Zwischen Schwäbischer Alb und Schwarzwald, zwischen den zwei markantesten Gebieten Baden-Württembergs liegt der schwäbische Landkreis Rottweil. Hüglige Gebirge, herausfordernde Wanderwege, nette Städtchen – das Gebiet befindet sich in einer landschaftlich und kulturell bedeutsamen Region. Bis heute werden hier Traditionen und Bräuche, die teils Jahrhunderte zurückgehen, am Leben gehalten oder wiederbelebt. Althergebrachte Kultur wird hier wertgeschätzt.
Aus einem Protest entstanden
Der Kern des Landkreises geht auf das nach den napoleonischen Kriegen etablierte, württembergische Oberamt Rottweil zurück. Eigentlich sollte auch der Landkreis Rottweil, der während der NS-Zeit festgelegt wurde, 1973 reformiert werden, allerdings gab es dagegen heftige Proteste. Man wollte ursprünglich den Kreis Rottweil komplett auflösen und in den Kreis Villingen einordnen; nach erbitterten Kämpfen und Gründungen wütender Aktionsgemeinschaften, die sich für das Fortbestehen des Landkreises Rottweil einsetzten, gab der Bund jedoch klein bei und dem Gebiet seine jetzige Form. Seine allerletzte Reform erlebte er 2006, als die Gemeinde Tennenbronn eingegliedert wurde.
Als Dreiländerkreis zwischen Schwarzwald, Neckar und Alb steht der Landkreis geradezu sinnbildlich für Baden-Württemberg. Progressiv ist er auch: Im Landkreis wurde schon 1980 eine Erklärung zur Gleichberechtigung formuliert, seitdem existiert eine paritätische Besetzung des Landesvorstands mit Männern und Frauen nach dem Reißverschlussprinzip. Seit 2006 befinden sich knapp über 140.000 Menschen auf 769,43 km² in 21 Gemeinden. Größte Stadt ist das namensgebende Rottweil. Autokennzeichen ist RW.
Der mittlere Schwarzwald
Die Ostabdachung des mittleren Schwarzwalds macht einen großen Teil des Kreisgebiets aus, man befindet sich im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord. Mit Glatt und Schiltach verfügt der Landkreis über zwei Portal-Gemeinden des mit rund 420.000 ha Fläche größten Naturparks Deutschlands. Die dicht bewaldeten Hügel und die ruhigen, idyllischen Täler laden zu einem erholsamen Tag an der frischen Luft ein.
Der Schwarzwald ist eines der letzten wenig zerschnittenen Waldgebiete. Die dichte Flora, dunklen, urwüchsigen Mischwälder mit den charakteristischen Weißtannen beherbergen eine große Vielfalt an typischen Waldtieren. Zahlreiche Outdoor-Aktivitäten wie Wandern, Tourenradfahren oder Mountainbiken machen das vielfältige Gebiet des Naturparks erleb- und erfahrbar.
Schatzkiste für Outdoor-Freaks
Mal wieder einen Ausflug in die Natur nötig? Ein gut beschildertes Wegenetz macht einem diesen Schritt um einiges einfacher. Der schwäbische Albverein und der Schwarzwaldverein stellen Naturliebhabern ruhige Pfade sowie herausfordernde Wanderwege und Fahrradrouten zur Verfügung. Egal ob Tages- oder Halbtagestouren, egal ob Fernwanderung oder kleiner Spaziergang – der Landkreis Rottweil bietet eine große Auswahl aus 37 Wanderungen und 30 Radrouten für jedermann.
Das Rad- und WanderParadies Schwarzwald und Alb ermöglicht einiges. Der Neckarweg, der den Fluss auf rund 445 km von seiner Quelle bis zur Mündung begleitet, führt beispielsweise durch das tief eingeschnittene Tal im Norden des Kreisgebiets. Zwei von drei Schwarzwälder Höhenwegen führen über das Gebiet des Landkreises Rottweil, der Schlichemwanderweg findet sein Ende nahe der Schlichemmündung bei Epfendorf. Auch vereinzelte Jakobuswege sind zu bewandern.
Förderung von Kunst und Kultur
Kunst und Kultur wird im Landkreis Rottweil sehr ernst genommen. Das Aller.Land-Förderprogramm, das von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, des Bundesministeriums für Ernährung und Wirtschaft sowie der Bundeszentrale für politische Bildung getragen wird, richtet sich an ländliche Regionen in Deutschland mit der Intention, Kultur, Beteiligung und Demokratie zu stärken. Der Landkreis bewirbt sich momentan (Stand 2024) auf 1,35 Mio. Euro Fördermittel.
Die Kulturszene des Landkreises ist von öffentlichem wie von privatem Engagement geprägt, die Förderung institutionell verankert. Mit den Fördergeldern sollen Museen wie beispielsweise die Welt der Kristalle in Dietingen, in dem altertümliche Mineralien und funkelnde Edelsteine sowie Fossilien aus aller Welt ausgestellt sind, über Wasser gehalten werden. Auch heimatkundliche Museen wie das Auto- und Uhrenmuseum ErfinderZeiten in Schramberg bleiben bestehen und können weiterhin besucht werden. Hier kann man mehr über die historische Verbindung des Uhrenmachens und der Automobilindustrie, mit einem Fokus auf der Region lernen.
