Drollige Äffchen, stattliche Elefanten, majestätische Schneeleoparden - für viele Tierfans ist die Wilhelma Stuttgart ein beliebtes Ausflugsziel. Mit mehr als 11.000 Tieren aus etwa 1200 Arten ist der Zoologisch-Botanische Garten in Stuttgart weltweit einer der artenreichsten Zoos. Zu den Tieren kommen noch ungefähr 8.500 Pflanzenarten und -sorten im historischen Park und in den Gewächshäusern.

Besucher als Unterstützer

Was vielen Tier- und Pflanzenfreunden aber verborgen bleibt oder nur bei genauem Hinsehen deutlich wird: Die Wilhelma züchtet nicht nur bedrohte Arten, sondern setzt sich auch weltweit dafür ein, dass deren Artgenossen in ihren ursprünglichen Lebensräumen geholfen wird. Deshalb hat sie seit einigen Jahren ihre Anstrengungen für den Artenschutz deutlich verstärkt – und die Besucher helfen mit. Auf dem Gelände informieren Infotafeln und ein eigens aufgelegter Flyer über einzelne Projekte, zusätzlich sind Spendenkässchen aufgestellt. Zudem greifen die meisten Gäste beim Eintritt für den so genannten Artenschutz-Euro freiwillig etwas tiefer in die Tasche. Mit dem zusätzlichen Geld unterstützt die Wilhelma inzwischen weltweit mehr als 20 Artenschutzprojekte.

Wilhelma Stuttgart: Baustelle Australienhaus

Knitter

Down under am Neckar: Die Arbeiten am Australienhaus schreiten voran.

„Es ist großartig, wie unsere Gäste dieses Engagement für den Artenschutz mittragen“, sagt Dr. Thomas Kölpin, der Direktor des Zoologisch-Botanischen Gartens. Laut Miriam Wüst, der stellvertretenden Leiterin der Abteilung Umweltbildung und Artenschutz flossen bis heute rund 2,3 Million Euro an weltweit gut ein Dutzend Organisationen, die sich mit verschiedenen Projekten für den Artenschutz vor Ort einsetzen.

Wilhelma: Flachlandgorilla

Wilhelma/Knitter

Affenstark ...Silberrücken Kibo hat ein sonniges Gemüt, auch wenn er vielleicht mal grimmig aussieht. Auch die Westlichen Flachlandgorillas sind in ihrer Heimat stark bedroht, in der Wilhelma wird die Art erhalten.

Hunde zum Artenschutz

Eines davon sind die Congohounds im Virunga Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo. Das Projekt hat vor allem zum Ziel, die vom Aussterben bedrohten Berggorillas und die vielen anderen Wildtiere im ältesten Nationalpark Afrikas zu schützen. „Um Wilderer aufzuspüren, werden Spürhunde ausgebildet; wir unterstützen auch deren medizinische Versorgung“, beschreibt Wüst das Projekt. Werde beispielsweise eine ausgelegte Schlinge gefunden, könnten die Hunde die Spur zu den Wilderern über Tage hinweg verfolgen. „Schon das Wissen darum, dass es die Hunde gibt, schreckt viele Wilderer ab“, weiß Wüst. Allein dieses Projekt unterstützte die Wilhelma in den letzten zehn Jahren mit 250.000 Euro.

Wilhelma Stuttgart:

Stefanie Reska

Wilderern auf der Fährte. Mit den Congohounds unterstützt die Wilhelma den Kampf gegen Wilderern vor Ort im Kongo.

Regenwald erhalten, Artbestand sichern

Beim Shipstern-Projekt ging es darum, in Belize zwei bereits geschützte Regenwaldareale miteinander zu verbinden und so vor allem den Lebensraum von Jaguaren und Tapiren zu sichern. Mit einer Finanzspritze von 100.000 Euro gelang es der Wilhelma vor vier Jahren gemeinsam mit einer Partnerorganisation im artenreichen Norden des mittelamerikanischen Landes, Regenwald aufzukaufen, der ansonsten radikal gerodet worden wäre. Sonst wären die Wanderungswege der Tiere unterbrochen worden und das hätte laut Miriam Wüst unweigerlich zu Konflikten zwischen Mensch und Tier geführt. Diese hätten die Tiere wahrscheinlich verloren, wie an so vielen anderen Stellen auf der Erde auch. So blieb ein zusammenhängendes Schutzgebiet von rund 400 Quadratkilometern erhalten.

