„Eine geschlechtergerechte Berufs- und Studienorientierung ist dringend notwendig“, sagt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Noch viel zu häufig würden in der Berufsorientierung und -beratung nicht vordergründig die Fähigkeiten der Jugendlichen in den Blick genommen und daraus attraktive Berufswege für sie aufgezeigt, sondern – teils unbewusst – geschlechterangepasste Berufswege vorgeschlagen.

„Es muss uns gelingen, dass Geschlechterklischees aufgeweicht werden, sowohl bei den Jugendlichen selbst, deren Eltern, aber auch bei den Lehrenden – egal ob in der Kita oder in der Berufsschule“, so Schwannecke. Nur so könne es gelingen, alle Potentiale besser auszuschöpfen und gleichzeitig die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. „Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich die Partnerinnen und Partner der Initiative Klischeefrei stellen. Gehen wir diese gemeinsam an!“ fordert der ZDH-Generalsekretär.

Berfusberatung soll abseits von Rollenklischees stattifnden

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Die Berufsberatung sollte für alle Geschlechter neutral durchgeführt werden, damit Jugendliche sich bei der Berufswahl nicht von Klischees beeinflussen lassen.

Mehrheit der IT-Branche wirbt gezielt um Frauen

Eine Studie des Digitalverbands Bitkom zeigt, dass 90 Prozent der IT-Unternehmen eine Erhöhung des Frauenanteils als Chance sehen. 57 Prozent sprechen in ihrem Recruiting gezielt Frauen an, weitere 34 Prozent planen entsprechende Maßnahmen. Am häufigsten kooperieren IT-Unternehmen mit Hochschulen und Schulen.

„Schulen sind der einzige Ort, den jedes Mädchen besucht. Dort werden die Weichen für die spätere Studien- und Berufswahl gestellt. Umso wichtiger ist es, gerade in den Schulen das Interesse an Digitalberufen zu wecken und gesellschaftlich gewachsene Stereotype abzubauen. Digitalisierung und Technik haben kein Geschlecht. Mädchen sollten von klein auf an die Digitalisierung herangeführt und dafür begeistert werden. Sie müssen die gleichen Chancen erhalten, ihrer Neugier auf Technik nachzugehen wie Jungen. Dazu gehört auch, die vielen inspirierenden weiblichen Vorbilder, die es heute schon gibt, sichtbarer zu machen“, so Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst.

Frau arbeitet am Computer

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Nicht wenige Frauen interessieren sich für Computer und Technik, können gut damit umgehen - und wählen trotzdem keinen IT-Beruf.

Frauen den Einstieg in die IT erleichtern

Ein Fünftel der Unternehmen setzt auf Einstiegsprogramme wie Traineeships, um Frauen zu gewinnen. 15 Prozent nutzen weibliche Rollenvorbilder in ihrer Kommunikation, und 12 Prozent betreiben aktives Recruitment über Talentpools. Frauenfreundliche Arbeitsbedingungen wie mobiles Arbeiten (59 Prozent) und flexible Arbeitszeitmodelle (39 Prozent) sind weit verbreitet. Trotz dieser Bemühungen bleibt der Wandel langsam. 23 Prozent der Unternehmen meinen, Maßnahmen zur Frauenförderung bewirkten keine Veränderung, und ebenso viele betrachten sie als oft nur vorgeschoben. Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst betont, dass klare Verantwortlichkeiten und Ansprechpersonen notwendig sind, um Gleichstellung als langfristige Strategie zu verankern.

60 Prozent der IT-Unternehmen sehen die deutsche IT-Branche international als Nachzügler beim Thema Gleichstellung. Fehlende Fortbildungsangebote und traditionelle Rollenbilder werden als Hauptgründe für den geringen Frauenanteil genannt. Wintergerst fordert eine klischeefreie Berufsorientierung und mehr Investitionen in die Betreuungsinfrastruktur.

Beruflich erfolgreiche Frauen

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Umworben und begehrt: Weibliche IT-Fachkräfte.

Initiative Klischeefrei setzt sich für die Vermeidung von Rollenklischees bei der Berufswahl ein

Der ZDH gehört neben einer Vielzahl renommierter Unternehmen, Einrichtungen und Organisationen sowie mehrerer Bundes- und Landesministerien der Initiative Klischeefrei an. Diese startete im Dezember 2016 mit dem Ziel, sich für eine Berufs- und Studienwahl frei von geschlechtsspezifischen Rollenmustern einzusetzen. Neben dem ZDH gehören der Initiative Klischeefrei fünf Bundesministerien, mehrere Landesministerien, die Bundesagentur für Arbeit, das BIBB, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Arbeitgeberverband Gesamtmetall sowie zahlreiche Hochschulen und viele weitere Institutionen und Einrichtungen an. Schirmherrin ist Elke Büdenbender, die Frau des Bundespräsidenten.

Auch der Girls Day und Boys Day verfolgt dieses Ziel.

„Mit einer Vielzahl kleiner Unternehmen und einigen Big Playern ist die deutsche IT-Branche sehr heterogen. Die Unternehmen verfügen also über ganz unterschiedliche finanzielle und personelle Ressourcen, um intern Frauenförderung voranzutreiben. Gleichzeitig spielt die Sozialisation in Elternhaus, Schulen und Hochschulen eine wichtige Rolle bei der späteren Berufswahl. Die Herausforderungen, mit denen IT-Unternehmen auf dem Weg zu mehr Vielfalt konfrontiert sind, sind komplex. Umso wichtiger ist es, das Thema nicht auf die lange Bank zu schieben und mit einem Bündel an Maßnahmen anzugehen“, so Wintergerst. Um Frauen für Karrieren in der digitalen Wirtschaft zu begeistern und Politik und Unternehmen dabei zu unterstützen, weibliche Fach- und Führungskräfte besser zu fördern, engagiert sich der Bitkom mit weiteren Partnern in der Initiative #SheTransformsIT. Das interdisziplinäre Bündnis aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft setzt sich dafür ein, Mädchen und Frauen im digitalen Wandel zu stärken.