Schwäbisch-Alemannische Fasnacht
Närrische Masken, Schminke und Kostüme – Fasching ist für viele ein beliebtes Fest. Im Landkreis Rottweil befindet man sich im Kerngebiet der schwäbisch-alemannischen Fasnacht. Während sich im 20. Jahrhundert der rheinische Karneval herausgebildet hatte, blieb man im Süden bei den frühneuzeitlichen Traditionen der Fasnacht (oder Fasnet). Im Dezember nahm die UNESCO die Feierlichkeiten auch ins bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes auf.
Der „Schmotzige Dunnschtig“, also der letzte Donnerstag vor Aschermittwoch, leitet das Fest ein. An vielen Orten gibt es lautstarke Feierlichkeiten und traditionelle Umzüge, die Teilnehmer sind normalerweise kostümiert und tragen eine meist aus Holz geschnitzte Maske. Die Trachtenvereine und Narrenzünfte der sogenannten „Narrennester“ halten die teils überkommenen, nahezu vergessenen Bräuche am Leben. In Rottweil gibt es zum Beispiel bis heute die Tradition, dass die Buben in den Gassen mit Fuhrmannspeitschen „klepfen“, in Lauffen gibt es eine sogenannte „Fiaßwäsch“, eine Fußwäsche. In Schramberg findet die originelle „Da-Bach-na-Fahrt“ statt.
Rottweil: Die ehemalige Reichsstadt mit römischen Wurzeln
Rottweil ist eine große Kreisstadt mit knapp über 25.000 Einwohner, die ihre Ursprünge in der römischen Besiedelung des Gebiets findet. Der heutige Name der Stadt (abegeleitet von Rote Will) kann man vermutlich auf die verfallenen, römischen Gebäude aus rotem Stein zurückführen. Die am besten erhaltenen, historischen Bauten stammen aber aus dem 13. Jahrhundert, aus der staufischen Zeit, in der Rottweil eine Reichsstadt und unmittelbares Territorium des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nationen war.
Rottweiler sind wohl jedem ein Begriff – neben der muskulösen Hunderasse gibt es aber auch noch vieles anderes, wofür die mittelgroße Stadt im Süden Deutschlands bekannt ist. Es gibt im Umfeld wahrscheinlich keine Ortschaft mit einem vergleichbar erhaltenen, historischen Kern, die traufständigen Bürgerhäuser und das Fachwerk sind Markenzeichen des Stadtbilds. Das Schwarze Tor, ein Teil der mittelalterlichen Befestigung, ist das Wahrzeichen, Besucher genießen auch gerne die Aussicht vom staufischen Hochturm. Die Stadt liegt zudem an der deutschen Uhrenstraße, einige historische Sonnenuhren und Turmuhren zeigen in der Stadt bis heute die Zeit an.
Seit 2017 besitzt Rottweil einen wahren Touristenmagneten an seinem Stadtrand: den 246 Meter hohen TK-Elevator-Testturm der ThyssenKrupp Elevator AG. Ursprünglich errichtet, um Hochgeschwindigkeitsaufzüge zu testen, lockt er heute unzählige Besucher an, der Touristenansturm soll sich seit der Errichtung vervierfacht haben. Ganz oben begeistert ein spektakulärer Panoramablick über die erstaunliche Landschaft bis zum Schwarzwald, die öffentliche Besucherplattform auf 232 Meter Höhe ist die höchste seiner Art in Deutschland. Die Aussichtsplattform des Berliner Fernsehturms ist zum Vergleich nur 203 Meter hoch.
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Überall historische Architektur
Der Einfluss der Staufer im Mittelalter ist im ganzen Kreisgebiet bemerkbar. Unzählige Überreste einstiger Befestigungen wie beispielsweise die Burgruine Herrenzimmern bei Villingendorf, die Burgruine Albeck bei Sulz oder die Burgruine Wehrstein in der Nähe von Empfingen machen die lange Historik des Kreisgebiets erlebbar. Die Burgruine Falkenstein ist hierbei besonders schön anzusehen, sie gilt als die älteste Burg des Schwarzwalds.
Das Kloster Kirchberg nahe Sulz, ein ehemaliges Dominikanerinnenkloster, bietet heute Raum für geistliche Gemeinschaft, Ruhe und Erholung. Eines der ältesten Renaissance-Schlösser und eines der wenigen erhaltenen Wasserschlösser findet man in Glatt: Das Wasserschloss Glatt steht hier in einem wiederhergestellten Weiher. Heute gibt es insgesamt vier museale Einrichtungen in dem Gebäude, das sich in kommunalem Besitz befindet.
Einige Städte des Landlkreises haben wir bereits porträtiert: