Bodenwellen sind ja eigentlich keine gute Nachricht. Doch mit dieser speziellen Form kann man sich anfreunden: Aufgemalt, in blauen Schlangenlinien markiert sie den Asphalt des Remstal-Radwegs, ein farbenfroher Wegweiser entlang des Flusses. Immer mal wieder gibt es dazu sogar eine großformatige Kilometerangabe.

Es geht bunt zu hier entlang der Rems. 106 Kilometer misst die Strecke, das sind gut 27 mehr, als der Fluss selbst vorzuweisen hat. Er gehört nicht zu den ganz großen Fließgewässern im Lande, entspringt in Essingen auf der Ostalb und mündet in Remseck in den Neckar.

Hinweis: Es besteht aktuell eine Vollsperrung des Radweges zwischen Remseck-Neckarrems und der Klinglestraße in Waiblingen-Kleinhegnach bis voraussichtlich Herbst 2023 wegen Baumfällarbeiten aufgrund des Eschensterbens. Zum GPX-Track der Umleitung bitte HIER klicken bzw. weitere Etappen beachten!

Marktplatz in Schorndorf

MEIN LÄNDLE/Andreas Steidel

Ein schöner Ort für eine Radtourenpause: der Marktplatz von Schorndorf mit dem barocken Rathaus und den Fachwerkhäusern.

Schiffbar ist er an keiner Stelle, nur Mühlen gab es früher hier sowie Flößerei, aber nur in bescheidenem Umfang. Dafür hat die Rems ein breites fruchtbares Tal geschaffen, an dessen Hängen Wein wächst. Das Tal gilt als eine der wichtigsten Weinbaugegenden in Württemberg. Riesling- und Trollinger reifen hier und geben der Landschaft ihr unverwechselbares Gesicht.

Als man während der Kommunalreform 1975 die fünf Orte Beutelsbach, En­ders­bach, Großheppach, Schnait und Strümpfelbach zu einer Gemeinde zusammenfasste, nannte man sie deshalb: Weinstadt.

Remstalkino

Kein Lichtspieltheater, sondern ein bestuhlter Aussichtspunkt hoch über Weinstadt-­Beutelsbach und Weinstadt-Schnait, der anlässlich der Gartenschau geschaffen wurde. Es gibt dort auch einen Parkplatz:

Mehr Infos hier (externer Link)

Genau dort, in Weinstadt-Endersbach, beginnt der Remstal-Radweg. Bevor er dem Fluss folgt, geht es in einer ausführlichen Schleife erst einmal durch die Weinberge. Eine kleine Landschaftsreise entlang der Reben, vorbei an der markanten Yburg in Stetten weiter in Richtung Fellbach.

Museumswengert in Kernen-Stetten

Auch da regiert der Wein, in der Neuen Kelter locken einheimische Sorten zum Probieren, bei einem Abstecher auf dem Fellbacher Weinweg dagegen begeistert die Aussicht über Stuttgart und das Remstal. Bevor die Route die Rems trifft, folgt sie dem Neckar. Sie passiert im Weidachtal eine alte Kläranlage, die heute das Kunstprojekt Natur-Kunst-Räume ist. Kurz vor Remseck wechselt sie die Flussseite, mit Hilfe einer glasgedeckten Holzbrücke, die längst zu einem architektonischen Wahrzeichen geworden ist. Und dann? Geht’s ums Eck.

Wetzgau und Weleda

Es lohnt sich, in Schwäbisch Gmünd einen Ausflug auf die Höhe zu machen (Landschaftspark Wetzgau): Dort gibt es einen Aussichtsturm, einen Kletterwald und das Erlebniszentrum des Naturkosmetikherstellers Weleda, für das man Führungen buchen kann.

Skypark (externer Link)
Weleda Erlebniszentrum (externer Link)

Remseck heißt Remseck, weil hier die Rems im rechten Winkel in den Neckar mündet. Man folgt ihr von nun an also entgegen der Fließrichtung, zumindest dem neue Tourenbuch nach. Das ist kein Problem, weil die Rems auf ihrer Reise nur 300 Höhenmeter verliert und die Topografie zumeist flach bleibt.

