In den vergangenen 40 Jahren sind Starkregenereignisse weltweit um zehn Prozent wahrscheinlicher geworden. Damit verbunden auch die Bedrohung für Mensch und Eigentum. Die Folgen von großflächigen Überschwemmungen durch Starkregen, wie wir sie im Sommer 2021 in weiten Teilen Westdeutschlands erleben mussten, können verheerend sein.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) spricht von Starkregen ab einer Niederschlagsmenge von 15 bis 25 Litern pro Quadratmeter in einer Stunde. Dann gibt der DWD eine Wetterwarnung aus – beispielsweise über die WarnWetter-App des DWD (→ zum Download hier über den DWD) oder in aktuellen Wettermeldungen über das Radio. Wenn in kürzester Zeit so große Wassermengen fallen, können Boden und Kanalisation sie oft nicht mehr aufnehmen.

Die Folge: Überflutungen von Straßen und Kellern – im schlimmsten Fall dringt das Wasser bis ins Erdgeschoss der Häuser. Betroffen sein kann jeder, auch wenn das Haus abseits von Gewässern steht. „Deshalb ist es wichtig, dass alle Hausbesitzer frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um ihre Immobilie gegen Starkregen zu wappnen und mögliche Schäden abzusichern“, rät Rolf Mertens, Versicherungsexperte von ERGO.

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Architekt Sven Haustein von der Bausparkasse Schwäbisch Hall nennt 5 Faktoren, die für den Schutz von Mensch und Eigentum bei Hochwasser und Überschwemmung wichtig sind. Und dann gibt Rolf Mertens Tipps zum Schutz vor Starkregen und weiß, welche Versicherung im Schadenfall einspringt.

Video vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz u. Katastrophenhilfe: Hochwasser – Wie man Gebäude davor schützt

1. Faktor beim Hochwasser- und Starkregenschutz: Das Grundstück         

Im Idealfall wirkt das eigene Grundstück als schützender Schwamm, der Regen- und Oberflächenwasser an den Hauswänden reduziert. Entscheidend für diese Schutzfunktion sind der Grundwasserspiegel sowie die Beschaffenheit des Bodens. Hinzu kommt die Oberflächengestaltung. Durch sie können Grundstücksbesitzer die Versickerungsfähigkeit ihres Grund und Bodens aktiv unterstützen. „Generell sollte das Gelände vom Haus abfallen“, erklärt Sven Haustein.

„Bei Neubauten empfiehlt es sich daher, eine geschickte Geländemodellierung einzuplanen.“ Bei der konkreten Gestaltung des Gartens sollten Bauherren und Hausbesitzer zudem auf eine ausreichende Durchlässigkeit des Bodens achten, denn „immer mehr Kommunen schreiben heute bei Neubauten eine wasserdurchlässige Oberflächengestaltung vor.“

Grafik - Haus vor Starkregen und Hochwasser schützen

Bausparkasse Schwäbisch Hall

Schutz vor Wasser: Mit diesen Tipps machen Sie Ihr Grundstück und Haus wasserfest.

Diese erreichen Hausbesitzer beispielsweise durch die Verwendung von speziellem Sickerpflaster für Auffahrten und Gehwege. Darüber wird das Regenwasser zunächst gesammelt, bevor es verzögert an den Boden weitergegeben wird. Wasserflächen, wie Teiche, mit angeschlossenem Versickerungsbereich aus Kies nehmen kurzfristig zusätzliches (Regen-) Wasser auf und geben es dann langsam an das Erdreich ab. An heißen Tagen sorgen sie zudem für ein angenehmes Klima.

Haustein kennt noch eine clevere Option: „Statt das Regenwasser direkt in den Boden oder die Kanalisation zu leiten, kann es auch in Regentonnen oder unterirdischen Zisternen gesammelt und zur Bewässerung des Gartens oder für den Haushalt genutzt werden.“

Video vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz u. Katastrophenhilfe: Starkregen - Wie man Gebäude davor schützt

2. Faktor beim Schutz vor Starkregen: Das Dach

Eine große Angriffsfläche für Wasser, zum Beispiel bei Starkregen, bietet das Hausdach. Dächer mit zu geringer Neigung, aber auch Dächer mit vielen Zwischenebenen erschweren den Wasserabfluss und erhöhen so die Gefahr von Feuchtigkeitsschäden am Haus. „Eine allgemein gültige Standardneigung gibt es nicht“, erklärt Haustein.

