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Tag 5 – Rothenburg und das Taubertal – Tourismus und Einsamkeit

Heute satteln wir die Räder und machen uns auf den Weg nach Rothenburg ob der Tauber. Über einsame weite Ackerlandschaften gelangen wir nach ca. 15 Kilometern kurz vor Rothenburg ins Taubertal. Mühle an Mühle reiht sich an die noch junge, tatsächlich liebliche Tauber. Wir lassen aber Rothenburg ob der Tauber rechts liegen und fahren weiter Richtung Creglingen immer wieder die bayrisch-baden-württembergische Grenze passierend.

Die Landschaft ist weitläufig und in einem stetigen Auf und Ab zeigt sich, dass es sehr angenehm ist, mit Pedelecs unterwegs zu sein und die Berge mit Trittunterstützung nehmen zu können. Die heutigen 70 Fahrradkilometer sind mit gewöhnlichen Rädern kein Vergnügen, denn es gibt einige recht knackige Anstiege. Auf dem Rückweg nehmen wir uns Zeit für die wohl bekannteste Touristenstadt Deutschlands.

Hautschenmühle bei Tauberzell: Traditionelles Fachwerkhaus

MEIN LÄNDLE/Wulf Wager

Die herrliche Hautschenmühle bei Tauberzell.

Es ist Montag und deshalb nicht so überfüllt, wie sonst. Eine Beschreibung der alten Reichsstadt, über deren Rathaus der habsburgische Doppeladler prangt, sparen wir uns. Sollten Sie die Tour nachfahren, dann allerdings würde ich einen Tag für Rothenburg einplanen. Entlang der kopfsteingepflasterten Straßen der Altstadt sind wunderschöne Fachwerkhäuser zu bestaunen.

Die Stadtmauern umfassen viele erhaltene Torhäuser und Türme sowie einen überdachten Gang oberhalb der Mauer. In der St. Jakobskirche gibt es ein aufwendig gestaltetes, spätgotisches Altarbild vom Holzschnitzer Tilman Riemenschneider zu sehen und das mittelalterliche Rathaus hat einen Turm, den man erklimmen kann, um einen Panoramablick über die Stadt zu bekommen. Das Deutsche Weihnachtsmuseum und das Kriminalmuseum sind auf jeden Fall auch einen Besuch wert.

Blick auf Rothenburg ob der Tauber

MEIN LÄNDLE/Adobe Stock/jarek106

Authenische mittelalterliche Urbanität in der Bilderbuchstadt Rothenburg ob der Tauber.

Wer näher an der Stadt sein will, der beziehe Quartier im Campingplatz Tauber-Idyll in Detwang. Der liegt herrlich ruhig unter Bäumen etwas tauberabwärts.

Nach rund 70 Kilometern, die wir mit der ansonsten äußerst zuverlässigen App Komoot geplant haben, kommen wir wohlbehalten wieder auf dem Campingplatz Mohrenhof Franken an. Allerdings hat uns die App heute tatsächlich auf einen Weg geführt, an dem es nicht mehr weiter ging. Zum ersten Mal seit Jahren! Egal, wir haben einen kleinen Umweg gemacht und fanden den geplanten Weg problemlos wieder. Vorher waren wir noch im Baumarkt und haben stabile Heringe und Spanngurte zum Befestigen der Markise gekauft. Wir wollen ja nicht segeln, sondern campen.

Der Taubertalradweg ist wunderschön. Den werden wir auf jeden Fall einmal separat fahren. Jetzt bleibt leider keine Zeit dafür, denn wir wollen es ja schaffen, einmal um das Ländle zu fahren. Allerdings, und das ist uns in den letzten Tagen klar geworden: Die Kombination von Wohnmobil und Fahrrädern bietet die maximale Freiheit, die es in einem Urlaub geben kann.

Creglingen im Taubertal

MEIN LÄNDLE/Wulf Wager

Creglingen im Taubertal.