Ohne­hin ist dies keine Radtour für Eilige: Die 105 Kilometer sind in vier Etappen zerlegt, für die ein wenig Zeit durchaus angemessen ist. Denn der Fluss ist ein Genuss, seit die Gartenschau 2019 aus dem kanalisierten Langweiler wieder ein naturnahes Gewässer gemacht hat. Diese ganz besondere Gartenschau fand nicht nur an einem Ort statt, sondern umfasste ein ganzes Tal, das Remstal eben, 16 Gemeinden nahmen teil.

Blick von der Yburg bei Stetten

MEIN LÄNDLE/Adobe Stock/Manuel Schoenfeld

Inmitten der Weinberge: die Landmarke Yburg bei Stetten. Der Name leitet sich von „Eibenburg“ ab

Die Ufer wurden abgeflacht, kleine Fluss­inseln geschaffen und Totholzelemente integriert. Seither ist die Rems nicht wiederzuerkennen, mäandert in Schleifen über Natursteine, die ihre Fließgeschwindigkeit mindern.

Eins der Ergebnisse war ein neugestalteter, vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) mit vier Sternen zertifizierter Radweg. Er ist bestens beschildert, mit Wegweisern auf Augenhöhe und zuweilen eben auch auf dem Boden. Manchmal ersetzen aufgemalte grüne und blaue Fische die blauen Wellen.

Brunnen in der Altstadt von Lorch

MEIN LÄNDLE/Andreas Steidel

Die Innenstadt von Lorch mit einem Brunnen in der Fußgängerzone.

Kurz nach Plüderhausen kommt einer jener besonders malerischen Abschnitte. Gelbe und rote Blumen blühen am Ufer, Bäume stehen an der Böschung, Wildbienen und Libellen schwirren umher. Sogar der Eisvogel wird in manchen Gegenden wieder gesichtet, Feuersalamander und Graureiher fühlen sich hier wohl.

Diese dritte Etappe des Remstal-Radwegs hat in Schorndorf begonnen, einer Mittelstadt mit rund 40 000 Einwohnern und malerischen Fachwerkfassaden.

Benediktinerkloster Lorch aus der Luft

MEIN LÄNDLE/Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

Bekanntes Ausflugsziel: das alte Benediktinerkloster Lorch hoch über dem Remstal.

Ein mutiger Fabrikbesitzer rettete sie am Ende des Zweiten Weltkriegs, indem er den Militärs einen aberwitzigen Verteidigungsplan ausredete. So ist im Zentrum alles original erhalten. Im Sommer säumen Oleander-Büsche die Straßen, große Palmenkübel geben der Stadt ein fast südländisches Ambiente.

Zum Glück gibt es für Radfahrer viele Brunnen sowie immer wieder Rastplätze außerhalb, an denen man die Füße ins Wasser hängen kann.

Das Kloster Lorch

Das ehemalige Benediktiner­kloster war die Grablege der Staufer. Beeindruckend auch das Panorama-Rundbild des Malers Hans Kloss, das Motive aus der Stauferzeit zeigt. Nebenan sind eine Falknerei und ein römischer Wachturm.

Mehr zum Kloster Lorch

Die Gartenschau hat ganz erstaunliche Dinge bewirkt und Projekte geschaffen, die weit über sie hinausweisen. So ist in Lorch auch der alte Kirchgarten zu neuem Leben erwacht. Ein Waldweg hoch über dem Fluss führt zur Stadt, eine der ganz wenigen echten Steigungen der Tour. Die meisten kennen Lorch wegen seines ehemaligen Benediktinerklosters knapp zwei Kilometer vor dem Zentrum, hoch auf dem Hügelkamm.