„Bei Flachdächern ist eine zweiprozentige Neigung ausreichend, bei Ziegeldächern sollten es mindestens 24 Prozent sein.“

Generell empfiehlt es sich, die Regeldachneigung der Hersteller einzuhalten. Zusätzlich sollten Hausbesitzer und Bauherren für ein richtig dimensioniertes Dachentwässerungssystem sorgen. Neben Regen- und Fallrohren, die regelmäßig von Laub befreit werden müssen, trägt auch eine Bepflanzung zu einer entspannten Entwässerung bei. „Eine Dachbegrünung ist durch bauliche Maßnahmen heute bis zu einer 45-prozentigen Dachneigung möglich“, erklärt Haustein. „Die Tragfähigkeit sollte dabei individuell geprüft werden.“

Video: So entlasten Gründächer die Kanalisation bei Starkregen

3. Faktor bei Hochwasser: Die Rohre und Leitungen         

Bei Unwettern mit starken Regenfällen stößt die Kanalisation schnell an ihre Grenzen. Dann kann durch Rückstau Abwasser über das Leitungsnetz in die Gebäude drücken. „Private Abwasserleitungen sollten regelmäßig auf mögliche Schäden überprüft werden“, empfiehlt Haustein. „Durch undichte Stellen kann Grundwasser in die Leitungen eindringen und sie überlasten.“

Um dieser Gefahr vorzubeugen, empfiehlt sich der Einbau einer Abwasserhebeanlage und von Rückstauventilen, die das Zurückfließen von Abwasser aus dem öffentlichen Kanalnetz verhindern.    

Bei Starkregen kommt Wasser aus der Kanalisation nach oben

Bausparkasse Schwäbisch Hall

Starkregen: Große Wassermassen lassen Gullydeckel überlaufen.

4. Faktor beim Schutz des Hauses vor Hochwasser: Der Keller         

Der Keller ist nach Unwettern besonders anfällig für das Eindringen von Wasser. Bestandsbauten können leicht nachgerüstet werden: durch den Einbau druckwasserdichter Kellerfenster. Lichtschächte und Kellereingänge können zudem durch Überdachungen und Aufkantungen geschützt werden. Bei Neubauten steht und fällt der trockene Keller mit der Wahl und Ausführung der Abdichtung.

Eine wasserundurchlässige Beschichtung des unteren Geschosses in Form einer „Schwarzen Wanne“ aus Bitumendickbeschichtung oder einer „Weißen Wanne“ aus wasserundurchlässigem Beton bedeutet zwar zunächst zusätzliche Kosten für den Bauherrn, lohnt sich jedoch auf lange Sicht. „Wer hier spart, riskiert kaum reparierbare Baufehler und daraus resultierende Schäden“, meint Haustein.

Video: Wie kann man sich aus einem überfluteten Keller retten?

5. Faktor bei Hochwasser und Überschwemmung: Der Auftrieb

Nach starken Regenfällen oder heftigen Überschwemmungen besteht außerdem die Gefahr des sogenannten Auftriebs. Dabei drückt das ins Erdreich gesickerte Wasser mit enormer Kraft von unten gegen die Bodenplatte, bis das Haus förmlich aufschwimmt. In solch einer Situation empfiehlt sich als einfachste und kurzfristig wirkungsvollste Maßnahme das Fluten des Kellers.

„Durch die Flutung wird im Gebäudeinneren ein Gegendruck aufgebaut, der die Kräfte, die von außen auf den Keller einwirken, ausgleicht und das Haus insgesamt stabilisiert“, erklärt Sven Haustein. Vor Auftrieb fürchten müssen sich aber die wenigsten Bauherren. In der Regel klärt das geologische Bodengutachten im Vorfeld der Planung, ob dieses Baugrundrisiko mitbedacht werden muss oder nicht.

Hochwasserportal des Landes Baden-Württemberg

Das Hochwasserportal des Landes bündelt Informationen zum Thema Hochwasser und Starkregen, Risiken, Vorsorge und Schadensvermeidung.

