Gleich neben dem Restaurant Hangar 10, unmittelbar vor dem Verwaltungsgebäude des Technik Museums in Speyer, steht derzeit ein echter Koloss. Mit einem mittlerweile auf rund 340 Tonnen reduzierten Gewicht soll U17 schon sehr bald in Sinsheim stehen, begeh- und bestaunbar sein. Ein langer Weg liegt noch vor dem ausgemusterten deutschen U-Boot, aber ein noch viel längerer liegt hinter ihm.

Aber von vorn: Wir schreiben das Jahr 1973. Die Bundesmarine feiert die Indienststellung der U17. Mitten im Kalten Krieg galten die U-Boote der Klasse 206, zu der der Riese in Speyer gehört, als Innovation für den Einsatz in Nord- und Ostsee. Insgesamt 18 U-Boote dieser Klasse wurden in den 1970er-Jahren von der Howaldtswerke-Deutsche Werft gebaut. Sie waren für den Verteidigungsfall gegen die Staaten des Warschauer Paktes bestimmt – ihre Hauptaufgabe war die Bekämpfung gegnerischer Landungsverbände. 22 Soldaten waren im U-Boot stationiert.

40 Jahre im Dienst

1989 wurde U17 modernisiert, das U-Boot wurde zur 206 A und fuhr für die Bundeswehr auch Mittelmeereinsätze. Im Jahr 2010, nach fast 40 Jahren und mehreren Generationen von Marinesoldaten an Bord, war die Dienstzeit für die U17 zu Ende. Sie wurde wie die anderen Fahrzeuge ihrer Klasse in Eckernförde außer Dienst gestellt.
Michael Einkörn ist Geschäftsführer des Vereins Auto-Technik-Museum, der die beiden Museen in Speyer und Sinsheim gemeinnützig betreibt.

Hier haben schon viele andere Stücke der Technikgeschichte, unter anderem die Concorde, ihr russisches Pendant Tupolev 144 oder eine Boeing 747 ein neues Zuhause gefunden.

U-Boot U17 – Zeitplan 2024: So geht die Reise weiter

ral

Noch steht das tonnenschwere U-Boot auf dem Museumsgelände in Speyer.
Unterseeboot U17 im Schlepptau

Verband Deutscher U-Boot-Fahrer e. V.

Unterseeboot U17 im Schlepptau
U-Boot U17 am Kran über dem Ponton

Technk Museum Speyer

U17 beim Verladen auf den Ponton
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Vor Verschrottung gerettet

Einkörn ist zudem Projektleiter beim Projekt U17 und war von Anfang an dabei. Von Anfang an, das bedeutet seit 2010, seit Stilllegung des U-Boots. Zwei weitere Exemplare des Modells 206 A werden verschrottet und recycelt. Doch U 17 sollte diesen Weg nicht gehen. Und für die Aktiven im Verein stellte das eine gute Gelegenheit dar. Nach kurzer Zeit, Beratungen und Diskussionen war klar: Die U17 soll als Leihgabe der Wehrtechnik-Studiensammlung Koblenz nach Sinsheim kommen. Dass sie dafür aber zunächst den Weg nach Speyer eingeschlagen hat, liegt an der Lage der Domstadt am Rhein.

„Das kann man nirgends nachlesen“, sagt Einkörn mit einem Schmunzeln, wenn er an die Organisation des Transports nach Speyer denkt. Denn so etwas habe es bislang noch nicht gegeben. Die Route war klar: Von Kiel über den Nord-Ostsee-Kanal und die Nordsee nach Rotterdam und von dort den Rhein hinunter bis nach Speyer. Das hört sich erst einmal einfach an und für ein Segelboot wäre es das auch, doch bei einem U-Boot ist das etwas anderes.
Logistische Meisterleistung

„Wir mussten unser Netzwerk anschmeißen“, sagt Einkörn und meint damit die fachliche Kompetenz, die im Kontakt und im Austausch mit dem Verein steht: Techniker, Speditionen, Logistiker, Physiker und auch Marketing-Experten. Denn wenn ein U-Boot schon einen derartigen Weg auf sich nehme, müsse die Öffentlichkeit auch etwas davon haben, stellt Einkörn klar. Rund 40 bis 50 Personen waren insgesamt an der Aktion vom Erwerb bis zum Transport nach Speyer beteiligt.

Nun steht der nächste Teil der Reise an: Der Transport nach Sinsheim – alle Vorbereitungen seien getroffen, sagt der Projektleiter. Das kostet natürlich: Rund 2 Millionen Euro investierte der Verein Auto-Technik-Museum in das Vorhaben, inklusive Transport.

Ubootkameradschaft
Auch transatlantisch war die U17 im Einsatz - wie hier vor der Küste New Yorks.
U17 auf dem Parkplatz in Speyer

Technik Museum Speyer

U17 wartet derzeit auf dem Parkplatz des Technik Museums Speyer auf weitere Vorbereitungen.
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Abgespeckt

Bevor ein U-Boot, ein Rüstungsgut also, aber zum Museumsgut werden kann, müssen viele Schritte gegangen werden. Zunächst die Demilitarisierung, um sicher zu gehen, dass das U-Boot militärisch nicht mehr einsatzfähig ist. Diese erfolgte in der Werft in Kiel, in der das U-Boot Ende der 1960er Jahre konstruiert wurde. Dazu wurden Löcher in Tanks gebohrt und Metallkonstruktionen an der „Außenhaut“ der U17 abgebaut. Zur Folge hatte das, dass das U-Boot nicht mehr in See stechen konnte.