Jahrhundertelang war dort die Grablege der Staufer, doch tatsächlich ist die Stadtkirche unten im Ort viel älter. Ein Abstecher lohnt sich, zumal der umgebende Park zum Verweilen einlädt, etwa zur Siesta unter hohen alten Bäumen und neben alten Grabsteinen. Als neues Element entstand ein Labyrinth, auf dem man sich in kleinen Schritten dem Zentrum des Lebens und des Glaubens nähern kann.

Johanniskirche in Schwäbisch Gmünd

MEIN LÄNDLE/Andreas Steidel

Geht in die Zeit der Staufer zurück: die Johanniskirche von Schwäbisch Gmünd.

Schmuckstück mit Tunnel

Bis zum Zentrum Schwäbisch Gmünds ist es nicht mehr allzu weit. Die größte Stadt im Remstal hat bereits 2014 von einer eigenen großen Landesgartenschau profitiert. Damals ist der Verkehr in einem Tunnel verschwunden und die Rems wieder aus der Versenkung aufgetaucht.

Zusammen mit dem Josefsbach und dem komplett restaurierten Rokokoschlösschen ist der Fluss heute wieder eines der Schmuckstücke der Stadt: Schmuck spielt hier ohnehin schon immer eine große Rolle. So heißt der etwas schiefe und anfangs hochumstrittene Kubus am Flussufer nicht ohne Grund „Gold-Silber-Forum“.

Gold-Silber-Forum in Schwäbisch Gmünd

MEIN LÄNDLE/Andreas Steidel/red

Schmuck und schräg: das Gold-Silber-Forum in Schwäbisch Gmünd am Ufer der Rems.

Seit dem 17. Jahrhundert gehört Schwäbisch Gmünd zu den Zentren der Schmuckindustrie. Außerdem gleicht der Marktplatz im Sommer einem einzigen Straßencafé. Zwischen Prachtbauten aus Barock und Mittelalter lässt sich unter Sonnenschirmen gut Eis essen. Eine ausgedehnte Fußgängerzone lädt zum Shoppen ein, und der Bahnhof dazu, abschnittsweise einmal auf den Zug umzusteigen.

Zu den wirklich komfortablen Vorteilen des Remstal-Radwegs gehört nämlich, dass ihn auf seiner gesamten Strecke eine Bahn begleitet. Die Taktfrequenz ist hoch, manchmal gibt es gleich mehrere Verbindungen in der Stunde. Das macht die Rückfahrt einfach, zumal das Fahrrad auf der Remsbahn nach neun Uhr morgens und am Wochenende kostenlos mitfährt.

Limesmuseum Aalen

Bedeutendes Römer-Museum auf dem Gelände eines ehemaligen Reiter-Kastells am Limes. Die Dauerausstellung wurde 2019 komplett überarbeitet. In Aalen gibt es auch die Limes-­Thermen.

Mehr zum Limesmuseum
Mehr zu den Limes-Thermen

Die letzte Etappe des Remstal-Radwegs führt von Schwäbisch Gmünd nach Aalen. In Aalen hat sich die Rems dann endgültig verabschiedet, ihre Quelle liegt ein paar Kilometer davor in einem Waldstück in Essingen. Einen guten Abschluss bietet Aalen dennoch, auch weil sich hier mit dem Limes-Museum eines der bedeutendsten Römer-Museen Deutschlands findet. Der berühmte Grenzwall verlief einst mitten durch die Ostalb.

Die Römer waren Multi-Talente und ihrer Zeit in vielerlei Hinsicht weit voraus. Fahrradfahren gehörte allerdings noch nicht zu ihren Disziplinen, auch wenn das für die Kontrollwege am Limes ja eigentlich ganz praktisch gewesen wäre.

Remstal-Radweg-Broschüre zum Download als PDF

hier können Sie sich die Broschüre zum Remstal-Radweg herunterladen(remstal.de)

Karte vom Remstal-Radweg

MEIN LÄNDLE

Der Remstal-Radweg

Start: Weinstadt-Endersbach
Ziel: Aalen
Gesamtstrecke: 105 km
Fahrzeit: 3–4 Tagesetappen
Höhenmeter: 628
Schwierigkeit: leicht

Infos: www.remstal-radweg.de