Beim Weingenuss bin ich in jeder Hinsicht locker. Mit ein paar Ausnahmen. Zum Beispiel ärgere ich mich, wenn Wein zu kalt serviert wird. Hat ein Weißwein beim Einschenken 6 °C oder gar darunter, schmeckt man praktisch nichts mehr – die Frucht erfriert förmlich. Diese Methode eignet sich höchstens, um billige Plörre zu tarnen. Zu niedrige Temperatur kann selbst in guten Restaurants zur Stolperfalle werden. Ist beispielsweise der Probierschluck des bestellten Weins zu kalt, bemerkt man gegebenenfalls einen Korkgeschmack nicht und nickt die Flasche ab. Je wärmer der Wein im Glas wird, desto stärker tritt dann der unerwünschte Korkton hervor. In so einem Fall rate ich, den Servicemitarbeiter zu bitten, den Wein nachzuprobieren.

Trinktemperaturen im Überblick

  • Schaumweine    6 °C
  • Weißweine, jung, frisch,
  • und Roséweine    6–8 °C
  • Weißweine, kraftvoll    10–14 °C
  • Rotweine    18 °C
  • Süßweine    ab 10 °C

Im Zweifelsfall ist es natürlich besser, einen Wein eher zu kühl als zu warm zu servieren. Besonders bei den hier üblichen Zimmertemperaturen erwärmt er sich im Glas nämlich schnell um ein bis zwei Grad, und ein bereits zu warmer Wein wird ausgeschenkt nicht kühler. Aber ein kleiner, dünner Weißwein schmeckt schnell abgestanden, wenn er zu warm wird. Um die Fruchtigkeit zu erhalten, darf die Trinktemperatur also auch nicht zu hoch sein. Es gibt also keine Pauschalregel? Nein, die gibt es nicht. Aber es gibt ein paar Orientierungshilfen.

Weißweinflasche im Kühler

MEIN LÄNDLE/Fotolia

Weißwein trinkt man gekühlt - aber nicht zu kühl.

Wohltemperiert differenziert

Schaumweine machen es einem relativ einfach. Sie schmecken kühl am besten. Sekt, Cava, Spumante und Champagner sollten bei etwa 6 °C gereicht werden. Die Ausnahme bilden große Jahrgangsschaumweine, sie entfalten sich bei 8 °C besser. Die würden wir aber nie in einer Sektflöte kredenzen, sondern in einem größeren Glas, damit sie genug Raum bekommen. Bei den Weißweinen verhält es sich ähnlich differenziert: Ein schlanker Weißer oder ein leichter Rosé gewinnen bei 6 bis 8 °C.

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Ein kraftvoller Weißwein dagegen, der beispielsweise im Barrique ausgebaut wurde oder schon ein paar Jahre gereift ist, wäre viel zu schade, um ihn so kühl zu trinken. Wenn ein solcher Weißwein im Laufe des Abends immer besser zu werden scheint, hat das oft mit der höheren Temperatur zu tun. Er hat beim Einschenken idealerweise 10 °C und erwärmt sich dann im Glas auf 12 bis 14 °C. Gleiches gilt auch für Dessertweine wie Beerenauslese, Eiswein, Sauternes oder Vin Santo: Bei 10 °C einschenken – und dann langsam und genießerisch warm werden damit.

Rotweinflasche mit Trauben, Korkenzieher und Thermometer

MEIN LÄNDLE/Fotalia

Rotwein liebt Zimmertemperatur?

Es war einmal: Zimmertemperatur

Dass Rotwein Zimmertemperatur haben soll, ist ein weitverbreiteter Lehrsatz. Aber er gilt längst nicht mehr uneingeschränkt. Das liegt an unserem modernen Wohnkomfort. Die Empfehlung stammt aus einer Zeit, in der die Zimmertemperatur bei ungefähr 18 °C lag – eine wunderbare Trinktemperatur für Rotwein, aber der durchschnittliche Europäer empfindet ein Wohnzimmer bei 18 Grad als reichlich ungemütlich.

Die meisten Küchen und Wohnzimmer werden heute konstant auf 21 bis 23 Grad geheizt. Wenn ein Rotwein sich dem annähert, tritt oft der Alkohol in den Vordergrund, und er schmeckt brandig – welch ein Jammer! Passiert das bei einem guten Tropfen, leide ich besonders. In guten Restaurants gibt es daher meist einen Temperierschrank, in dem die kostbaren Flaschen bei exakt 16 °C bereitliegen. Und wie gesagt: Zwei Grad mehr bekommt er schnell.

Coole Technik:
Weinkühlung, ein Thema mit Variationen

Falls Ihr Wein noch nicht kalt genug ist, gibt es wunderbare Kühlmanschetten, von denen ich immer welche im Eis liegen habe. Jeder hat außerdem schon einmal die praktischen Tonkühler gesehen. Sie müssen vor Gebrauch in Wasser gelegt werden und sich vollsaugen, damit sie funktionieren. Durch die Verdunstungskälte halten sie die Flasche kühl.

Wenn Sie einen klassischen Sektkühler mit Eis und Wasser füllen, achten Sie darauf, dass er auch wirklich bis oben gefüllt ist, sonst kühlen Sie nur die halbe Flasche. Ist der Wein deutlich zu warm, hilft eine Handvoll Salz im Eiswasser. Durch das Salz wird der Gefrierpunkt heruntergesetzt, sodass die Kühlung schneller vonstatten geht. Die Flasche dabei immer in eine Richtung drehen, um eine gleichmäßige Kühlung zu erreichen.

Das tollste und neueste Luxus­produkt auf diesem Sektor dürfte wohl ein Kühler mit eingebauter Kühlung und Heizung sein: einfach die passende Temperatur für den Wein einstellen, zum Beispiel beim Sekt 7,5 °C oder beim Rotwein 17 °C, fertig. Ein solches Gerät ist natürlich bestens geeignet, um auch im Hochsommer auf der sonnig heißen Terrasse Wein oder Schaumwein auf ­optimaler Trinktemperatur zu halten.

Sommelière Natalie Lumpp

Die Badenerin Natalile Lumpp hat als Sommelière in renommierten Restaurants wie der Traube Tonbach in Baiersbronn den Gästen die besten Tropfen empfohlen und kredenzt. Heute ist sie als freie Weinberaterin tätig, sie schreibt Kolumnen und gibt ihr Wissen als Weinexpertin auch im Fernsehen weiter – und in Mein Ländle.

Weinbaugebiete im Ländle

Weine aus Baden-Württemberg kommen aus diesen Anbaugebieten: