Den Kenner-Kopf kennt jedes Kind. Mehr als 50 Jahre lang warb die Württembergische Weingärtnergenossenschaft mit dem Charakter-Konterfei des Esslinger Wengerters Richard Kenner und dem eingängigen Ohrwurm-Slogan „Kenner trinken Württemberger“ als Qualitätssiegel der Genossenschaftsweine. Erst die Kampagne „Wein-Heimat-Württemberg“ löste 2015 den alten Spruch ab. Das bewährte Leitmotiv „Heimat“ blieb.
Weinheimat Württemberg
Es steht als Zeichen für Innovation und Fortschritt im Ländle der Käpsele und Dichter – und der Weinerzeuger, die nicht nur qualitativ hochwertige Tropfen kreieren, sondern auch eine einzigartige Kulturlandschaft pflegen, in dieser „wohlgeformten Handvoll Deutschland“. Gemeinsinn wird großgeschrieben in der Region rund um die Landeshauptstadt. Die Weingärtner-Genossenschaften vermarkten etwa 70 Prozent der Ertragsfläche.
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Klasse statt Masse
„Ha no“, sagte sich eine neue Generation von Winzern, die den traditionellen Weinbau ganz bodenständig im Visier hat, jedoch kreativ und experimentierfreudig international beachtete Weine hervorbringt, getreu dem Motto: Klasse statt Masse. Man sieht und schmeckt: Es tut sich was im Ländle. Tradition trifft auf Innovation, etwa bei der Winzergruppe der fünf Freunde von „Junges Schwaben“ aus dem Großraum Stuttgart. Mit viel Herzblut bringen sie neuen Schwung in die angestaubte Lemberger- und Trollinger-Szene.
Pionierarbeit
Die schaffigen Schwaben-Wengerter zeichnen sich durch Pioniergeist und Beharrlichkeit, gepaart mit Idealismus und Talent aus und heimsen dabei so manche Preise ein. Zum Beispiel Sven Ellwanger, Sprössling der Remstäler Winzerdynastie in Weinstadt-Großheppach, mit seinem Sauvignon Blanc, aus dem er den Signaturwein „Junges Schwaben“ kreiert: „Es macht großen Spaß, mit befreundeten Kollegen zum einen die Qualität unserer Weine voranzubringen wie auch die Wahrnehmung unseres wunderschönen Schwabenlandes zu fördern.“
Jung und frisch
Eine jüngere Zielgruppe haben auch die 16 „Jungwinzer“ rund um den Stuttgarter Kessel im Fokus. Zu entspanntem DJ-Sound werden die Lieblingsweine der Vereinigung der Winzerpersönlichkeiten beim nachhaltigen Kessel Festival auf dem Cannstatter Wasen (25./26. Juni) zeitgemäß präsentiert. Der jährliche Jungwinzer-Cup ist eine publikumswirksame Aktion, die nicht nur bei jungen Leuten große Zustimmung findet.
Schmecken und entdecken
Württemberger Wein gilt als erstklassiger Lifestyle-Botschafter. 11.500 Hektar Rebfläche prägen Deutschlands einziges großes Weinbaugebiet mit Rotweindominanz. Bei so viel großartigen neuen Wegen und Produzenten kann man leicht den Überblick verlieren. Kenner raten: Probieren, Schmecken und Entdecken.
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Bei einer gemütlichen Weinhocketse, in urigen Besenwirtschaften, bei Kellerführungen und auf dem Besuchermagnet Stuttgarter Weindorf lässt sich die Vielfalt im Glas schmecken – vom wunderbaren Alltagswein bis zum charaktervollen Spitzengewächs von Acolon und Samtrot, von Riesling bis Müller-Thurgau. In pittoresken Weinorten, ausgezeichneten Vinotheken, modernen Weinbars und traditionsreichen Weinbaubetrieben, wie der idyllisch am Neckar gelegenen Zaißerei in Stuttgart-Münster, ist für jeden etwas dabei.
Leben zwischen Reben
Ob per pedes oder mit PS: Rund um Stuttgart führen viele Wege zum Wein. Bei Weinwanderungen, auf dem Weinradweg und der Württemberger Weinstraße gehen Genuss und Tourismus Hand in Hand. Man sieht, wie der Weinbau die Kulturlandschaft geprägt hat: von den charakteristischen Steillagen entlang des Neckars über die sonnigen Hänge des Remstals bis zu den lieblichen Tälern an Kocher, Jagst und Tauber.
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Steile Lagen
Eine Besonderheit sind die teils 1.000 Jahre alten Trockenmauern der terrassierten Weinberge der Esslinger Neckarhalde. Sie gelten als Wahrzeichen einer der ältesten Weinbaustädte Deutschlands. Ohne die Mauern aus der Stauferzeit ist die Bewirtschaftung der 15 Kilometer langen Extrem-Steillagen bis heute undenkbar. Die Arbeit in den aussichtsreichen Terrassenweinbergen ist mühevoll: „1.500 Stunden verbringt ein Wengerter in der Steillage bis zur Weinlese“, heißt es vonseiten der Esslinger Weingärtner. Die 85-Hektar-Rebanlagen sind eine Touristenattraktion, der Weinerlebnisweg ein Publikumsmagnet. Die Trockenmauern erfahren nicht nur große Wertschätzung bei Gästen und Einheimischen, auch Spezialisten aus Flora und Fauna mögen das Leben auf der steinernen Sonnenbank: Insekten, Eidechsen, Mauerpfeffer und Zimbelkraut.
Blick von oben
Wer die höchstgelegenen Weinberge in Württemberg besuchen möchte, muss an die Limburg, den Hausberg von Weilheim an der Teck. Dort wachsen Silvaner-Trauben auf 531 Meter Höhe. 29 Hektar werden von Wengertern im Nebenerwerb gepflegt, jedes Jahr etwa 250.000 Kilo Trauben von Hand gelesen und an die Weingärtnergenossenschaft Hohenneuffen-Teck geliefert. Der Täleswein trägt so klingende Namen wie Berthold zu Nifen, Edition K8 und Blaue Mauer.
Zu der Rebsortenvielfalt des Weinlands Württemberg trägt auch die renommierte Lehr- und Versuchsanstalt für Obst- und Weinbau in Weinsberg bei, wo Rebsorten gezüchtet wurden, die von dort den Siegeszug um die Welt antraten, wie der Kerner und der Dornfelder. Zu den größten privaten Erzeugern gehört das geschichtsträchtige Weingut des Herzogs von Württemberg im romantischen Park von Schloss Monrepos bei Ludwigsburg.