Es gibt die Geschichte vom Touristen, der in seinem Wagen verzweifelt nach dem Ortszentrum von Rheinmünster in Mittelbaden sucht: Er fährt rund zwei Stunden lang durch viele kleine Gemeinden, doch nirgends kann er das Zentrum von Rheinmünster finden, wo doch die Adresse genau diesen Ort benannt hat.
Ähnliche Vorfälle soll es ebenfalls schon in Stutensee im Norden von Karlsruhe gegeben haben. Vermutlich sind derzeit noch immer Besucher rund um die Fächerstadt oder rund um den Flughafen Baden-Airpark, der ja in Rheinmünster liegt, unterwegs. Auf ihrer noch andauernden Irrfahrt.
Ideenwettbewerb
Denn „Rheinmünster“ ist ein Konstrukt. Der Name hat nicht wie die meisten badischen Ortsnamen eine jahrhundertelange Abnutzung und Abschleifung durchgemacht – sondern ist aus geografischen und kulturellen Zutaten, Rhein und Münster, im Zuge der baden-württembergischen Gebietsreform Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre entstanden. Zu Rheinmünster gehören so Schwarzach, Greffern, Stollhofen sowie Söllingen. Der Name entstand in einem Ideenwettbewerb.
Mehrere kleine Orte wurden zu einem einzigen Gebilde zusammengefasst werden, um die Verwaltung für Kommune und Land enorm zu erleichtern. An vielen Stellen im Land sind so in einer Reformwut Ortschaften mit teils nur 300 Einwohnern zu einem großen Ganzen zusammengefasst worden, mit einem Rathaus – einer überbordenden Bürokratie sollte so ein Ende gesetzt werden.
Name des Schlosses
Zu Stutensee gehören die ehemaligen selbständigen Ortschaften Blankenloch, Friedrichstal, Spöck und Staffort. 1975 war die Geburtsstunde des Zusammenschlusses, der heute rund 25.000 Einwohner umfasst. Im Schloss Stutensee auf der Gemarkung sind in jenem Jahr die Verträge durch die Bürgermeister unterzeichnet worden, der Name leitet sich davon ab.
Ähnliche Fälle einer Neubenennung gibt es für Filderstadt bei Stuttgart, für Karlsbad bei Karlsruhe, für Bad Schönborn bei Bruchsal oder für Sonnenbühl bei Reutlingen: Die vier bis dahin selbständigen Gemeinden Erpfingen, Genkingen, Undingen und Willmandingen schlossen sich am 1. Januar 1975 im Zuge der zu „Sonnenbühl“ zusammen.
Weniger kreativ, dafür für fremde Suchende aber praktischer, sind Zusammenschlüsse von zwei Gemeinden mit Bindestrich: Linkenheim-Hochstetten, Graben-Neudorf, Villingen-Schwenningen, St. Leon-Rot und viele mehr. Hier ist dann auch drin, was auf dem Ortsschild draufsteht.