Vom Widerruf ausgenommen sind insbesondere versiegelte Waren, die sich zum Schutz der Gesundheit oder der Hygiene nicht zur Rückgabe eignen. Mit Entfernen der Versiegelung nach Erhalt erlöscht das Widerrufsrecht laut Gesetz.
Mit Hinweis darauf lehnte auch ein Matratzenhändler den Widerruf eines Matratzenkaufs ab. Wie so oft war die Matratze in einer Plastikhülle geliefert worden, die der Käufer entfernt hatte, um die Matratze zu testen. Der Händler wollte die Matratze wegen der entfernten Verpackung nicht mehr zurücknehmen und kein Geld zurückzahlen.
Widerrufsrecht soll Prüfung ermöglichen
Das Widerrufsrecht soll Käufern ermöglichen, die Ware wie im Geschäft vor Ort prüfen zu können. Innerhalb der Widerrufsfrist sollen sie sich fürs Behalten oder Nichtbehalten entscheiden. Für Letzteres genügt die Erklärung des Widerrufs und ein Absenden der Ware innerhalb der Widerrufsfrist an den Verkäufer. Verkäufern bereitet der Widerruf in bestimmten Fällen jedoch erhebliche Nachteile. Deshalb gelten Ausnahmen vom Widerrufsrecht. So ist der Widerruf etwa bei Waren, die schnell verderben können, ausgeschlossen. Bei einem Widerruf und der Rückgabe nach mehreren Tagen könnte der Verkäufer sie sonst nicht mehr oder nur noch zu einem wesentlich geringeren Preis verkaufen.
Verbraucherschutz geht vor Wortlaut
Die Einschränkungen sind jedoch eng zugunsten des Verbraucherschutzes anzuwenden. So verlangt der EuGH bei der Einschränkung des Widerrufsrechts zum Gesundheitsschutz oder der Hygiene echte Gründe. Als solche gelten das Öffnen von Arzneimitteln, die Nutzung von Kosmetikprodukten oder von Zahnbürsten, weil sie dadurch unverkäuflich werden. Die bloße Verknüpfung einer Ware mit den Bereichen Gesundheitsschutz oder Hygiene genügt noch nicht. So sind Badeenten – trotz ihrer Nähe zum Badezimmer – keine Hygieneartikel, wie das Oberlandesgericht Koblenz 2011 entschied (Az.: 9 W 680/10).
Rückgabe bei Reinigungsmöglichkeit möglich
Auch bei Matratzen lehnt der EuGH eine Einschränkung aus Gründen der Hygiene ab. Durch die Berührung mit dem menschlichen Körper würden diese noch nicht unverkäuflich. Matratzen ließen sich
- gründlich reinigen,
- gebraucht verkaufen
- und würden in Hotels von mehreren Menschen genutzt.
Der EuGH verglich Matratzen dabei mit Kleidungsstücken.
Verkäufer können von Käufern allerdings einen Ausgleich für den mit dem Test verbundenen Wertverlust verlangen, der auf keinen zur Prüfung notwendigen Umgang zurückzuführen ist.
Aufgrund der Entscheidung ist davon auszugehen, dass ein Widerrufsrecht für andere Waren besteht, solange Anbieter sie nach einer Reinigung oder Desinfektion weiterverkaufen können. (EuGH, Urteil v. 27.03.2019, Az.: C‑681/17)
BGH bestätigt das EuGH-Urteil
Das Urteil des EuGH wurde nun durch den Bundesgerichtshof (BGH) auch für die Rechtslage in Deutschland bestätigt. Zwar regelt § 312g Abs. 2 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dass versiegelte Waren, die nach der Entfernung der Versiegelung aus hygienischen Gründen nicht zur Rückgabe geeignet sind, vom Widerrufsrecht ausgeschlossen sind.
Spätestens mit dem Urteil des BGH ist jedoch klar: Beim Online-Kauf einer Matratze trifft das nicht zu und Matratzen fallen somit nicht unter diese Regelung.
(BGH, Urteil v. 03.07.2019, Az.: VIII ZR 194/16)