgte die Eröffnung des selbst entwickelten A320 Simulators. Ursprünglich als Test-Simulator für die Software gedacht, entwickelte sich dieser schnell zum Highlight für alle, die schon immer einmal selbst ein Flugzeug als Pilot steuern wollten – die Geschäftsidee war geboren. Das älteste Flottenmitglied erforderte 2014 einen Umzug nach Bruchsal: ein Agusta A109 Mk II Hubschrauber. Die Simulationstechnik wurde in die Original-Hülle vor einer 210-Grad-Panorama Leinwand eingebaut. Der ausgediente Rettungshubschrauber war damals für einen Schrottgegenwert von 8.000 Euro zu haben und sah „nicht so schön aus wie jetzt.“ Frisch lackiert und umgebaut, bot er nun eine Alternative zum Airbus.

Nachbau durch echtes Modell ersetzt

2018 wurde der Nachbau des A320 durch ein echtes Modell des A319 ersetzt: das Cockpit von „Cecil the lion“ erstand das Paar in England für 20.000 Euro. „Auch hier bestimmen Angebot und Nachfrage die Preise“, sagt Sylvia Kühnel. Da viele europäischen Airlines von Boeing auf Airbus umgestiegen seien, hätten auch die Preise angezogen. Entsprechend beliebt ist das Modell bei angehenden Piloten, die sich beispielsweise vor der Flugprüfung noch einmal Sicherheit holen wollen; seit Oktober 2022 in Durmersheim, wohin das Unternehmen umgezogen ist.

Die Angebote bei Hangar Süd gliedern sich entsprechend in „Professionals“ und „Fun Flights“. Zudem gibt es seit über 10 Jahren die „Flying Kids“, eine Jugendgruppe, die wöchentlich trainiert. Hier werden junge Piloten in Theorie und Praxis an der zweimotorigen Baron 58 ausgebildet, die nichts für Anfänger sei. „Sie ist ein echtes Biest“, beschreibt Kühnel das Modell. Dafür vermittelt sie die fein-motorische Arbeit eines Piloten ohne viel Computerunterstützung. So können die Flugzeugbegeisterten herausfinden, ob ihr Traumberuf auch wirklich zu ihnen passt – mit Prüfung am Ende des Jahres.

Das Innenleben eines Helikopters: die Agusta A109

Hangar Süd

Im Helikopter geht es schon kuschliger zu, dafür können auch entlegene Bergdörfer angeflogen werden.
Das Innenleben eines Helikopters: die Agusta A109

Hangar Süd

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Erfahrungsbericht

An einem verregneten Freitagnachmittag sitze ich selbst im Cockpit des Airbus 319. Mein Co-Pilot Jonas Baumgartner startet die Triebwerke, „engiens“ nennt er sie. Sie fahren zusammen mit meinem Puls hoch, die Maschinen dröhnen, die letzten Hebel werden gedrückt, die Klappen der Tragflächen ausgefahren. Das Flugzeug ist bereit zum Abheben – aber bin ich das auch? Baumgartner zeigt auf einen kleinen Knüppel auf meiner linken Seite, damit lenke ich das Steuerrad und fahre das Flugzeug auf eine Startbahn des Frankfurter Flughafens. Die Schubhebel in der Mitte der Apparatur sind neben dem Radar das einzige Instrument, das ich aus Filmen kenne. Sie werden ganz nach vorne gedrückt. „Nun auf 130 Knoten beschleunigen und dann mit 30 Grad Steigung nach oben ziehen“, sagt Baumgartner. Ich ziehe einen weiteren Knauf, der ein bisschen wie ein Joystick anmutet, zu mir – und tatsächlich: Wir heben ab! Ich drücke leicht nach links und schon kippt die Simulation hinter den Fenstern langsam mit und es scheint, als fliege man eine Kurve.

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Für Einsteiger und Profis

Ich habe keine Ahnung von Technik und höre bei der Einweisung durch Baumgartner noch viele englische Begriffe. Doch das macht nichts, schließlich sitzt ein echter Profi neben mir. Der 26-Jährige Instructor hat gerade sein duales Studium „Aviaton Management and Piloting“ in Worms abgeschlossen und gehört seit 2018 zum Team von Hangar Süd.

Während Baumgartner erzählt, dass er sich gerade als Pilot bewirbt und am liebsten die A320 fliegen würde, steuern wir diese wieder Richtung Landebahn. Flughöhe langsam verringern, Kurs halten, Fahrwerk ausfahren und dann ist meine erste Flugzeuglandung – etwas holprig – auch schon geschafft. Ein Kinderspiel im Vergleich zum Flug mit einem Helikopter. Das kann ich nun beurteilen, denn es ist nicht mein erster Flug an diesem Tag. Eine halbe Stunde zuvor saß ich bereits in einer echten Agusta A109 mit Blick auf die Berge Eiger, Mönch und Jungfrau. Hier drin ist es naturgemäß viel enger und überschaubarer, dafür verzeiht die Maschine keine Manövrierfehler. Die Rotorblätter werden wie die Umgebung simuliert, sie würden zu viel Platz benötigen. Das vergisst man sofort, sobald man den Hebel links neben sich wie eine Handbremse nach oben zieht, um den Helikopter nach oben zu bringen. Über zwei Pedale an den Füßen und den Steuerknüppel versuche ich den Heli gerade zu halten. Mit viel Hilfe von Baumgartner und nach ein paar Runden über dem Schweizer Grindelwald landen wir schließlich wieder sicher auf einer Wiese.

Schalter und Knöpfe im Airbus 319

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Der Co-Pilot - auch Instructor genannt - startet die Triebwerke und bereitet alles für den Abflug vor.

98-Jähriger ist ältester Kunde

„Wir kriegen alle in die Luft und auch wieder runter“, schmunzelt Kühnel. 90 Prozent der Kunden seien Männer, darunter auch Kinder ab 10 Jahren. Der älteste bisher: 98 Jahre alt. „Im Zweiten Weltkrieg flog er das Vorgängermodell der Baron 58 und konnte hier nochmal angstfrei in Erinnerungen schwelgen.“ Denn auch dieses Modell gehört zur Flotte. In rund einem Jahr soll eine Boeing 737 das Angebot erweitern, der abgeschnittene Rumpf steht bereits in der Halle.

Über 25.000 Flughäfen

„Wir verfügen über 25.000 verschiedene Flughäfen. Hiervon haben wir die beliebtesten sehr detailgetreu, da stimmt alles, bis zum Baum, der irgendwo am Platz steht. Jeder Kunde kann sich selbst aussuchen, wo er fliegen möchte: ob New York, Shanghai oder doch lieber Stuttgart – das spielt für uns keine Rolle“, erklärt Kühnel. „Natürlich haben die Flughäfen ein unterschiedliches Schwierigkeitslevel. Nicht jeder Flughafen verfügt über eine 4.000-Meter-Bahn, die man einfach gerade anfliegen kann. Oft sind die Anflüge deutlich komplexer.“ Bei der Baron und beim Heli setzt man zudem gern auf Regionalität. „Mit den beiden kann man eben auch kleine Flugplätze anfliegen, die man mit dem Airbus nicht erreichen kann. Ob wir dort im Hohen Norden, in der Mitte von Deutschland oder im grünen Süden unterwegs sind, das können wir alles bieten.“ Am schönsten sei es im Schwarzwald und besonders beliebt: „Über das eigene Zuhause fliegen, egal wo das eben liegt.“