Wilhelma Stuttgart: Artenschutzprojekt

Foto: CSFI

Mit Artenschutzprojekten wie diesem im mittelamerikanischen Belize unterstützt die Wilhelma den Tierschutz vor Ort.

Schule macht Spass

„Weil man aber das, was man nicht versteht, auch nicht schützen kann“, wie Wüst sagt, legt die Wilhelma großen Wert auf die Bereiche Umweltbildung und Forschung. „Wir wollen, dass unsere Besucher und vor allem die Kinder mit einer größeren Faszination für die Natur, die Botanik und die Tiere unseren Zoo verlassen“, sagt sie und verweist auf die vielen Veranstaltungen und Aktionen, die über das Jahr verteilt stattfinden - beispielsweise die Wilden Wochenenden oder die Ferienprogramme für Kinder. Da geht es zum Beispiel einmal um Menschenaffen, ein andermal dreht sich alles um Unterschiede von Reptilien und Amphibien oder auch um tropische Nutzpflanzen.

Um auch während der Corona-Pandemie nicht untätig bleiben zu müssen, haben Wüst und ihr Team den Online-Fernunterricht der Wilhelmaschule ins Leben gerufen. Über eine gängige Konferenzplattform können sich Schulen Mitglieder des Teams online als Referenten ins Kassenzimmer holen. Die können dann unter anderem auch von Tieren berichten, die bereits in der Natur ausgestorben waren oder sind.

Wilhelma Stuttgart: Zooschule

Knitter/Wilhelma

Schule mal anders ... Miriam Wüst und ihr Team stehen für kreativen Tierkundeunterricht mit jeder Menge Praxisbezug.

Aktiv im Artenschutz

Als Beispiel dafür nennt Volker Grün, Leiter des Fachbereichs Zoologie der Wilhelma, den Davidshirsch. Die aus Asien stammenden Tiere würden gar nicht mehr existieren ohne den internationalen Einsatz von Zoos wie der Wilhelma. Inzwischen wurden etliche Tiere in ihrer alten Heimat China ausgewildert - ihr Bestand ist dort wieder auf mehr als 1000 Tiere angewachsen. Solche Aufzucht- und Auswilderungsprogramme funktionieren aber nur dank einer intensiven Forschungsarbeit, an der sich auch die Wilhelma beteiligt – hinter den Kulissen unsichtbar für die Besucher.

Wilhelma Stuttgart: Volker Grün

artismedia/Olaf Kühl

Herr der Tiere. Volker Grün ist Leiter des Fachbereichs Zoologie an der Wilhelma.

„Zoos sind schon längst keine Museen mit lebendigen Tieren mehr“, sagt Grün. Vielmehr stehe das Wohlergehen der Tiere im Vordergrund. Um die Tiere, deren Verhalten und Reproduktionsmechanismen besser zu verstehen, ist vor allem Grundlagenforschung angesagt, die in Zoos besser zu bewerkstelligen ist als in der Natur. „Wir können die Tiere bei uns leichter beobachten, kennen jedes individuelle Tier und dessen familiären Zusammenhänge genau“, sagt der Zoologe.

 

Die Erkenntnisse fließen unter anderem in die Planung neuer Gehege und erleichtern in bestimmten Fällen das Auswildern. „Dazu müssen wir wissen, wie sich die Tiere in der Natur verhalten“, erläutert Grün. Doch klappt das Auswildern von bedrohten Tieren nicht in allen Fällen. „Der häufigste Grund für das Aussterben ist, dass der Mensch ihren Lebensraum zerstört hat“, sagt Grün. Aber es gibt auch andere Ursachen. Der Sumatra-Tiger zum Beispiel könnte problemlos ausgewildert werden. „Aber was würden die Menschen auf Sumatra davon halten?“, fragt Grün und zieht eine Parallele zu Bruno dem Bären. Kaum habe der seine Nase über unsere Grenze gesteckt, sei er auch schon erschossen worden. Daher wollen die Zoos vor einer Auswilderung durch Information für Aufklärung in der Bevölkerung sorgen, um mehr Akzeptanz für Wildtiere im gemeinsamen Lebensraum zu schaffen.

Wilhelma Stuttgart: Davidshirsche

Knitter

Seltene Schätze: Ohne Zuchtprogramme wäre der Davidshirsch inzwischen schon ausgestorben, dank Wilhelma sind die Tiere inzwischen wieder an ihrem ursprünglichen Lebensraum zuhause.

Ausflugsziel Wilhelma

Mit über 8.000 Tieren in mehr als 1.000 Arten ist die Wilhelma einer der artenreichsten Zoos nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

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