Meine Frau hat vor der Reise gefragt: „Was mach mr denn, wenn uns das gefällt?“ Gute Frage. Schon nach wenigen Tagen sind wir trotz fliegender Markise und weiterer Anfängerfehler begeistert vom Reisen mit dem Hymer-Ungetüm. Wir werden uns die Frage am Ende der Reise noch einmal stellen.

Heute ist Waschtag. Der Campingplatz Mohrenhof Franken ist perfekt dafür ausgestattet. Waschmaschinen und Trockner sind vorhanden. Und eigentlich nur dafür lohnt es sich, auf die doch recht teuren Campingplätze zu fahren. Ansonsten reichen Stellplätze mit Strom, Ver- und Entsorgung. Morgen wollen wir tatsächlich auch einmal autark stehen. „Das Ungetüm“ sollte dafür alles an Bord haben. Auch dafür gibt es eine App: Park4Night. Am Abend lassen wir uns wieder von den Fröschen in den Schlaf quaken.

Marienaltar von Tilman Riemenschneider in Creglingen

MEIN LÄNDLE/Wulf Wager

In Creglingen sollte man unbedingt einen Abstecher zum berühmten Marienaltar von Tilman Riemenschneider machen.

Tag 6 – Vom Taubertal ins Neckartal – ­Marienaltar und Madonnenländchen

Das Ungetüm wird immer mehr zum Getüm. Wir werden einander vertraut. Nachdem die Batterien geladen, der Wassertank gefüllt und Grau- und Schwarzwasser entleert sind, machen wir uns auf den Weg über das Taubertal, das Madonnenländchen und den Odenwald ins Neckartal. Weil wir immer wieder einmal halten, um die Schönheiten der Region anzusehen, sind wir doppelt so lang als die vorgesehenen zweieinhalb Stunden unterwegs bis zu unserem heutigen Übernachtungsplatz am Waldrand bei Schönbrunn hoch über dem Neckar nahe Hirschhorn. Doch der Reihe nach. Kurz hinter Rothenburg werden wir bei Creglingen freudig von einer württembergischen Fahne, die fröhlich in einem Garten flattert, begrüßt. Sie weist uns darauf hin, dass wir wieder zurück im Ländle sind.

Bei Creglingen besuchen wir die Herrgottskirche mit dem berühmten unbemalten Marienaltar von Tilman Riemenschneider, der als sein Hauptwerk gilt. Zwischen 1490 und 1510 ist er wohl entstanden. Mit dem Bau der Herrgottskirche wurde allerdings schon 1384 im Auftrag von Gottfried und Konrad von Hohenlohe-Brauneck begonnen, nachdem der Legende nach ein Bauer beim Pflügen an dieser Stelle eine Hostie fand. Mit dem Marienaltar verbunden ist das „Creglinger Lichtwunder“. Es ist ein tief bewegendes Ereignis zu sehen, wie in der Zeit um den 15. August – Maria Himmelfahrt – die Strahlen der Abendsonne durch die Kirchenfenster scheinen und die zum Himmel auffahrende Mariengestalt in fast überirdisch wirkendes Sonnenlicht tauchen.

Barockschloss Weikersheim

MEIN LÄNDLE/Adobe Stock/Konstantin Yolshin

Weiter geht es nach Weikersheim mit seinem Barockschloss und den pitoresken Gnomenfiguren.

Das Taubertal ist wirklich lieblich und besticht durch seine historischen Gebäude wie das bunte Fachwerkhaus der Hautschen­mühle bei Tauberzell. Die Straße hat keinen Mittelstreifen und ist ziemlich eng. Wir lernen einmal mehr, dass man mit einem Wohnmobil langsam unterwegs ist. Wir genießen es tatsächlich, so entschleunigt das Ländle zu erkunden. Das Getüm folgt williglich meinen Fahrkünsten auf den schmalen Vizinalstraßen durch Tal, Wald, Feld und Flur. Wir sind auf der Romantischen Straße unterwegs, die sich hier mit der Württemberger Weinstraße und der Weinstraße Taubertal für etliche Kilometer zu einer Trilogie paart. Da bekommt der Ausdruck „Promillewegle“ eine völlig neue Bedeutung. Übrigens: Tauberschwarz ist hier die autochthone Rebsorte.

