Jeder von uns hat sicherlich schon einmal einen verlassenen Ort gesehen, sei es im Urlaub, bei einem Spaziergang oder einem Ausflug. „Lost Places“ finden sich überall auf der Welt, es gibt herrliche Bildbände von Industriebrachen oder heruntergekommenen Schlössern, in denen schon lange kein Adliger mehr wohnt. Die verlassenen Orte beschreiben Geschichten, die es gilt zu recherchieren und lebendig werden zu lassen. So wie der Digital Artist und Fotograf Markus Zabel schon seit vielen Jahren versucht, mit der Kamera eben diese Plätze ins „recht Licht zu rücken“.

Facetten des Verfalls

In seinem aktuell im Silberburg erschienenen Bildband präsentiert Zabel 120 brillante Aufnahmen von Örtlichkeiten, die alle in der Kurpfalz zu finden sind. Je länger ein Lost Place in Vergessenheit geraten ist, desto mehr Facetten des Verfalls bieten sich dem Betrachter. Wie Zabel selbst in dem Bildband beschreibt, ist sein Ziel „so viel wie möglich über die Gebäude erfahren, ihre Geschichte verstehen, nachvollziehen und in meinen Bildern wieder aufleben zu lassen. Das Verlassene hat durchaus seine anziehenden Seiten, ob altes Sanatorium, Villa oder Familienhaus oder verlassenes Hotel. Alle Objekte haben ihren eigenen Charme, der sich in der Architektur, dem Interieur oder ihrer Chronik widerspiegelt“.

Relikte aus alter Zeit

Da findet sich zum Beispiel das ehemalige Kreisaltenheim, welches nach dem Umzug der einstigen Bewohner in ein neues Haus seit vielen Jahren leer steht und bislang keiner neuen Nutzung zugeführt wurde. Längst wuchert das Efeu um das Haus, doch im Inneren sind Relikte aus alten Tagen gut sichtbar - wie etwa das Harmonium, mit dem die Senioren musikalisch unterhalten wurden.

Besonders interessant mutet die „vergessene Pension“ an, deren Innenausstattung den Charme der 1970er Jahre spiegelt. Seit mehr als 20 Jahren steht die Herberge leer, schaut man auf Zabels Fotografien, könnte man annehmen, der nächste Gast kommt gleich zum Frühstück an die gedeckten Tische oder legt sich ins gemachte Bett.

Markus Zabel: Lost Places in der Kurpfalz

chs

Die morbiden Orte wirken dank der Perspenktiven und Blicke Zabels wieder lebendig.

Industriedenkmal

Auch in Schwetzingen wurde Markus Zabel fündig. Dort stehen nämlich die Überreste des ehemaligen Ausbesserungswerks, in dessen Hochzeiten bis zu 1000 Menschen Dampflokomotiven und Güterwagen repariert und gewartet haben. Doch schon in den 1970er Jahren wurde die Arbeitsleistung des Werks stark abgesenkt, die endgültige Schließung erfolgte im Dezember 1989. Das Verwaltungsgebäude wurde mittlerweile abgerissen, die denkmalgeschützte Wagenrichthalle sowie das Pförtnerhaus verfallen zusehends. Die Natur holt sich Schritt für Schritt dieses Stück Industriegeschichte zurück. Aus den Dachgiebeln wachsen kleine bis mittelgroße Bäume,  Vögel nisten in den Fensterrahmen. Zabel hat den morbiden Charakter sepiafarben festgehalten und damit die Sterblichkeit des Gebäudes noch sichtbarer gemacht.

Anonym

Der „Liebhaber verlassener Mauern“ hat in seinem neuesten Bildband „Lost Places in der Kurpfalz“ insgesamt 18 Örtlichkeiten in den Fokus gerückt, die meisten davon natürlich, wie in der Lost Places-Szene üblich, anonym und ohne Angabe des Ortes. Denn wie Zabel selbst beschreibt, „sei es nur eine Frage der Zeit, bis sich dort Diebe, Vandalen oder Chaoten einfinden und die Lost Places mutwillig zerstört werden.“ Denn eines ist für den Autor auch eine klare Botschaft: „Es liegt in unserer Hand, diese Orte zu schützen“.