Michael Einkörn erinnert sich: „Da kommen Fragen auf, die hat man noch nie zuvor bedacht“, sagt er. Etwa, dass die U17 immer noch als Rüstungsgut gilt, auch wenn sie demilitarisiert ist. Der Transport über die Nordsee nach Rotterdam bedeutete, EU-Hoheitsgebiet zu verlassen. Dazu braucht es, es wäre verwunderlich, wenn nicht, mit Rüstungsgut eine Sondergenehmigung. Vor allem mit einem Netzwerk von Fachleuten sei der Transport gelungen, betont Einkörn.

Botschafter

Die öffentlichkeitswirksame Fahrt, zum Beispiel mit Halt in Köln, wo Interessierte das U-Boot betrachten konnten, entspricht auch dem Status von U17 in Dienstzeiten. Sie war, gemeinsam mit der U26 das erste U-Boot, das nach dem Zweiten Weltkrieg US-amerikanischen Seeraum befuhr. 1997 war die U17 das erste U-Boot, das nach mehr als 80 Jahren in den Hafen von Baltimore einlief – 101 Jahre, nachdem dort das Handels-U-Boot „Deutschland“ mit ziviler Mannschaft eingelaufen war.

Geschichte zum Anfassen

Geschichte zum Anfassen gibt es auch, wenn die U 17 in Sinsheim ausgestellt wird: Zum einen wird das U-Boot wie ein Tunnel in eine Richtung mit Ein- und Ausgang begehbar sein. Die Ausrüstung und das Inventar seien so gut es ging am Originalzustand gelassen worden, betont der Projektleiter. Hinter Plexiglas und schön beleuchtet, werden so besondere Exponate aus der Zeit inszeniert, die Interessierte betrachten können.

Und lebendig wird die Geschichte auch: Denn die ehemalige Crew, das heißt Ex-Marine-Soldaten, die auf der U 17 dienten und arbeiteten, werden das Ausstellungsstück regelmäßig warten, die Ausstellung betreuen und dort Führungen anbieten.

Technikmuseum Speyer
Der Straßentransport des U-Boots ins Technikmuseum Speyer war auf den letzten Etappen ein großer Besuchermagnet.

Der nächste Schritt

Was der U17 jetzt noch bevorsteht ist der See- und Landtransport nach Sinsheim, der das  ehemalige Unterseeboot zunächst erneut aufs Wasser führen wird. Genauer: Auf Rhein und Neckar. Und auch hier steht eine einmalige logistische Herausforderung bevor: Da die Brücken gerade über den Neckar sehr niedrig gebaut sind, ist das Passieren auf normalem Weg unmöglich.

Der richtige Dreh

Hier hilft die technische Idee weiter, das U-Boot mit Elektromotoren künstlich in eine Schieflage zu versetzen, um so unter den Brücken hindurch fahren zu können. Besonders die Alte Brücke in Heidelberg mit ihrer steinernen Bogenkonstruktion und den engen Wegen bereitete Technikern und Statikern gleichermaßen Kopfzerbrechen. Ein Team von ihnen tüftelte in den vergangenen Monaten fieberhaft an Lösungen. Nach mehreren Fehlversuchen – wegen der Gefahr das U-Boot zu beschädigen musste ein Vorgang abgebrochen werden – ist die Methode nun ausgereift, es kann also losgehen.

Letzte große Fahrt

Am 30. Juni beginnt der Straßentransport vom Technik-Museum zum Rhein, wo ein spezieller Pontonschlepper wartet. Am 5. Juli geht es dann flussabwärts bis nach Mannheim. Dort wird die U17 so gedreht, dass sie auch die folgenden niedrigen Neckarbrücken passieren kann. Sollte alles nach Plan gehen, erreicht U17 Heidelberg im Laufe des 6. Juli. Hier wird die Passage an der Alten Brücke wohl das große Highlight der Tour sein.

Am 9. Juli führt die letzte Etappe auf dem Wasser dann weiter den Neckar entlang von Eberbach nach Haßmersheim. Dann geht das U-Boot wieder an Land. Über Bad Rappenau folgt dann von 14. bis 20. Juli der Landtransport bis zur A6. In der Nacht von 27. auf den 28. Juli wird dann die letzte Meile auf der Autobahn zurückgelegt, sodass der Koloss am Sonntag, 28. Juli, begleitet von Zuschauern auf das Gelände des Technik Museum in Sinsheim rollen kann.

Eine abenteuerliche Reise von Kiel bis nach Sinsheim: Dazu werde es, das erklärt Michael Einkörn stolz, auch einen Dokumentarfilm geben, der weltweit gestreamt werden könne.

Technikmuseum Speyer

Für den Transport der U17 von Speyer nach Sinsheim ist besondere Technik wichtig.
U-Boot U17 auf dem Rhein bei Rotterdam

Technik Museum Speyer

Auf einem Ponton wurde U17 von Rotterdam über den Rhein nach Speyer transportiert.
U17 wird von einem Kran aus dem Wasser gehoben.

Technik Museum Speyer

Das ausgemusterte U-Boot wird von einem Portalkran aus dem Wasser gehoben.
U17 auf dem Parkplatz in Speyer

Technik Museum Speyer

U17 wartet derzeit auf dem Parkplatz des Technik Museums Speyer auf weitere Vorbereitungen.
Vorbereitungen für das Verladen des U-Bootes

Technik Museum Speyer

Das U-Boot wird zum Verladen vorbereitet.
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