Dieser Artikel stammt von Januar 2021

Die Corona-Verordnungen haben sich seit Ersterstellung dieses Artikels mehrmals geändert und die Schule fand unter verschiedenen Auflagen und Bedingungen wieder statt. Dennoch haben wir uns entschlossen, diese Tipps als historisches Zeugnis für den Verlauf der Corona-Krise stehenzulassen.

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Was hilft Schülerinnen und Schülern, das Lernen im Lockdown zu meistern? Mit dieser Frage beschäftigt sich die fünfte Auswertung der Corona-Zusatzbefragung im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS). Befragungen von 1.452 Eltern während des Lockdowns im Frühjahr 2020 und Kompetenztests und Befragungen aus dem Jahr 2018 liefern Daten, anhand derer der Stellenwert von Lesekompetenz, dem Interesse an den Lerninhalten und der Bereitschaft, sich beim Lernen anzustrengen, analysiert wurde.

Junge beim Lesen ist frustriert

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Wenn Kinder nicht richtig verstehen können, was sie lesen, frustriert sie das.

Wer gut liest, lernt auch zuhause besser

Die Auswertungen der Elternbefragungen zeigen, dass die Kinder mit hoher Lesekompetenz und hoher Anstrengungsbereitschaft besser mit dem Lernen zuhause zurechtkamen – das Interesse an den Lerninhalten spielt dagegen eine geringere Rolle für die Motivation zum Lernen während der Schulschließungen. Der Distanzunterricht kann aber auch eine Chance bieten, das selbstregulierte Lernen zu fördern. Dazu müssen Lehrende verstärkt Methoden nutzen, die individuelle Rückmeldungen erlauben, sagt Prof. Dr. Cordula Artelt, Leiterin des Nationalen Bildungspanels.

Erklärvideo statt Lehrbuch

Motivation zum Lernen zu Hause

Zwei Drittel der Eltern (67 %) hatten Probleme, ihre Kinder beim Distanzunterricht zum Lernen zu motivieren, etwa die Hälfte davon (35 %) fand dies sogar eher oder sehr schwer. Ein deutlicher Unterschied besteht dabei zwischen den Geschlechtern: Eltern gaben für Jungen deutlich häufiger an, dass sie schwieriger zum Lernen zuhause zu motivieren waren als für Mädchen. Das berichten die Eltern von 14-jährigen Schülerinnen und Schülern der achten Klasse während der ersten Phase des Homeschoolings im Frühjahr 2020.

Enkelin und Opa lesen mit Tablet und Zeitung

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Vorbild sein: Wenn in der Familie viel gelesen wird, werden die Kinder von Anfang an damit vertraut gemacht - egal, ob es sich um Papier oder elektronische Medien handelt.

Kombiniert man diese Einschätzung der Eltern mit den Ergebnissen von Kompetenztests, die dieselben Schülerinnen und Schüler anderthalb Jahre zuvor im Rahmen des Nationalen Bildungspanels erbracht haben, zeigt sich: Wer gut liest, lässt sich leichter zum Lernen zuhause motivieren und kam mit der ungewohnten Lernsituation besser zurecht.

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Schriftliche Arbeitsanweisungen bremsen die Lernmotivation

Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass das Lesen von Texten in Schulbüchern, aber auch von Anleitungen und Arbeitsanweisungen beim Lernen zuhause besonders wichtig ist, folgern die Autorinnen des Berichts. Anders als im regulären Präsenzunterricht können Lehrkräfte den Lernstoff und die Aufgaben in vielen Fällen nicht mündlich erklären. Die Fähigkeit schriftliche Texte zu verstehen, wird damit zur zentralen Kompetenz für alle Schulfächer – nicht nur für den Deutschunterricht. Das hat Folgen.

Hauptautorin Dr. Kathrin Lockl, Leiterin des Arbeitsbereichs „Kompetenzen“ am Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi): „Wir vermuten, dass Schülerinnen und Schüler mit geringeren Lesekompetenzen häufiger Verständnisschwierigkeiten haben und manche Aufgabenstellungen weniger gut nachvollziehen können. Solche eher entmutigenden Erfahrungen könnten dann dazu beitragen, dass Schülerinnen und Schüler weniger motiviert sind, ihre Aufgaben zu erledigen.“

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Auswertung "Lernen im Lockdown"

Alle Ergebnisse der Auswertung finden sich im vollständigen Bericht „Lernen im Lockdown: Welche Voraussetzungen helfen Schülerinnen und Schülern während der Schulschließungen?“, der auf www.lifbi.de/Corona mit weiteren Hintergrundinformationen zum Download bereit steht.

Distanzunterricht bietet auch Chancen

Doch Distanzunterricht kann Kindern auch helfen, ihre Kompetenzen zu entwickeln. Prof. Dr. Cordula Artelt, Leiterin des Nationalen Bildungspanels und Direktorin des LIfBi: „Damit Kinder motiviert sind, brauchen sie realistische Ziele und Rückmeldungen. Sie müssen sich als kompetent und autonom erleben. Eigentlich eignet sich das Lernen auf Distanz wunderbar dazu, selbstreguliertes Lernen zu fördern, aber es muss eine gute Mischung aus selbstständigen und angeleiteten Phasen geben.“

Wird Distanzunterricht nur als die Übermittlung von Aufgaben verstanden, besteht die Gefahr, dass Kinder zu wenig Rückmeldung erhalten und gerade diejenigen, die ohnehin Motivationsschwierigkeiten haben, abgehängt werden. Die bisherigen Auswertungen der Zusatzbefragung des Nationalen Bildungspanels legen nahe, dass dies im ersten Lockdown oft der Fall war.

Mädchen sitzt am Fenster und liest ein Buch

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Ein gedrucktes Buch kann eine willkommen Abwechslung zum Distanzlernen mit elektronischen Medien darstellen und ist eine schöne Freizeitbeschäftigung, wenn man zu Hause bleiben muss.

Bildungsforscherin Artelt empfiehlt Lehrerinnen und Lehrern deshalb unbedingt, individuelle Elemente zukünftig in den Distanzunterricht einzubauen, zum Beispiel durch persönliche Sprechstunden, Videokonferenzen oder interaktive Aufgaben. Es gibt auch viele Apps, mit denen Kinder spielerisch Mathe oder Fremdsprachen lernen können.

Apps zum Lernen

Klar sei auch: Eltern können diese didaktisch-pädagogische Begleitung nicht ersetzen. Was Eltern hingegen von den Schulen brauchen, ist neben Planbarkeit des Homeschoolings auch Transparenz, was im Fernunterricht erwartet wird und was die Kinder in dieser Zeit leisten sollen.

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