Weiter geht es für uns nach Weikersheim im fränkisch geprägten Nordosten des Ländles, das mit dem Renaissance­schloss und seinem Schlossgarten sowie einer bezaubernden Altstadt in jedem Fall zum Verweilen einlädt. Über Bad Mergentheim und Tauberbischofsheim fahren wir nach Walldürn. Diese sehr hügelige Landschaftsregion im Odenwald wird wegen der zahlreichen Madonnenstatuen und Bildstöcke, die sich an den Häusern oder entlang der Wege befinden, auch als „Madonnenländchen“ bezeichnet. Walldürn besticht durch seine Wallfahrtsbasilika Sankt Georg.

Wulf Wagers Wohnmobil bei Hirschhorn

MEIN LÄNDLE/Wulf Wager

Das erste Mal autark bei Hirschhorn hoch oben über dem Neckar.

Die katholische Wallfahrt zum Heiligen Blut mit Ausstellung eines Korporales, eines weißen Leinentuches mit den Gesichtsabbildern Jesus Christus, ist ein jährlicher Höhepunkt in der Region. Walldürn hat neben etlichen weiteren historischen Gebäuden das älteste intakte Rathaus Deutschlands (erbaut 1448). Weiter geht es in die Blecker-Stadt Buchen, wo man an der über 500-jährigen Faschenacht traditionell den nackten Hintern des Bleckers, einer nackten Figur, küsst. Da keine Fastnacht ist, verzichten wir auf den Kuss des Allerwertesten und fahren weiter. Ebenso wie Walldürn wird auch Buchen vom obergermanisch-raetischen Limes durchzogen. Nicht versäumen sollte man den Besuch der nahegelegenen ein- bis zwei Millionen Jahre alten Eber­stadter Tropfsteinhöhle. Die 600 Meter lange Tropfstein-Schauhöhle ist Teil des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald.

Von Waldbrunn geht es steil hinab in das Neckartal mit einem traumhaften Blick über den Kraichgau. Hier ist so viel Natur und so wenig los, dass sich die Rehe am helllichten Tag auf die Wiesen trauen, um zu äsen. Über eine alpin anmutende, eng mäandernde Straße schleicht das Getüm nach Neckargerach, wo uns auch noch die badische gelb-rot-gelbe Flagge grüßt und uns zeigt, dass wir in Nordbaden angekommen sind. Unser Stellplätzle hoch über Schönbrunn liegt direkt am Waldrand. Heute stehen wir einmal autark, ohne Strom- und Wasseranschluss. Aber das gibt das Getüm locker her. Wir sind jedenfalls gespannt.

Da die Gastronomie auf der Reise tagsüber bislang immer schwierig war, weil entweder nicht mehr vorhanden oder geschlossen, kochen wir im Getüm. Das Hymer Wohnmobil Masterline B 780 gibt alles dafür her. Das Induktionsfeld können wir nicht nützen, da wir nicht am Strom hängen. Also kochen wir auf den beiden Gasbrennern. Da die SAT-Anlage heute keine Verbindung findet, werden wir uns den Büchern widmen und uns vom Vogelgezwitscher in den Schlaf singen lassen.

Fortsetzung folgt …

Stellplätze

Rothenburg ob der Tauber
Mohrenhof Franken
Lauterbach 3
91608 Geslau

Strom, Wasser, Entsorgung, Duschen, WC, WLAN, Gastronomie, Waschmaschinen, Trockner; zahlreiche Sport- und Freizeitmöglichkeiten
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Campingplatz Rothenburg ob der Tauber – Tauber-Idyll
Detwang 28
91541 Rothenburg ob der Tauber

Strom, Wasser, Entsorgung, Duschen, WC, WLAN, Waschmaschine, Trockner; sehr ruhig und idyllisch, Gastronomie in direkter Nähe
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Schönbrunn
Wohnmobilstellplatz Schönbrunn
Hainbuchenstraße
69436 Schönbrunn
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