Lust hat für den Menschen mehrere Aspekte. Ich möchte drei davon zeigen: Erstens, der Mensch wiederholt, was lustvoll für ihn war. Er stellt sich dieses vor und er erinnert sich an Angenehmes, was er gerne wiederholen möchte. Ich gehe zum Beispiel gerne im See schwimmen, fühle mich anschließend sehr entspannt und schlafe besonders gut. Ich habe große Lust, das zu wiederholen.
Zweitens ist der Mensch verführbar und ablenkbar, wenn er etwas begehrt, das er unbedingt erreichen möchte. Wenn die Lust stark ist, wird manchmal Wichtiges verdrängt oder zurückgestellt. Ich bin zum Beispiel auf dem Weg zum Sport und komme an einem Eiscafé vorbei, in dem eine Freundin arbeitet. Dort gibt es Heidelbergs bestes Eis. Ich halte an, stelle mich in die Schlange, es dauert, aber was tut man nicht alles für diesen Hochgenuss und ein Schwätzchen mit der Freundin. Erst mit dem Eis in der Hand stelle ich entsetzt fest, dass das Fitnessstudio jetzt gleich schließt. Meine ursprüngliche Absicht ging durch die Lust verloren.
Lust als Motivation
Drittens kann die Lust für den Menschen auch sehr motivierend sein. Zum Beispiel hat mein Physiotherapeut sehr effektive Übungen für mich erarbeitet, ich fühle mich frei und beweglich danach. Zu Hause angekommen, beginne ich hochmotiviert zu üben. Ich habe richtig Lust, diese Übungen täglich zu praktizieren. Auf diesen dritten Punkt der Motivation und Lust möchte ich im Weiteren anhand eines Modells zur Verhaltensänderung detaillierter eingehen.
Das Health Action Process Approach Modell (HAPA) wurde 1992 von Prof. Ralf Schwarzer entwickelt und veranschaulicht den Prozess, das eigene Gesundheitsverhalten zu verändern (zum Beispiel wieder ins Fitnessstudio zu gehen). Das Modell zeigt Faktoren auf, welche Menschen daran hindern, Gedanken in die Tat umzusetzen. Man unterscheidet dabei zwischen der motivationalen (Motivationsbildung), der volitionalen (Willensphase) und der aktiven (Handlungs-)Phase. Durch die genaue Analyse des Verhaltens anhand dieser drei Phasen kann man den Patienten in der richtigen Phase abholen und ihm entsprechende Unterstützung zukommen lassen. So soll die Wahrscheinlichkeit zur erfolgreichen Veränderung des eigenen Gesundheitsverhaltens erhöht werden.
Verhaltensveränderung anstreben
Für die erste Phase, die motivationale Phase, ist es entscheidend, eine Absicht zur Verhaltensänderung zu bilden. Dafür muss sich der Mensch den Risiken, die sein Verhalten für seine Gesundheit hat, bewusst werden. Beispielsweise ist es für Menschen mit Arthrose besonders wichtig, in Bewegung zu bleiben, sodass die Durchblutung und der Stoffwechsel angeregt werden und Gelenkflüssigkeit das Gelenk geschmeidiger macht. Nichts zu tun, würde die Beschwerden vermutlich eher verschlechtern. Durch dieses Wissen kann der Mensch die Intention bilden, sein Leben aktiver zu gestalten. In dieser Phase sind Selbsteinschätzungen (zum Beispiel: „Ich schaffe, was ich mir vornehme.“) und die Selbstwirksamkeit (zum Beispiel: „Ich werde auftauchende Schwierigkeiten bewältigen.“) des Menschen ausschlaggebend. Positive und negative Aspekte der Verhaltensänderung müssen abgewogen werden. Überwiegen die positiven Selbsteinschätzungen, ist der nächste Schritt die Planung der Veränderung. Mit Beginn der Planung endet die Phase der Motivation und die Willensphase (volitionale Phase) beginnt. Das gewünschte Verhalten wird genau geplant, beispielsweise im Sinne eines Umsetzungsplanes.
Beim Erstellen des Umsetzungsplanes zeigt der Mensch bereits aktives Verhalten, um sein Ziel zu erreichen. Für beeinflussende Faktoren und Hindernisse wie schlechtes Wetter, Überstunden bei der Arbeit oder Ähnlichem müssen alternative Handlungsmöglichkeiten geplant werden (Bewältigungsplanung). In der aktiven Phase findet die Umsetzung des Plans statt, die Handlung wird reflektiert und gegebenenfalls an die Gegebenheiten angepasst.
Video: Was ist HAPA?
Wie bereits erwähnt, ist es zunächst essenziell zu erkennen, in welcher Phase sich der Patient befindet. Dabei wird erfragt, welche Einstellung der Patient zu der Verhaltensänderung hat und ob er bereits aktiv ist, das heißt, eine Intention gebildet hat. Neue Aktivitäten setzten immer Verhaltensmuster voraus. Therapeut und Patient müssen zunächst eine Vorgehensweise auswählen, welche für den Patienten umsetzbar ist. Ob es zur Umsetzung des Vorhabens kommt, hängt von zwei Faktoren ab: Zum einen von der Wichtigkeit, die der Patient dem Vorhaben (zum Beispiel Übungen zuhause) beimisst, zum anderen von seiner Zuversicht, diese Verhaltensänderung zu schaffen.
Drei Fallbeispiele
Anhand von drei Fallbeispielen aus der Physiotherapie werden die Phasen im Folgenden verdeutlicht. Der erste Patient ist sich unsicher, ob er zuhause Übungen machen möchte und ob diese etwas bewirken. Er befindet sich somit in der motivationalen Phase, denn er hat noch keine richtige Intention gebildet. Hierbei kann der Therapeut ihn unterstützen, indem er über Nutzen und Risiken aufklärt und eine Pro- und Kontra-Liste mit dem Patienten erstellt. Der zweite Patient möchte eigentlich gerne üben, setzt das allerdings nicht kontinuierlich in die Tat um. Er hat die Motivation, es fehlt ihm nur an der Umsetzung. Er benötigt gegebenenfalls noch Unterstützung bei der genauen Planung. Der dritte Patient weiß, dass es sinnvoll ist zu üben, und tut dies auch regelmäßig zu Hause. Er befindet sich in der aktiven Phase.
Durch eine kontinuierliche Reflektion des Verhaltens und anschließender Anpassung des Verhaltens oder Stärkung der Ressourcen bei Bedarf, kann der Therapeut mithilfe des Modells auch in dieser Phase dazu beitragen, langfristig das Ziel zu erreichen. Das Modell stellt nicht nur eine Unterstützung für langfristige Verhaltensänderungen dar, sondern hilft auch, das neue Verhalten aufrecht zu erhalten.
Stadiengercht unterstützen
Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass Menschen bei einer Verhaltensänderung stadiengerecht unterstützt werden,
sollten. Wird dies nicht beachtet, können unterstützende Maßnahmen von Therapeuten oder Trainern ihre Wirkung nicht entfalten. Werden Patienten oder Trainierende individuell unter Beachtung des HAPA-Modells betreut, wird es einfach, die Lust am Training oder Üben zu erhalten.