Hochwasserportal des Landes

Sturm - ab Windstärke acht wird‘s ernst

Nicht nur Gewitter mit Starkregen und Überschwemmungen werden häufiger, auch Stürme in Orkanstärke nehmen selbst in unseren Breitengraden zu. Das setzt Häusern und besonders Dächern zu.

Ab Windstärke acht - das entspricht 63 Stundenkilometern – sprechen Versicherungen von einem Sturm. Die möglichen Schäden sind vielfältig - sie reichen von abgedeckten Dächern, beschädigten Schornsteinen und Satellitenanlagen bis hin zu entwurzelten Bäumen. Stürme und Tornados sind in Deutschland keine Seltenheit und verursachen verheerende Schäden mit sehr hohen Kosten.

Dachschaden durch umgestürzten Baum

AwakenedEye/iStock/Getty Images Plus

Bei Sturm ist das Hausdach besonders gefährdet

Besonders bedroht von Sturm und Blitz sind das Dach und die Hausfassade. Deshalb ist es wichtig, regelmäßig überprüfen zu lassen, ob das Dach noch intakt ist und einem Sturm standhalten kann. Ein Blitzableiter schützt das Gebäude vor Blitzeinschlägen und muss ebenfalls regelmäßig von einer Fachfirma gewartet werden. Bäume sollten jährlich auf ihre Standfestigkeit überprüft werden, damit bei einem Sturm Menschen nicht gefährdet werden oder der Baum auf das Gebäude stürzt.

Hauseigentümer sollten regelmäßig nach dem Dach schauen

Blitzschutz bei Gewitter

Blitz und Überspannung können Schäden an Immobilien verursachen. Fundamenterder leiten die Spannung ins Erdreich.
Fundamenterder sind heute im Neubau Vorschrift. Sie müssen seit 1980 eingebaut werden und liegen, wie der Name nahelegt, im Bereich des Fundaments. Der Fundamenterder leitet die Spannung bei Blitzeinschlägen im Haus oder in der Nachbarschaft ins Erdreich ab. Fundamenterder sind Teil des elektrischen Schutzsystems eines Hauses und werden nach DIN 18014:2014-3 gebaut.

► Wie man Häuser vor Blitz und Überspannung schützt, erfahren Sie hier

Hageleinschlag mildern

Hagel kann erhebliche Schäden an Gebäuden anrichten, und zwar nicht, nur wenn er senkrecht fällt, sondern auch, wenn die Körner seitlich aufprallen. Sowohl für die Fassade als auch das Dach sollten daher widerstandsfähigere Baustoffe, Bauteile und Einrichtungen verwendet werden. Einen Überblick geeigneter Materialien bietet das Hagelregister. Empfindliche Stellen am Haus sollten gesondert geschützt werden, z. B. mit Abdeckungen, Gittern oder Netzen. Bei Solaranlagen können beispielsweise spezielle Membranschichten die Folgen eines Hageleinschlags mildern. Bauteile müssen gemäß den Angaben des Herstellers regelmäßig gewartet, geprüft und bei Beschädigungen umgehend instandgesetzt oder erneuert werden.

Hagelregister: Es gibt Bauteile und Materialien, die nachweislich gegen die harten Einschläge des Hagels bestehen können. Diese Baustoffe werden ausgiebig geprüft und anschließend in einer Liste veröffentlicht.

Informationen dazu finden Sie hier

Tipps in Kürze

Naht ein Sturm oder ist er bereits im Gange, sollten alle Gefahrenquellen beseitigt werden. Schließen Sie Türen und Fenster, überprüfen Sie Leitungen, Regenrinnen, Abflüsse und den Blitzableiter. Entfernen Sie lose Gegenstände oder Ziegel.

Nach einem Sturm sind ebenfalls einige Dinge zu beachten:

  • den Schaden so gering wie möglich halten, beschädigte Fenster und Dächer abdichten
  • Schäden, die Personen gefährden könnten, beseitigen
  • alle anderen Schäden sollten zunächst vom Versicherungsfachmann begutachtet und deshalb noch nicht weggeräumt werden
  • elektrische Geräte abschalten, falls Wasser ins Haus gedrungen ist
  • den Schaden melden: Versicherungsnummer, was ist beschädigt, in welchem Umfang, erste Einschätzung der Schadenhöhe, ggf. Fotos des Schadens, Telefonnummer für Rückfragen
  • eine Liste der Schäden erstellen

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