Schule, Hausaufgaben, TV, Spielekonsole und Smartphone – Kinder fordern ihre Augen jeden Tag. Veränderungen von Sehstärke und Schädigungen der Augen kommen oft schleichend und sind für die Kinder selbst nur schwer feststellbar. Deswegen rät das Kuratorium Gutes Sehen e.V. (KGS) zu regelmäßigen Sehtests.
Gut ein Drittel der Kinder kommt nicht in den Genuss dieser Früherkennung, weil sich ihre Eltern gar nicht oder zu spät dafür entscheiden. Wie eine Umfrage des KGS aus dem Jahr 2017 ergeben hat, sind regelmäßige Sehtests bei Kindern allerdings die Ausnahme. So hatte fast jedes zweite Kind keinen aktuellen Sehtest – entweder, weil es noch nie beim Augenarzt war oder weil der Test zwei oder mehr Jahre zurücklag. Weniger als die Hälfte aller Eltern ließ die Augen ihrer Kinder jährlich überprüfen. Knapp zwei Drittel der Sehschwächen bei Kindern bleiben dadurch lange unentdeckt.
Kurzsichtigkeit setzt bei Kindern in der Regel zwischen dem 7. und 15. Lebensjahr (Schulmyopie) ein. Hier lesen Sie mehr zum Thema Sehtest bei der Einschulung. Durch ausdauerndes Nahsehen – sei es aufs Handy, ein Buch oder einen Monitor – kann es zu einem ungebremsten Längenwachstum des Augapfels kommen. Je früher die Kurzsichtigkeit entsteht, desto höher sind die im Erwachsenenalter erreichten Dioptrienwerte – mit der möglichen Spätfolge Blindheit.
Jüngere Eltern weniger verantwortungsvoll
Wie die Umfrage zeigte, hatten 16 Prozent der Kinder unter 14 Jahren noch nie einen Sehtest absolviert. Bei 22 Prozent der Kinder lag der jüngste Sehtest zwei Jahre oder länger zurück. Regelmäßige Sehtests sind daher das A&O, um Fehlsichtigkeiten frühzeitig zu entdecken und rechtzeitig gegenzusteuern. Viele Eltern wissen, dass regelmäßige Augenuntersuchungen bei kleinen Kindern im Rahmen der U-Untersuchungen notwendig sind. Alle Schulkinder von 7 bis 14 einmal pro Jahr auf eine entstehende Kurzsichtigkeit geprüft werden. Dies gilt besonders für Kinder, deren Eltern ebenfalls kurzsichtig sind.
Das bestätigt auch Medizinphysiker und Augenexperte Dr. Wolfgang Wesemann vom KGS: „Eltern, die selbst Brillenträger sind, sollten mit ihren Kindern regelmäßig zum Augenarzt gehen. Bei Schulkindern empfehle ich einen Sehtest pro Jahr.“ Lediglich knapp die Hälfte der 504 befragten Eltern ließen die Kinderaugen jährlich testen.
Im Schnitt hatten 82 Prozent der Kinder unter 14 Jahren zumindest einen Sehtest absolviert. Besonders aufmerksam waren Eltern im Alter von 35 bis 44 Jahren: 87 Prozent von ihnen gaben an, ihren Nachwuchs bereits zu einem Sehtest geschickt zu haben. 34 Prozent sagten sogar, der Sehtest liege weniger als ein halbes Jahr zurück. Anders sah es bei jüngeren Eltern bis 34 Jahre aus: Von ihnen hatten nur 71 Prozent ihr Kind bereits einen Sehtest absolvieren lassen. Das bedeutet im Umkehrschluss: Fast jedes dritte dieser Kinder war noch nie bei einem Sehtest – alarmierend. Immerhin handelte die große Mehrheit der Eltern verantwortungsbewusst und schickte ihren Nachwuchs zum Sehtest. 63 Prozent von ihnen bevorzugten dabei eine spezielle Kontrolle für Kinder beim Augenarzt oder Augenoptiker, 36 Prozent beim Kinderarzt.
Kinderaugen sollen regelmäßig untersucht werden
Dr. Wolfgang Wesemann: „Auch viele Kinderärzte haben die entsprechenden Geräte für einen guten Sehtest. Und wenn sie Auffälligkeiten feststellen, schicken sie die jungen Patienten zum Augenarzt. Alle Eltern sollten diese Möglichkeit für ihre Kinder regelmäßig nutzen.“ Etwa jedem fünften Kind wird mittlerweile eine Brille verordnet. Die Anpassung und Fertigung der Sehhilfe erfolgt dann beim Augenoptiker, der die besonderen Anforderungen an Kinderbrillen berücksichtigt.
Zusätzlich zu Schule und Hausaufgaben beschäftigen sich die Kinder sehr viel mit Smartphone, Tablet und Fernsehen. Das beansprucht das Sehen enorm. Dr. Wolfgang Wesemann vom KGS „Wenn die Augen der Kinder zu lange im Nahsichtmodus arbeiten, ist eine Kurzsichtigkeit programmiert. Das haben Studien hinreichend bewiesen. Länger als zwei Stunden am Tag sollte kein Kind digitale Medien konsumieren.“ Die Realität sieht anders aus: Jedes vierte Kind starrt pro Tag zwischen zwei bis sechs oder gar noch mehr Stunden auf einen Bildschirm.
Sehhilfen für Kinder
Kurzsichtige Kinder sollten eine Brille oder Kontaktlinsen tragen, um die Fehlsichtigkeit zu korrigieren. Eine weitere Verschlechterung lässt sich mithilfe spezieller Brillen, Augentropfen und Kontaktlinsen vermeiden. Brillengläser zur Myopiekontrolle enthalten Zusatzlinsen in einer höheren Stärke als die zentrale Zone des Brillenglases. Die Linsen erzeugen eine zweite Bildebene im Augeninneren und verhindern so ein weiteres Längenwachstum des Augapfels.
Atropin-Tropfen werden vom Augenarzt verschrieben. Bei Kindern im Alter zwischen sechs und 14 Jahren können sie die Myopie um 50 Prozent mindern. Sogenannte Ortho-K-Linsen korrigieren die Sehschwäche und verzögern ebenfalls das Längenwachstum. Sie werden nur nachts getragen und flachen die Hornhaut ab.
Außerdem wichtig: Täglich mindestens zwei Stunden raus an die frische Luft, denn Tageslicht und der Blick in die Ferne senken das Risiko, dass eine Kurzsichtigkeit entsteht oder sich stark ausprägen kann.