Schäferlauf? Ein Wettrennen von Schäfern? Der Markgröninger Schäferlauf ist viel größer, als uns der Name im Vorhinein verraten würde. Ob das Fest auch so berühmt wäre, wenn es wirklich nur ein Wettrennen wäre?
Der Schäferlauf in Markgröningen ist seit vielen Jahrhunderten Tradition - seine Wurzeln reichen zurück bis ins 16. Jahrhundert. Bis heute lassen sich jährlich Tausende das bunte Spektakel Ende August in der kleinen Stadt vor den Toren Ludwigsburgs nicht entgehen und werden fasziniert von der Kombination aus Tradition und Moderne, Brauchtum und Lebensfreude. Und nicht nur das: Zusammen mit den beiden anderen Schäferläufen in Baden-Württemberg in Bad Urach und Wildberg wurde der Markgröninger Lauf 2018 zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO bestimmt.
An vier Tagen ist Markgröningen heute Jahr für Jahr Gastgeber für ein besonderes Fest. Natürlich ist die Hauptattraktion zweifellos der Teil, der dem Event den Namen gab: das Wettrennen der (echten) Schäferinnen und Schäfer. Und auch der Schäfertanz ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Das traditionelle Festspiel „Der treue Bartel“ begeistert durch professionelles Theater und der Festumzug mit über 50 Gruppen lockt jährlich die Massen in die Stadt. Marktstände, Fahrschäfte, Kulinarik und Musik an allen Ecken und Enden bilden den Rahmen für einen unvergesslichen und unvergleichlichen Volksfestbesuch.
Geschenk eines Grafen
Im Jahr 1593 hat Jakob Frischlin, ein württembergischer Schriftsteller, den Schäferlauf erstmals schriftlich erwähnt:
Die Stadt Gröningen hatt einen alten Brauch. Wann Bartholomai tag vorhanden, hatt die Stadt einen Jahrmarckt, daran kommen die Schäffer zusammen, hallten einen Dantz unndt lauffen umb einen Hammell oder Barchatt, Nestell, Zöpff oder Lebkuochen; Also das die Töchtern und Junggesellen ein groß Schauspil machen (…).
Ins heutige Deutsch übersetzt heißt das sinngemäß: Nach altem Brauch kommen um den Bartholomäustag in (Mark-)Gröningen zum Jahrmarkt die Schäfer zusammen, tanzen und rennen um verschiedene Preise um die Wette. Das Programm stand also schon früh fest. Doch wie oder wann genau es entstanden ist, weiß niemand so genau. Hinweise auf ein Fest zum Bartholomäustag gab es nämlich schon zuvor. Die unzähligen Sagen zur Entstehung des Festes haben nur eine Gemeinsamkeit: Alle handeln vom treuen Schäfer Bartel, welcher allem Anschein nach der Grund für das Fest ist, das ein württembergischer Graf gestiftet haben soll.
Schäferlauf in Markgröningen (SWR-Video)
Treue Seele
Die Legende erzählt, dass Bartholomäus (Bartel), Schäfer des Gröninger Grafen, einst von Vogt und Kammerdiener bezichtigt wurde, Schafe aus der Herde des Grafen zu verkaufen und das Geld für sich zu behalten. Dabei waren die beiden selbst die Übeltäter. Den Grafen ärgerte die angebliche Untreue seines Schäfers sehr und er stellte ihn auf die Probe. Er gab sich als Metzger aus und bot Bartel viel Geld für ein Schaf - dieser lehnte jedoch immer ab. Und als sich der falsche Metzger dann selbst bediente, wurde Bartel sogar handgreiflich ... Der Graf, begeistert von der Treue seines Schäfers, schenkte diesem einen Hammel und bestimmte, dass die Schäfer am Namenstag des wackeren Bediensteten, dem 24. August, jedes Jahr ein Fest feiern sollten.
Zu Bartels Ehren wird am Festwochenende seit 1909 stets mehrfach das Volksschauspiel „Der treue Bartel“ aufgeführt. Auszüge daraus werden auch an beiden Tagen auf dem Stoppelfeld, dem Rennplatz, dargeboten.
Der Ursprung
Historisch wird vermutet, dass der Schäferlauf anfangs ein Treffen der Schäfer war. Mit einem Wettrennen wollten sie vermutlich ihren "König" bestimmen, der ein Jahr lang als Anführer der Zunft galt und bei Streitigkeiten und Problemen half. Mit dem Schnelligkeitswettbewerb sollte vielleicht gezeigt werden, wer besonders schnell ein Schaf einfangen konnte. Rund 300 Schritte barfuß über ein abgeerntetes Stoppelfeld müssen die Schäfer und heute auch die Schäferinnen hier zurücklegen. Bis heute darf nur mitmachen, wer selbst Schafe hütet oder aus einer Schäfer-Familie stammt. Und laut den Veranstaltern ist es bis heute eine große Ehre, die Krone zu tragen. Für das Gewinnerpaar gibt es vom Landesschafzuchtverband noch ein Schaf. Und anschließend gab es immer einen Schäfertanz, der auch heute noch getanzt wird, und der ausschließlich den Schäferinnen und Schäfern vorbehalten ist.
Mehr als nur ein Wettrennen
Der damit einhergehende Markt hatte schon in früheren Zeiten überregionale Anziehungskraft und bot - günstig nach der Erntezeit gelegen - Einheimischen, Fremden und natürlich auch den Schäfern selbst gute Einkaufs- und Verkaufsmöglichkeiten. 1651 erließ Herzog Eberhard III. dann offiziell eine Schäferzunftordnung, die die Privilegien des Laufs und Tanzes festhielt und regelte, und somit den Rahmen für das Fest bis heute stellte.
Mit der Zeit verwandelte sich der Lauf zu einem Stadtfest und es kamen weitere Disziplinen dazu: Wassertragen für „Jungfrauen“, der Hahnentanz, Sacklaufen, Mastklettern und ein längerer Festzug. Auch der Tag hat sich verändert. Aus dem eintägigen Fest am 24. August, dem Bartholomäustag, wurde ein verlängertes Wochenende mit dem Abschlussfeuerwerk am Montag. Heute lockt der Markt mit 150 Ständen, jedes Jahr neuen und spektakulären Fahrgeschäften, einer vielfältigen Küche und jeder Menge Livemusik, die den Besuch zum besonderen Erlebnis machen.
Der Schäferlauf 2024
Auch dieses Jahr ist es wieder so weit. Vom 23. bis zum 26. August wird in Markgröningen wieder gefeiert, und zum Höhepunkt am 24. August wieder gerannt und ein Schäferkönig und eine Schäferkönigin gekrönt. Mit einem tollen Festprogramm und einer großen Bandbreite an Aktivitäten wird einem dabei sicher nicht langweilig.
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